von Thomas Rünker

Seelsorgerinnen und Seelsorger setzen auf mehr Offenheit und Flexibilität

Rund 400 Priester, Diakone, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und -referenten im Ruhrbistum haben am Montag über die Zukunft ihrer Arbeit in der Kirche an Rhein, Ruhr und Lenne diskutiert.

Laien, die Sakramente spenden, eine gemeinsame Ausbildung aller pastoralen Berufsgruppen oder Pfarreien, die künftig womöglich nicht mehr von einem Pfarrer alleine geleitet werden: Rund 400 Priester, Diakone, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und -referenten aus dem Ruhrbistum haben am Montag in Essen gemeinsam mit Bischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer über ihre künftige Arbeit diskutiert. Beim „Tag der pastoralen Dienste“ standen dabei vor allem die Diskussionsergebnisse der acht Projektgruppen im Fokus, die im Prozess „Pastorale Dienste im Gespräch“ seit gut einem Jahr Ideen zu verschiedenen Aspekten der Arbeitsbedingungen für hauptberufliche Seelsorgerinnen und Seelsorger in einer sich immer stärker verändernden Kirche entwickelt haben.

Alle sollen „Seelsorgerin“ oder „Seelsorger“ sein

Im Sinne einer besseren Erkennbarkeit, gerade für Menschen mit wenig Kontakt zur Kirche, sollten sich zum Beispiel alle kirchlichen Mitarbeiter „Seelsorgerin“ oder „Seelsorger“ nennen, so der Vorschlag einer Projektgruppe. Bei ihren Überlegungen und Recherchen hatten die Mitglieder dieser Gruppe zwischen Diakon, Gemeindereferentin, Bischof, Pastor und vielen neu entwickelten Begriffen immerhin eine verwirrende Vielfalt von 109 verschiedenen möglichen Berufsbezeichnungen gefunden. Ein damit verwandtes Projekt warb auf der Veranstaltung dafür, künftig alle katholischen Seelsorgerinnen und Seelsorger gemeinsam auszubilden – schließlich arbeiteten sie in den Pastoralteams der Pfarreien vor Ort ja auch an den gleichen Herausforderungen. Und ein drittes Projekt möchte die Zugangswege zu den verschiedenen Berufen im kirchlichen Dienst öffnen, um künftig mehr und andere Menschen für einen Beruf in der Kirche zu gewinnen. „Veränderungsmanagement ist bei mir genau so wenig Teil der Ausbildung gewesen wie Kommunikationsstrategien und Social Media“, sagte Diakon Carsten Ossig. Gleichzeitig seien dies heute wichtige Aufgaben in den Pfarreien des Ruhrbistums. „Es gibt so viele Menschen mit tollen Fähigkeiten in unseren Gemeinden, die als Arbeitnehmer aber bei uns keine Chance haben“, so Ossig. „Hier müssen wir flexibler und offener werden“.

Flexible Rahmenbedingungen statt starre Vorgaben

Die Botschaft „flexibler und möglichst offen“ ließ sich in Essen über die meisten Projektideen schreiben: Egal ob es um die künftigen Vorgaben für die Organisation und Arbeit der Pastoralteams in den Pfarreien geht, die „mehr eine Leitplanke“ sein soll, oder die Frage, wer im Ruhrbistum womöglich neben den Priestern auch noch die Sakramente der Taufe, der Ehe oder der Krankensalbung spenden darf – viele Projektgruppen wünschen sich mehr Freiheiten für flexiblere, an die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort angepassten Lösungen.

Neue Modelle für die Leitung von Pfarreien

Das gilt auch für die Leitungsfrage in den derzeit 42 Pfarreien des Ruhrbistums. Bis vor einigen Jahren sei dies noch „ein relativ tabuisiertes Thema“ gewesen, sagte Generalvikar Pfeffer. Doch nun drohe wegen fehlender geeigneter Priester doch der Moment zu kommen, in dem eine freie Pfarrstelle nicht mehr besetzt werden könne. Auf der kleineren Gemeindeebene arbeitet das Bistum längst mit Gemeindereferentinnen oder ehrenamtlichen Teams als Gemeindeleitern – nun suche man auch auf der Ebene der Pfarreien nach Alternativen zur alleinigen Leitung durch einen Pfarrer, so Pfeffer. Die entscheidende Frage dabei sei: „Wie können wir Pfarreileitung zum Beispiel durch Nicht-Priester, Ehrenamtliche oder Teams gestalten – und trotzdem noch dem Kirchenrecht gerecht werden?“ Pfeffer erwartet, dass das Bistum hierzu noch in diesem Jahr eine Diskussionsgrundlage liefert und auch hier „eher einen Rahmen“ vorstellen werde, „möglicherweise werden wir für jede Pfarrei ein anderes Modell benötigen“, erwartet Pfeffer.

Eine Frau als Overbecks Nachfolgerin?

Die Seelsorgerinnen und Seelsorger selbst scheinen den angestoßenen Weg hin zu vielfältigeren und offeneren Arbeitsbedingungen größtenteils mitzugehen. Bei der Präsentation der einzelnen Projekte gab es jedenfalls neben intensiven, konstruktiven Diskussionen ganz überwiegend Zuspruch zu den Vorschlägen. Konkret wird Bischof Overbeck in den kommenden Monaten Reformvorschläge der Projektgruppen in Kraft setzen, womöglich ablehnen – oder in die Diskussion auf Bundes- oder Weltkirchen-Ebene einspeisen. Für seine Schlussbemerkungen wählte der Bischof das Bild des Gartens und betonte: „Es wächst ganz viel, aber es wächst langsam.“ Und: „Wir müssen aufpassen, dass die vielen alten Bäume, die jetzt umfallen, nicht zu viel kaputt machen.“ Mit Blick auf den Wunsch nach mehr Flexibilität verwies er auf die attraktive Vielfalt eines bunten Gartens: „Es ist wichtig, dass nicht alles egal ist.“ Ob jedoch – wie von drei Schauspielern im Programm in einer Vision für das Jahr 2040 in den Raum geworfen – „meine Nachfolge eine Frau antritt? Ich will Ihnen da keine falschen Hoffnungen machen. Aber ich gehöre auch zu den Bischöfen, die da die Tür nicht zuschlagen wollen“, sagte Overbeck.

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Kontakt zum Prozess "Pastorale Dienste im Gespräch"

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen