von Cordula Spangenberg

Olive mit Rose, Zimt und Vanille: So duftet der Chrisam-Segen

Chrisamöl verbreitet bei Taufe, Firmung und Weihe einen unwiderstehlichen Duft – am Gründonnerstag wird das Öl gesegnet.

Balsamharz, Zimt und Vanille, Rose und Zitrone in Ölivenöl – ob das die bevorzugten Düfte des Tischlersohnes Jesus von Nazareth waren, sei dahingestellt. Das als heilig geltende Chrisamöl wird jedenfalls mit Duftstoffen versetzt, damit die mit Chrisam gesalbten Christen den „Wohlgeruch Christi“ verbreiten, von dem schon der Apostel Paulus schwärmte (2 Korinther 2,15). Zubereitet und feierlich zum Heiligen Öl geweiht wird Chrisam im Essener Dom am Gründonnerstagmorgen. Zum Einsatz kommt das wohlriechende Öl bei Taufe und Firmung, bei der Priester- und Bischofsweihe und bei der Einsegnung von Gegenständen für den Gebrauch im Gottesdienst: Altar, Kirchenglocken, Kelch, Kreuz. Neben dem Chrisamöl wird am Gründonnerstag in der Früh auch das Öl für die Krankensalbung gesegnet sowie das Katechumenenöl zur Vorbereitung der Taufbewerber auf das Sakrament; diese beiden Öle enthalten aber keine Duftstoffe.

Geheimrezept Chrisamöl? Bischof Overbeck gibt öffentlich einen ordentlichen Schuss Rosenöl dazu

Manche Bistümer lassen das Öl vor dem Gottesdienst hinter verschlossenen Türen „nach Geheimrezept“ zubereiten. Im Bistum Essen mischt Bischof Franz-Josef Overbeck während des Gottesdienstes höchstselbst die gesamte Ölmenge, die im Folgejahr im Bistum Essen für besondere Segenshandlungen benötigt wird. 50 Liter feinstes Olivenöl werden dafür in Italien hergestellt, die Oliven per Hand von den Bäumen geschüttelt, mechanisch gepresst und naturbelassen, also „nativ“, nach Essen geliefert. 

Das Chrisamöl für die Krönung von Prinz Charles steht schon parat

Im Gottesdienst steht das Öl in sechs Konsekrationsgefäßen bereit. Während des Hochgebetes vor der Kommunion wird das Krankenöl gesegnet, vor dem Schlussgebet dann Katechumenenöl und Chrisamöl. Nach altem Brauch gibt Bischof Overbeck einen ordentlichen Schuss stark duftendes Rosenöl dazu, außerdem Perubalsam. Das ist ein dickflüssig-öliges, braunes Baumharz, das sich im Olivenöl nicht auflöst oder absetzt, dort aber seinen vanillig-zimtigen Duft hinterlässt. Rose und Balsam für die Weihe im Essener Dom kommen aus der Apotheke.

Heiliges Chrisamöl kommt ebenfalls zum Einsatz, wenn Charles III. am 6. Mai in der Londoner Westminster Abbey zum britischen König gekrönt wird. Das Öl für seine Chrisam-Salbung enthält Sesam, Rose, Jasmin, Zimt, Neroli, Benzoe, Amberöl und Orangenblüten, wurde bereits in der Grabeskirche in Jerusalem gesegnet und wartet nun auf den Tag der Krönung.

Der alte Moses hat ein Salböl-Rezept hinterlassen – leider löst es heute Allergien aus

Die Salbung als uraltes Segnungsritual hat sich in der katholischen Kirche und der Orthodoxie bis heute erhalten. Die evangelischen Kirchen haben die Salbung als leicht verständliche Handlung mit hohem Symbolgehalt inzwischen wiederentdeckt. Im Altertum waren Salbungen gang und gäbe: Könige, Priester und Propheten im alten Israel wurden gesalbt zum Zeichen dafür, dass sie ihr Amt von Gott bekommen hatten. Im alttestamentlichen Buch Exodus (30, 22-25) findet sich die Salböl-Rezeptur des Moses mit genauen Mengenangaben: Olivenöl, Myrrhebalsam, Zimt, Gewürzrohr (Kalmus) und Zimtnelken (Cassia) – heute steht es allerdings im Verdacht, Allergien auszulösen. Jesus selbst wurde wenige Tage vor seinem Tod von einer Frau mit Nardenöl gesalbt (Markus 14, 3-9). Dieses seltene Öl musste aus dem Himalaya eingeführt werden und war deshalb schon damals ein teures Luxusgut; heutzutage findet es als extravagantes Naturheilöl Verwendung.

Ölverbrauch? Rund ein Liter pro Pfarrei

Die Sakristane am Essener Dom geben am Nachmittag des Gründonnerstags die drei heiligen Öle an die Pfarreien aus. Große silberfarbene Gefäße mit Zapfhahn, aus denen ursprünglich Honig abgefüllt wur  de, stehen dafür in der Krypta neben dem Sarkophag des heiligen Altfrid bereit. Betitelt sind sie mit den Schriftzügen „Sanctum Chrisma“, „Oleum Infirmorum“ und „Oleum Catechumenorum“. 50 Liter, 40 Pfarreien – also gut einen Liter gesegnetes Öl braucht eine Pfarrei pro Jahr. Wenn das oft genutzte Öl für die Krankensalbung ausgeht, kann der Priester zwischendurch neues Öl selbst segnen.

Pressestelle Bistum Essen

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45127 Essen