von Thomas Rünker

Trauer um Weihbischof Grave: Ein Freund des Ruhrgebiets und Lateinamerikas

Eine große Trauergemeinde hat am Samstag den vor einer Woche verstorbenen Weihbischof Franz Grave in einem Requiem mit Bischof Franz-Josef Overbeck im Essener Dom verabschiedet. Begleitet vom Ruhrkohlechor wurde sein Sarg anschließend auf dem benachbarten Kapitelsfriedhof beigesetzt.

Ein heller Sarg mit Mitra, Bischofsstab und aufgeschlagenem Evangelium, links und rechts davon vier Knappen mit Grubenlampen: Mit einem feierlichen Requiem im Essener Dom und der anschließenden Beisetzung auf dem Kapitelsfriedhof hat das Bistum Essen am Samstag, 26. Februar, seinen langjährigen Weihbischof Franz Grave beerdigt. Grave, der über 30 Jahre als Weihbischof und über 60 Jahre als Priester im Bistum Essen wirkte, war am Samstag, 19. Februar, im Alter von 89 Jahren gestorben. Neben seinen Angehörigen und Freunden waren auch viele Weggefährten Graves aus Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft des Ruhrgebiets und aus seiner Zeit als Vorsitzender des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat zur Trauerfeier in den Essener Dom gekommen.

Mit Franz Grave „tragen wir heute einen der wichtigsten und eindrücklichsten Exponenten der ersten Jahrzehnte unseres Ruhrbistums zu Grabe“, sagte Bischof Franz-Josef Overbeck in seiner Predigt. Er erinnerte an die Priesterweihe des gebürtigen Esseners kaum mehr als ein Jahr nach der Gründung des Bistums, an die Kaplansjahre zwischen Berg- und Stahlwerken in Duisburg und an Grave als Leiter des Seelsorgeamtes im Bistum Essen in den kirchlichen Aufbruchsjahren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

 

„Kirche im Ruhrgebiet ist Kirche der Solidarität“

Overbeck erinnerte zudem in sehr persönlichen Worten an den verstorbenen Weihbischof. Noch einen Tag vor dessen Tod in der vergangenen Woche habe er Grave zusammen mit dessen Bruder besucht und gemeinsam das Vaterunser gebetet. In Verbindung mit Graves Bischofsmotto „Mundi Salvator Dominus“ – Der Retter der Welt ist der Herr – sei gerade die Vaterunser-Bitte „Adveniat regnum tuum“ – Dein Reich komme – für den Verstorbenen von besonderer Bedeutung gewesen, so Overbeck. Grave sei überzeugt gewesen, dass „die Kirche mitten unter den Menschen lebt, mitten bei den Berg- und Stahlarbeitern, mitten bei deren Sorgen und Nöten. Da kommt Gottes Reich an, da zeigt sich Christus als Retter“, erinnerte Overbeck. Der Schutz des Sonntags sei für Grave dabei ein ebenso wichtiges Anliegen gewesen wie faire Arbeit, ausreichend Ausbildungs- und Arbeitsplätze, Gerechtigkeit und Solidarität. Für Grave habe gegolten „Kirche im Ruhrgebiet ist Kirche der Solidarität“, sagte der Bischof und betonte: „Weihbischof Grave hatte eine Ahnung von dem, was es heißt, für Gerechtigkeit einzutreten, diejenigen nicht zu vergessen, die unter die Räder der Gewinnmodelle eines Wirtschaftens geraten, die die Würde des Menschen zu vergessen drohen.“ Seine Biografie, seine innere Überzeugungen und sein unermüdliches Tun hätten Grave „zu einem der wesentlichen Gesichter des Ruhrgebiets und des Ruhrbistums gemacht.“

Das gesellschaftliche Wirken des verstorbenen Weihbischofs und seine enge Verbundenheit zum Ruhrgebiet wurden im Requiem nicht nur in Overbecks Predigt deutlich. Bernd Tönjes und Bärbel Bergerhoff-Wodopia aus dem Vorstand der RAG-Stiftung saßen in der Trauergemeinde. Neben der RAG hatte auch der Essener Evonik-Konzern einen Kranz gestiftet. „Wie den Bergleuten fühlte sich Franz Grave auch ihren Werten und Tugenden verbunden“, schrieb die RAG-Stiftung in ihrer Traueranzeige. „Die Kultur des verlässlichen Miteinanders, der Solidarität und der Verantwortung, die er als vorbildhaftes Beispiel der Arbeitswelt schätzen lernte, hinterließen bei Franz Grave tiefe Spuren.“

Kardinalstaatssekretär erinnert an Graves Engagement für Adveniat

Doch Graves Liebe galt nicht nur der Heimat zwischen Ruhr und Emscher, sondern auch der weiten Welt, vor allem Lateinamerika. Von 1992 bis 2008 hatte Grave den Vorsitz der Bischöflichen Kommission Adveniat inne, die die Arbeit des in Essen ansässigen Hilfswerks für die Kirche in Mittel- und Südamerika und der Karibik koordiniert. Daran erinnerte auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der in einem Schreiben an Bischof Overbeck die Anteilnahme von Papst Franziskus ausrichtete. Overbeck verwies zudem auf Graves Engagement für die von ihm initiierte Bistumspartnerschaft zwischen Essen und der südpolnischen Industrie- und Bergbau-Region Kattowitz: „Gerade in diesen Tagen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine erleben wir, wie wichtig um der Menschen- und Völkerrechte und um des Friedens willens es ist, das Europa gemeinsam mit beiden Lungenflügeln des Ostens und des Westens atmet.“

Unter den zahlreichen Bischöfen und Priestern, die mit Overbeck den Gottesdienst feierten, war auch der Mülheimer Stadtdechant Michael Janßen, Pfarrer der Pfarrei St. Mariä Geburt, in der Grave nach seinem Rücktritt vom Amt des Weihbischofs 2008 noch viele Jahre als Seelsorger tätig war. „Sehr beliebt waren seine überzeugenden Predigten“, hatte Janßen in dieser Woche in einem persönlichen Nachruf geschrieben. Grave sei „ein hervorragender, feinfühliger Gesprächspartner“ gewesen, dessen Rat in vielerlei Hinsicht gefragt gewesen sei.

Ruhrkohlechor singt „Gib Frieden, Herr“

Nach dem Requiem zogen Priester, Messdiener und Gläubige in einer langen Prozession hinter dem Sarg zum benachbarten Kapitelsfriedhof. Domsakristan André Pawlik trug dabei die Mitra und den nach unten gedrehten Bischofstab von Weihbischof Grave. Auf dem Friedhof im Zentrum des früheren Essener Frauenstifts werden seit 1960 die Mitglieder des Essener Domkapitels beigesetzt. Dompropst Thomas Zander leitete die kurze Feier, in der der Sarg in die Erde hinabgelassen wurde. Bevor zunächst das Domkapitel und dann die weiteren Priester und die Trauergemeinde einzeln an das Grab traten, sang der Ruhrkohlechor als ein letztes Zeichen der Verbindung Graves mit dem Ruhrbergbau. Den musikalischen Wunsch „Gib Frieden, Herr!“ dürften viele Gläubige dabei nicht nur auf den Verstorbenen, sondern auch auf die politische Weltlage bezogen haben.

Video: Begräbnis von Weihbischof Franz Grave

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Die Predigt von Bischof Franz-Josef Overbeck im Wortlaut (pdf)

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