NRW-Schulministerin fordert entschiedenen Einsatz für Bildungsgerechtigkeit
Startchancen-Programm unterstützt 900 NRW-Schulen zur Förderung von Basiskompetenzen und Bildungsgerechtigkeit.
Kirche im Ruhrgebiet setzt sich für bessere Bildungschancen sozial benachteiligter Kinder ein.
Fachtagung betont Zusammenarbeit verschiedener Akteure für mehr Chancengleichheit im Bildungswesen.
NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller hat die Dringlichkeit betont, Bildungsgerechtigkeit an den Schulen des Landes entschieden voranzutreiben und die Schwachstellen des Schulsystems fokussiert anzugehen. Bildungserfolg sei immer noch viel zu oft eine Frage der Herkunft, sagte die CDU-Politikerin am Montag, 11. November 2024, bei der Jahresveranstaltung des Rates für Bildung des Bischofs von Essen in der Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim. Veränderungen im Schulsystem benötigten Zeit und würden nicht von heute auf morgen spürbar, aber man müsse anfangen, und das habe ihr Ministerium getan.
Feller eröffnete die erstmals als Bildungsmesse konzipierte Jahresveranstaltung des Rates für Bildung mit einem Impulsvortrag. Zu der mit dem Titel „Gemeinsam gegen Bildungsungleichheit! – Netzwerke, Ansätze und Projekte für mehr Gerechtigkeit“ überschriebenen Veranstaltung waren rund 130 Akteurinnen und Akteure der Bildungsförderung in die Wolfsburg gekommen – darunter vor allem Lehrkräfte sowie Vertreterinnen und Vertreter der Schulsozialarbeit, der Kirchen, von Stiftungen sowie Mitarbeitende aus dem Sozial- und Bildungsbereich und der Wissenschaft.
Fortschritte durch Startchancen-Programm von Bund und Ländern
INFO: Der Rat für Bildung und die Bildungsmesse
Die Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ organisiert seit 2014 die Arbeit der gesellschaftspolitischen Räte des Bischofs von Essen. Ratsmitglieder sind bedeutende Akteure der Region aus verschiedenen Themen- und Fachbereichen. Neben dem Rat für Bildung gibt es den Rat für Gesundheit und Medizinethik, den Rat für Ökologie und Nachhaltigkeit sowie den Rat für Wirtschaft und Soziales. Durch die Kooperation zwischen Akademie und Räten schafft das Bistum wichtige Verbindungen in wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitspolitischen, medizinethischen sowie in ökologischen Themen – so wie bei der erstmals als Bildungsmesse konzipierten Jahresveranstaltung des Rates für Bildung, die in Kooperation mit der RAG-Stiftung organisiert wurde, die diese Veranstaltung auch gefördert hat.
Zu Beginn der Bildungsmesse gab es einen Bildungsmarkt zum Mitmachen, bei dem Projektpartner und Bildungsinitiativen ihre Arbeit präsentierten und zum Austausch einluden. Daran zeigte sich eindrücklich, wie unterschiedlichste Initiativen von Stiftungen, Vereinen und Kirchen ergänzend zu staatlichen Maßnahmen Bildungsungerechtikgeit entgegenwirken können. Dazu gehörten:
- gemeinnützige CLIMB GmbH
- JOBLINGE gAG Ruhr
- muTiger-Stiftung
- Stiftung TalentMetropole Ruhr
- Chancenwerk e.V.
- Zukunftsstiftung Bildung
- die kurbel – katholisches Jugendwerk Oberhausen gGmbH/Duisburger Werkkiste gGmbH
- Nikolaus-Groß-Weiterbildungskolleg
Praktisches Rüstzeug und konkrete Methoden vermittelten Workshops und Austauschrunden zu den Schwerpunktthemen Armutssensibilität, Bildungsgerechtigkeit und Demokratiebildung. Den Keynote-Vortrag hielt der Direktor, Gründer und wissenschaftliche Projektleiter des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), Dieter Dohmen, zum Thema „Bildung und Chancengerechtigkeit neu gedacht“
Die Ministerin verwies auf Fortschritte durch das milliardenschwere Startchancen-Programm von Bund und Ländern, durch das auch 400 NRW-Schulen seit diesem Schuljahr mehr Geld erhielten. Zum Schuljahr 2025/2026 sollen weitere rund 500 Schulen in NRW in das Förderprogramm aufgenommen werden. „Den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen von ihrer sozialen Herkunft zu lösen“, darin solle das Programm Schulen unterstützen, sagte Feller.
