von Maria Kindler

Schwester Katharina kämpft für eine glaubwürdige Kirche

Schwester Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen in Zell am Main, setzt sich seit Jahren für tiefgreifende Reformen in der katholischen Kirche ein. Besonders am Herzen liegt ihr die Gleichberechtigung von Frauen – einschließlich der Zulassung zum Weiheamt. Als Beraterin beim Reformprojekt Synodaler Weg macht sie sich stark für eine Kirche, die glaubwürdig bleibt, weil sie sich selbst an die Werte hält, die sie verkündet.

Kirche muss Menschenrechte achten und Machtmissbrauch überwinden, um glaubwürdig zu sein.

Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Unterstützung benachteiligter Menschen als kirchlicher Auftrag.

Zukunft der Kirche in kleinen Glaubensgemeinschaften, digital vernetzt und ökumenisch geprägt.

„Die Kirche kann nicht glaubwürdig und geschwisterlich werden, wenn sie nicht die Menschenrechte in der eigenen Organisation vollumfänglich zur Geltung bringt, allen Geschlechtern den Zugang zu allen Diensten und Ämtern ermöglicht und die Vielfalt sexueller Identitäten respektiert“, sagte Schwester Katharina im Interview für das Magazin „Akzente“ der Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim. Nicht zuletzt müssten die Ursachen systemischen Machtmissbrauchs ernsthaft angegangen und überwunden werden. „Die Bereitschaft dazu sehe ich auf weltkirchlicher Ebene noch nicht.“

Schwester Katharina war am 19. Februar Podiumsgast bei der Veranstaltung „Wie heute Christ und Christin sein?“ in der Wolfsburg und hat darüber gesprochen, was es heute bedeutet, christlich zu leben – in einer Kirche, die in der Krise steckt, aber dennoch Hoffnung vermitteln soll.

Einsatz für soziale Gerechtigkeit

Für Schwester Katharina sind gesellschaftspolitische Themen untrennbar mit dem christlichen Glauben verbunden. „Christ:innen sollten deutlich machen, dass sich Mitgliedschaft in der Kirche und demokratische Staatsform nicht ausschließen“, betonte sie im Interview. „Ich wünsche mir einen verstärkten Diskurs über Verteilungs(un)gerechtigkeit zwischen arm gemachten Menschen und den besonders Vermögenden, bei uns in Deutschland, aber auch weltweit.“ Immer mehr Menschen fühlten sich abgehängt. „Die Kirchen verstehen sich seit jeher als Sprachrohr für die Armen und Bedrängten aller Art. Hier wäre noch mehr Parteinahme möglich, jenseits von populistischen und rechtsextremen Positionen.“

Andere Formen des Glaubenslebens

Ihre Vision für eine Kirche der Zukunft geht aus von einer Rückbesinnung auf lebendige Glaubensgemeinschaften: „Vermutlich werden sich Christ:innen, die ihren Glauben bewusst leben, wie in der Urkirche wieder mehr zu Hauskirchen zusammenschließen. Sie organisieren sich selbst, suchen Gleichgesinnte, treffen sich zum gemeinsamen Gebet, zum Bibelteilen, zur Feier der Agape oder engagieren sich für andere Menschen in prekären Lebenssituationen.“

Das werde in verfassten Gemeinden ebenso passieren wie auch in neuen Zusammenschlüssen – nicht zuletzt auch in digitaler Form und vermehrt in ökumenischen Initiativen. Und auch „konkrete Orte, die Unmittelbarkeit und Nähe ermöglichen“, würden weiter eine Rolle spielen, sagt Schwester Katharina. Gleichzeitig gewännen die mediale Vernetzung und damit die zeitliche wie räumliche Entgrenzung rasant an Bedeutung.

Für ihren persönlichen Glauben spiele es eine bedeutende Rolle, dass sie in einer Klostergemeinschaft lebe. „Das gemeinsame Stundengebet, die tägliche Betrachtung des Tagesevangeliums, persönlich gestaltete Liturgien sowie Zeiten der Stille, um die eigene Gottesbeziehung zu pflegen, geben mir Halt. Sie helfen mir, am christlichen Glauben festzuhalten trotz und in allen Polarisierungen, der Erosion des kirchlichen Lebens und nicht zuletzt des Verlustes jeder moralischen Glaubwürdigkeit durch die Missbrauchsskandale“, sagte sie. Natürlich sei eine Ordensgemeinschaft „keine Insel der Seligen, sondern mitten hineingestellt in diese Um- und Abbrüche religiösen Lebens.“

„Christlich leben. Mittendrin.“ ist richtiger Ansatz

Im Hinblick auf den Transformationsprozess des Bistums Essen, bei dem sich Kirche auf Stadt- beziehungsweise Kreisebene organisatorisch und inhaltlich neu aufstellt und der mit dem Claim „Christlich leben. Mittendrin.“ überschrieben ist, sagte Schwester Katharina: „Ob Menschen christlich leben, muss sich daran ablesen lassen, von welcher Hoffnung sie getragen werden. Aus welchen Quellen schöpfen sie Mut und Zuversicht in Zeiten, die von Ängsten, Unsicherheiten und Konflikten geprägt sind?“

Das Interview mit Schwester Katharina in ganzer Länge ist im Magazin „Akzente“ (Ausgabe 2/2024) nachzulesen.

Pressestelle Bistum Essen

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