von Thomas Rünker

„Out In Church“ treibt Paradigmenwechsel im Kirchlichen Arbeitrecht voran

Diskussion im Essener Medienforum über die Frage, wie die Diskriminierung queerer Menschen in der Katholischen Kirche reduziert werden kann.

Erst gerät vor einer Woche die bundesweite Vollversammlung des Synodalen Wegs über eine Modernisierung der katholischen Sexualmoral in Streit, dann erhält am Dienstagabend die ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ über queere Menschen in der Katholischen Kirche den deutschen Fernsehpreis. Keine schlechten Vorlagen also, um am Donnerstagabend, 15. September, mit einer Podiumsdiskussion im Essener Medienforum das Buch „Out in Church: Für eine Kirche ohne Angst“ über queere Menschen in der Kirche vorzustellen. Der Titel ist als Teil der Initiative #OutInChurch erschienen, die sich seit Anfang des Jahres im Zuge der TV-Dokumentation für mehr Akzeptanz in der katholischen Kirche für queere Menschen einsetzt.

„Diese Initiative hat etwas aufgebrochen“, sagte Generalvikar Klaus Pfeffer, der selbst einen Beitrag für das Buch geschrieben hat. „Ohne ,Out In Church‘ wäre es wahrscheinlich nicht so schnell dazu gekommen, dass die Bischöfe ernsthaft einen Paradigmenwechsel im Arbeitsrecht herbeiführen.“ Zusammen mit Bischof Franz-Josef Overbeck hatte Pfeffer bereits im Februar klar gestellt, dass unter den Beschäftigten in den katholischen Einrichtungen im Bistum Essen niemand mehr fürchten muss, wegen der sexuellen Identität oder des Beziehungsstatus‘ sanktioniert zu werden. Am vergangenen Wochenende hatten die Delegierten des Synodalen Wegs ähnliche Schritte für alle deutschen Bistümer gefordert, zudem arbeitet die Deutsche Bischofskonferenz an einer Neufassung des Arbeitsrechts für kirchliche Mitarbeitende. Nie zuvor habe es einen Prozess gegeben, „bei dem ein Entwurf zum Kirchlichen Arbeitsrecht öffentlich zur Diskussion gestellt wird", so Pfeffer.

Pfeffer wurde im Medienforum jedoch auch als Vertreter der deutschen Amtskirche angefragt: Warum die Kirche erst jetzt und längst nicht überall einheitlich – nicht einmal in Deutschland – anfange, die Diskriminierung queerer Menschen abzubauen?, war eine der Fragen aus der Runde mit den beiden „Out In Church“-Initiatoren Jens Ehebrecht-Zumsande (Hamburg) und Bernd Mönkebüscher (Hamm), der Essener Pastoralassistentin Laura Meemann, der Essener Religionslehrerin Rut Neuschäfer, dem Leiter der Museumspädagogik der Essener Domschatzkammer, Rainer Teuber, und der Bochumer Theologie-Professorin Gunda Werner. „Ich verstehe nicht, dass wir diese Diskussion überhaupt führen müssen“, sagte die junge Theologin Meemann. Stattdessen wünsche sie sich bei diesem Thema „dass Kirche nicht immer hinterherläuft, sondern mal Vorreiter ist“.

Paradigmenwechsel im Arbeitsrecht soll bundesweit gültig werden

Pfeffer betonte: „Das Christentum und besonders die katholische Kirche ist von einer zweitausendjährigen Geschichte geprägt, die Sexualität unter einen Sündenverdacht stellt – und vor allem jegliche Sexualität, die von einer hetereosexuellen Norm abweicht.“ Und er hob den kirchlichen „Paradigmenwechsel“ hervor, „dass das private Beziehungsleben und die sexuelle Orientierung und Identität aus dem Arbeitsrecht komplett verschwindet - das ist ein großer Schritt!" Gemeinsam mit anderen Bistümern arbeite das Ruhrbistum daran, dass dieser Paradigmenwechsel bundesweit gültig werde. Sollten sich dem nicht alle Diözesen anschließen „wird es unterschiedliche Wege geben, was aber am Ende das Kirchliche Arbeitsrecht insgesamt in Frage stellen wird“, so Pfeffer.

Das Buch und der Film

Das Buch “Out In Church - Für eine Kirche ohne Angst” ist im Herder-Verlag erschienen und unter der ISBN 978-3-451-03367-4 für 22 Euro im Buchhandel erhältlich.

Die TV-Dokumentation „Wie Gott uns schuf” ist in der ARD-Mediathek abrufbar.

Mit Blick auf den Streit zwischen konservativen Bischöfen und anderen Delegierten der Vollversammlung des Synodalen Wegs betonte die Dogmatikerin Gunda Werner, dass es für eine Weiterentwicklung der Theologie in Sachen Sexualität „ganz viel gesichertes Wissen gibt, aber diese Argumente zählen nicht“. Werner sprach von einem „Nicht-Dialog zwischen Theologie und Lehramt“ und nannte diesen „katastrophal“. Rainer Teuber, der als Kirchen-Mitarbeiter eines der Porträts in der TV-Dokumentation ist, hat die Haltung der Bischöfe, deren Sperrminorität ein Grundlagenpapier für eine Modernisierung der kirchlichen Sexualmoral verhindert hat, tief verletzt. „Ich weiß nicht, wie sich dieser Scherbenhaufen noch einmal zusammensetzen lassen soll“, sagte er im Medienforum. Zwar habe der Erfolg von „Out In Church“ gezeigt, „dass sich die Kirche bewegen kann, wenn sie will“. Zudem sei die Situation für queere Menschen im Bistum Essen besser als anderswo, „aber auch im Bistum Essen ist für queere Menschen eben nicht alles gut“. Es liege „noch viel auf dem Tisch, aber da bleiben wir dran“, versprach Teuber.

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