von Thomas Rünker

Bodenständige Diskussionen auf dem Synodalen Weg

Die Gespräche bei der Regionenkonferenz in Dortmund drehten sich um Corona-Erfahrungen in der Kirche und zwei Arbeitspapiere zu den Themen Frauen in der Kirche sowie Liebe und Sexualmoral.

Als „westfälisch-rheinisch-bodenständig“, „unaufgeregt“ und „ausgesprochen konstruktiv“ beschreiben Teilnehmer die Atmosphäre bei der Dortmunder Regionenkonferenz des Synodalen Wegs, bei dem am Freitag, 4. September, parallel zu bundesweit vier weiteren Treffen rund 50 Delegierte über den Reformprozess in der deutschen katholischen Kirche gesprochen haben. Unter den Dortmunder Teilnehmern waren neben Bischof Franz-Josef Overbeck und den beiden Essener Weihbischöfen Ludger Schepers und Wilhelm Zimmermann unter anderem auch Hochschulseelsorger Stefan Wiesel und die beiden Bochumer Theologie-Professoren Thomas Söding und Matthias Sellmann.

Der Synodale Weg war Ende Januar mit einer Synodalversammlung in Frankfurt eröffnet worden. Coronabedingt war die für September geplante zweite Synodalversammlung in den kommenden Februar verschoben worden. Stattdessen wurden die fünf Regionenkonferenzen als Zwischenschritt zum gegenseitigen Austausch und ohne Abstimmungen eingeschoben. Auf dem bundesweit einheitlichen Programm standen am Freitag neben einer Diskussion über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Kirche erste Arbeitspapiere aus zwei der vier Synodalforen zu den Themen Frauen in der Kirche sowie zu Liebe und Sexualmoral.

Corona-Krise als „Brennglas“ für schwierige Kirchenentwicklungen

Auf die Kirche wirke die Corona-Pandemie „wie ein Brennglas oder ein Verstärker für Entwicklungen, die es auch ohne Corona schon gegeben hat“, beschreibt Matthias Sellmann seinen Eindruck aus der Dortmunder Diskussion und verweist bespielhaft auf Fragen der Mitgliederbindung, der Systemrelevanz oder der Finanzierung der Kirche. „Corona hat beschleunigt, dass wir uns zu diesen Fragen endlich ehrlich machen sollten“, so Sellmann. So habe sich in der Corona-Krise die offizielle Wahrnehmung der Kirche fast ausschließlich auf die Liturgie konzentriert, zum Beispiel auf ausgefallene Gottesdienste. „Es gab aber so gut wie überhaupt keine Wahrnehmung der diakonischen Aktivitäten der Kirche“, sagt Sellmann und kritisiert: „Das zeigt auch unsere Selbstwahrnehmung als Kirche.“ Stefan Wiesel hat die Corona-Diskussion vor allem als Prozess wahrgenommen, „in dem sich alle als Lernende sehen“. In vielen Bereichen der Kirche gebe es derzeit „eine Mischung zwischen ,alles fällt aus‘ und ,wir können ganz neu denken‘“, beschreibt Wiesel. Dies werde an der Diskussion um Weihnachten deutlich, wenn sich Pfarreien gerade fragen, wie dieses Fest auch unter Corona-Bedingungen mit möglichst vielen Menschen gefeiert werden könne.

Als Mitglied des Synodalforums „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ stellte Wiesel in Dortmund das erste Arbeitspapier des Forums vor, das unter anderem von der Theologin Andrea Qualbrink, Referentin für Strategie und Entwicklung im Bistum Essen, mitverfasst worden war. In dem 18-seitigen Text sprechen sich die Autorinnen und Autoren – zunächst innerhalb der Grenzen des bestehenden Kirchenrechts – dafür aus, Frauen zum Beispiel in den Leitungsteams von Pfarrgemeinden, in Gottesdiensten, auf den Leitungsebenen der Bistümer oder in kirchlichen Gremien noch deutlich stärkere und möglichst gleichberechtigte Rollen zukommen zu lassen als bislang. „Von der Regionenkonferenz gab es dafür eine eindeutige Bestätigung“, sagt Wiesel. „Wir sollen sogar noch klarer beschreiben, was jetzt schon möglich ist und dies als Forderung zu Umsetzung beschreiben.“ Sellmann ergänzt: „Die reformatorische Energie könnte noch stärker sein“. Man merke dem Autoren-Team an, „wie sehr sie auf mögliche Reformverweigerer eingehen“.

Dass sich in den teils seit Jahrzehnten diskutierten Fragen des Synodalen Wegs nur schwer Einstimmigkeit erzielen lässt, zeigt auch das zweite Arbeitspapier zu Fragen von Liebe und Sexualmoral, das zahlreiche „Alternativvoten“ aufweist. Ruhrbischof Overbeck setzt dennoch auch bei den besonders umstrittenen Fragen des Synodalen Wegs auf Resultate: „Ich glaube, wir können zu einem Ergebnis kommen, das von der Mehrheit getragen wird. Es gehört im besten Sinne synodaler Struktur dazu, dass es dann Minderheitenvoten gibt“, sagte Overbeck nach der Regionenkonferenz dem Kölner „domradio“.

Sellmann fordert „exzellente Theologie von allen Seiten“

Dies erwartet auch Professor Sellmann: „Zu vielen Punkten des Synodalen Wegs kann es theologisch gut begründet verschiedene Meinungen geben.“ Wichtig sei jedoch, dass „alle Seiten ihre Hausaufgaben machen und exzellente Theologie betreiben.“ Die beiden Texte von Freitag hätten gezeigt, dass die Reformbefürworter bei den theologischen Begründungen ihrer Positionen „gute Arbeit“ geleistet hätten, sagt Sellmann. Dies müsse jedoch „auch die Reform-skeptische Seite leisten. Immer nur auf die geltende Lehre zu verweisen, ist da zu billig“.

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