Das Startchancen-Programm von Bund und Ländern soll laut Feller bundesweit etwa 4000 Schulen stärken. Neben der Unterstützung sozialer und emotionaler Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler ziele es vor allem auf die intensive Vermittlung der Basiskompetenzen Lesen, Rechnen, Schreiben und Zuhören. Für die rund 900 NRW-Schulen im Programm erhält das Land laut Feller rund 2,3 Milliarden Euro vom Bund und gibt noch einmal ebenso viel Geld dazu. Bei der Auswahl der Schulen, die in das Programm aufgenommen wurden und noch werden, spielten Kriterien wie Armutsgefährdung und der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund eine Rolle. Grundlage für die Auswahl der Schulen bildet der Schulsozialindex.
Die Schulen, die in Nordrhein-Westfalen am Bund und-Länder-Programm teilnehmen, sollen bestenfalls Leuchtturmschulen werden, von denen alle Schulen in Nordrhein-Westfalen profitieren, unterstrich Feller.
Bildungsgerechtigkeit im Ruhrgebiet ist ein sozialer Auftrag der Kirche
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck betonte, dass gerade im Ruhrgebiet mit hohen Armutsraten und einem unterdurchschnittlichen Bildungsniveau der Bildungserfolg nach wie vor eng mit der sozialen Herkunft verknüpft sei. Hier seien viele Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien bereits früh mit Entwicklungsverzögerungen konfrontiert und hätten nur eingeschränkten Zugang zu Fördermöglichkeiten – und zwar unabhängig davon, ob sie eine Migrationsgeschichte hätten oder nicht. Die Corona-Pandemie habe diese Ungleichheiten noch verstärkt.
„Bildung ist ein absolutes Zukunftsthema, dem wir uns als Kirche stellen und das wir annehmen“, betonte Overbeck. Die Aufgaben von Kirche seien erstens ein Ort für Bildung zu sein und zweitens Inhalte von Bildung, die mit Religion zu tun haben, nachvollziehbar zu vermitteln. Nur mit solidarischem Handeln sei mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu erreichen und zu verhindern, dass sozial benachteiligte Kinder abgehängt würden.
Als Kirche an Schulen im Ruhrgebiet „Räume der Verständigung öffnen“
INFO: Das Bistum Essen als Schulträger
Das Bistum Essen ist Träger von sieben Schulen unterschiedlicher Schulformen. Zusätzlich zu den Schulen des Bistums Essen kommen weitere fünf Schulen im Bereich des Bistums Essen hinzu, die von anderen katholischen Einrichtungen wie zum Beispiel von Ordensgemeinschaften oder der Caritas getragen werden. Derzeit besuchen etwa 7.500 Schülerinnen und Schüler im Bistum Essen Schulen in katholischer Trägerschaft.
Judith Wolf, als Leiterin des Ressorts Kulturentwicklung im Bistum Essen auch für die bischöflichen Schulen verantwortlich, betonte: „Als Kirche geht es uns darum, Räume für die Verständigung unterschiedlicher Werte und Haltungen zu öffnen und so Entwicklung zu ermöglichen – nicht nur für Menschen an unseren Schulen, sondern darüber hinaus und auch als Kirche und als Christen in diesen Verständigungsprozessen zu lernen.“
Im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit beschrieb Wolf das Selbstverständnis bischöflicher Schulen als „Orte der Vielfalt“. Hier kämen Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunft und Religionen sowie vielfältiger und unterschiedlicher Lebensentwürfe zusammen. „Ganz bewusst sind unsere Schulen Orte, an denen Kinder lernen, die sonst nicht selbstverständlich das Abitur oder andere Schulabschlüsse machen“, sagte Wolf. „Und das passt zu unserem Bistum: Wir sind Kirche in einem urbanen Raum, in dem die Vielfalt der Menschen zur Realität gehört, und das nehmen wir ernst.“
Bildungsgerechtigkeit durch Kräftebündeln und gemeinsames Lernen
„Unsere Fachtagung hat eindrucksvoll gezeigt: Beste Bildung für Kinder und Jugendliche im Ruhrgebiet entsteht durch gemeinsames Handeln“, betonte Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung und seit 2019 Sprecherin des Rates für Bildung. „Wir haben zahlreiche Leuchtturmprojekte im Bereich Bildung präsentiert und uns für eine Kultur des Gelingens starkgemacht. Ich danke allen Teilnehmenden für das Engagement und ihre Bereitschaft, sich zu vernetzen und voneinander zu lernen.“