von Thomas Rünker

„Nicht verschämt mit dem Glauben umgehen“

Altpräses Nikolaus Schneider stellt im Medienforum sein Buch "Ich bin evangelisch" vor und diskutiert mit Weihbischof Wilhelm Zimmermann über die Ökumene. Beide plädieren für ein selbstbewussteres Auftreten der Christen – die dafür aber auch freier über ihren Glauben sprechen müssten.

Altpräses Schneider und Weihbischof Zimmermann im Medienforum 

Schaut man auf die Kindertage des evangelischen Altpräses Nikolaus Schneider, wie auf die des katholischen Weihbischofs Wilhelm Zimmermann, wundert man sich schon, dass aus diesen kurz nach dem Krieg geborenen Ruhrpott-Jungs einmal Spitzenvertreter ihrer Kirchen geworden sind. Am Donnerstagabend stehen die beiden Theologen gemeinsam auf dem Podium des bis in den letzten Winkel besetzten Medienforums des Bistums Essen und diskutieren darüber, was Katholiken und Protestanten prägt. Schneider hat sein Buch „Ich bin evangelisch“ mitgebracht, in dem 54 Prominente berichten, wie sie evangelisch wurden und warum sie es bis heute sind.

Verdienst von Müttern und Großmüttern

Fast jeder dieser Autoren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nennt dabei die Eltern als zumindest mitentscheidend für den Start ins Christenleben. „Wir Kirchenverantwortliche verdanken vermutlich den Müttern und Großmüttern mehr als unserem eigenen Wirken“, kommentiert Schneider launig. Dabei waren die Eltern gerade bei Schneider und Zimmermann wenig ausschlaggebend für den Glaubensweg: Schneiders Eltern waren keine Kirchenmitglieder und ließen ihn in Duisburg auf dem Gymnasium eher widerwillig am Religionsunterricht teilnehmen. Zimmermanns Eltern in Gelsenkirchen waren zwar getauft, seine Mutter aber erst mit der Hochzeit katholisch geworden und ebenso wenig wie der Vater eine regelmäßige Kirchgängerin. Und so wie Schneider schließlich vor allem über den Konfirmationsunterricht zum Glauben fand, war es auch bei Zimmermann die kirchliche Jugendarbeit: „Nach der Erstkommunion waren alle meine Freunde bei den Messdienern, da bin ich dann auch dahin gegangen“, - und in gewisser Weise ein Leben lang geblieben.

„Selbstbewusst mit dem Glauben umgehen“

Doch egal ob Familie, Kirche oder anderswo – heute seien die Chancen, etwas vom christlichen Glauben zu erfahren, weniger verbreitet als früher, sind sich die beiden Theologen einig. Weniger Kirchenmitglieder, bröckelnde Gemeindestrukturen, aber auch eine geringere Präsenz des Glaubens im Alltag sind Themen in beiden großen Kirchen, bestätigen Schneider und Zimmermann. Umso wichtiger sei es, dass die Christen wieder überzeugter von ihrem Glauben sprechen. „Wir sind in weiten Teilen nicht sprachfähig“, sagt der Weihbischof, „wir haben es auch nicht gelernt. Viele von uns sind einfach in den Glauben hineingewachsen. Jetzt brechen die gesellschaftlichen Stützen weg – und nun ist jeder Einzelne gefragt zu erklären, an was er glaubt.“ Zimmermann äußert die Sorge, dass in der Gesellschaft „die Fragestellung nach Gott ein Stückweit versandet“. Schneider sieht indes gerade angesichts der vielen nicht christlichen Flüchtlinge die Chance, dass sich Christen „wieder stärker bewusst werden, warum wir so sind, wie wir sind“. Er wirbt dafür, „nicht so verschämt mit unserem Glauben umzugehen, sondern wirklich selbstbewusst“. Doch das gehe nur, „wenn man auch weiß, was man sagt“.

Glaubenstradition und gemeinsame Verantwortung aller Gläubigen

Dabei ist den beiden Theologen durchaus recht, wenn die Gemeinsamkeiten evangelischer und katholischer Christen viel stärker im Vordergrund stehen als die noch verbliebenen Unterschiede – und sich die Kirchen vielleicht noch weiter annähern. So wirbt Schneider für das eher katholische Bewusstsein einer reichhaltigen Glaubenstradition, „dass wir in einer langen Kette des Glaubens stehen, und dass wir wertschätzen, dass wir das, was heute ist, früheren Christen verdanken“. Zimmermann schätzt indes die gemeinsame Verantwortung von Theologen und Nicht-Theologen in der evangelischen Kirche. „Die Gesamtverantwortung von Priestern und Laien kommt in der katholischen Kirche noch zu kurz“, bekennt der Weihbischof. „Wir sind immer noch zu Kleriker-zentriert“, das habe keine Zukunft. Zumindest arbeite das Bistum Essen intensiv an diesem Thema, ergänzt Zimmermann etwa mit Blick auf das Modellprojekt der von Ehrenamtlichen geleiteten Duisburger Gemeinde St. Barbara. (tr)

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