Nahles: „Mehr Wertschätzung, Zuwendung, Chancen“

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles spricht beim Sozialpolitischen Aschermittwoch im Essener Dom über soziale Teilhabe. „Was braucht der Mensch wirklich?“ fragt die katholische SPD-Politikerin in Anlehnung an eine zentrale Aussage des vor 50 Jahren verabschiedeten Konzils-Dokumentes Gaudium et Spes.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat sich beim sozialpolitischen Aschermittwoch im Essener Dom für einen Ausbau der öffentlich geförderten Beschäftigung stark gemacht. „Wir müssen die öffentlich geförderte Beschäftigung aus dem schlechten Image der vergangenen Jahre heraus holen“, sagte Nahles beim ökumenischen Auftakt der Fastenzeit, zu dem das Bistum Essen und die Evangelische Kirche im Rheinland seit 1998 gemeinsam einladen. „Was braucht der Mensch wirklich?“ fragte die katholische SPD-Politikerin in Anlehnung an eine zentrale Aussage des vor 50 Jahren verabschiedeten Konzils-Dokumentes Gaudium et Spes – und stellte als eine Antwort den Dreiklang „Wertschätzung, Zuwendung, Chancen“ ins Zentrum ihres Vortrags „Soziale Teilhabe für alle – wir lassen niemanden zurück“. Dass das Thema zum Auftakt der christlichen Fastenzeit gut gewählt ist, machte Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck deutlich: „Fasten heißt, Verantwortung zu übernehmen – vor allem in sozialer Hinsicht.“ Als Vertreter der Evangelischen Kirche im Rheinland betonte Vizepräses Christoph Pistorius: „Es ist uns biblisch aufgetragen, die Zuwendung Gottes zu jedem Menschen zu leben.“

Treffpunkte für Senioren

Entlang dreier Beispiele beleuchtete Nahles in ihrer persönlich und nachdenklich gehaltenen Ansprache verschiedene Perspektiven der sozialen Teilhabe. Etwa die von Senioren, die – gerade im ländlichen Raum – zu vereinsamen drohen. „Hier müssen wir nicht nur über Barrierefreiheit reden, sondern auch Orte und Türen für Begegnung öffnen“, so Nahles. Viele früher von ehrenamtlich tätigen Frauen betriebene Seniorentreffs seien heute geschlossen, weil Frauen heute viel häufiger berufstätig seien.

Passgenaue Hilfen für Langzeitarbeitslose

Mit Blick auf Langzeitarbeitslose betonte Nahles, das deren Zahl zwar einerseits in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangenen sei. Andererseits gebe es aber nach wie vor Langzeitarbeitslose, „für die geht es nicht um eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt, sondern darum, soziale Teilhabe zu ermöglichen.“ Ziel müsse es sein, „keinen Menschen zurück zu lassen, ihnen aber auch keine unrealistischen Angebote zu machen“, sagte Nahles. „Wir brauchen Hilfen, die passen.“ Und da sei „die öffentlich geförderte Beschäftigung für mich kein Tabu.“

Chancen für junge Leute

Gerade für junge Leute seien indes Menschen wichtig, „die Chancen geben und ermutigen“, betonte die Ministerin. Sie berichtete vom Arbeitsdirektor eines großen Werks, der zehn Prozent der Ausbildungsplätze für Jugendliche freihält, deren Bewerbungen auf Grund schlechter Schulnoten in der Regel aussortiert, die aber zum Beispiel von der Arbeitsagentur empfohlen würden. In der Ausbildung mache das Werk mit diesen „Typen“, wie diese Jugendlichen dort genannt werden, oft ausgesprochen gute Erfahrungen. „Wir müssen Menschen ansehen, nicht nur Kriterien“, so Nahles.

Globale Sichtweise

Ausdrücklich forderte die SPD-Politikerin dazu auf, das Thema soziale Teilhabe nicht nur auf die eigene Gesellschaft zu beschränken, sondern gerade auch in internationalen Wirtschaftszusammenhängen zu denken. „Wir sollten uns mehr dafür interessieren, woher die Dinge kommen und wie sie hergestellt wurden“, machte sie am Beispiel der globalen Textil-Produktion deutlich. Dieses Thema werde die Bundesregierung auch im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft einbringen, kündigte Nahles an. (tr)

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