„Mut zu Grenzgängerei, Abschied und Überfahrt“

Weit über 400 Gäste aus Kirche, Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Wissenschaft, Bundeswehr und Gesellschaft nahmen am Sonntagnachmittag, 12. Oktober, am Festgottesdienst zum Silbernen Priesterjubiläum von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck teil. Festprediger war der Benediktinerpater Professor Dr. Elmar Salmann.



Festgottesdienst zum Silbernen Priesterjubiläum von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck

Mit einem Festgottesdienst im Essener Dom feierten am Sonntagnachmittag, 12. Oktober, das Bistum Essen und das Katholische Militärbischofsamt das Silberne Priesterjubiläum von Ruhrbischof und Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck. Die weit über 400 Gäste aus Kirche, Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Wissenschaft, Bundeswehr und Gesellschaft, darunter auch der Metropolit der Kölner Kirchenprovinz und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, spiegelten die vielen Schnittstellen des 25-jährigen Priesterlebens von Overbeck wider.

Festprediger war der Benediktinerpater Professor Dr. Elmar Salmann, Gerleve. Er lehrte von 1981 bis 2012 an den römischen Universitäten Sant‘ Anselmo und Gregoriana, wo Overbeck von 1984 bis 1990 studierte. Es war eine außergewöhnliche Predigt: dicht im Inhalt, voller rhetorischer Kraft, reich an Variationen des Tonfalls, der Wortwahl und Sprache. Kurze Sätze und immer wieder Fragen, Denkanstöße - mal mit ironischer Färbung und auch wieder „fromm“ -, denen sich die Zuhörenden nicht entziehen konnten.  

So schaute Salmann auf einige Stationen des priesterlichen Lebens des Jubilars, stellte sie in den Kontext kultureller, politischer und gesellschaftlicher Phänomene sowie kirchlicher Entwicklungen. Salmann sprach von der Kirche in Deutschland, in der vieles ab- und manches aufbreche. „Sie ist gedemütigt, aber noch nicht demütig, geschweige denn hochgemut, aufbruchbereit“, so der Professor. Es gebe zurzeit viele Fragen, Fronten und Perspektiven. „An dieser Schwelle braucht es den Mut zur Grenzgängerei, zu Abschied und Überfahrt“, betonte der Pater.


Wie könnte eine arme Kirche aussehen?

Mit Blick auf den Wechsel von Franz-Josef Overbeck vom Bistum Münster in das Bistum Essen Ende 2009 fasste Salmann die Situation im Ruhrbistum in einem Satz zusammen: „Hier konzentrieren sich alle Chancen und Nöte einer Kirche der Minderheit auf engstem Raum“, in dem „noch auf die von wenigen Priestern geleiteten Großstrukturen“ gesetzt werde. „Wie aber könnte eine arme Kirche aussehen, ohne ärmlich geschrumpft zu sein?“, fragte der Benediktiner. Etwa wie in Ostdeutschland „ganz von unten um eine Kirche herum, ökumenisch, mit Suchenden, oder von einem geistlich-sozialen Zentrum aus, wo viele mitarbeiten und leben?“

Als Militärbischof müsse sich Overbeck den „Fragen nach Hierarchie, Gehorsam und Ethos einer notwendigen Gewalt -  in einer offenen, eher pazifistisch gestimmten Bürgergesellschaft“ – stellen. Und Salmann fragte: „Wie sollen wir mit den gedemütigten Mächten Russlands und des Islam umgehen, einer verwandten Religion mit so vielschichtigem Gesicht?“ Overbeck, der auch für die Bischöfliche Aktion Adveniat Verantwortung trägt, frage sich sicherlich, was aus Lateinamerika, „seiner naturreligiösen Wildheit, was aus dem Vordringen der pfingstlichen Gemeinden“ werde.

Und auch den Umgang mit der Lebenswirklichkeit des Alltags hinterfragte der Professor: „Wie könnte man Ehe, Partner- und Elternschaft, wie der ökumenischen Gemeinsamkeit im Alltag ein freieres Geleit geben, unverkrampft, ja freudig?“ In alldem fehle der „evangelische Atem, die Chuzpe, die Kraft“, sich diesen Wandlungen zu stellen, und zwar „unbefangen, gelassen, die Ambivalenzen beschreibend, gastfrei, einladend“. Da flattere man seit Jahrzehnten immer wieder gegen die gleichen „Fliegengitter“. „Immer noch meinen wir, uns zur Barmherzigkeit mit den von uns so genannten Gescheiterten durchringen zu müssen. Dabei wäre es wohl an der Zeit, um Nachsicht und Aufmerksamkeit bei den Menschen zu ersuchen“, sagte Salmann. Erst dann „wären wir frei, die Glaubens- und Lebenslandschaften neu zu entdecken und zu durchstreifen, verlören wir unsere Sprach- und Atemlosigkeit“.

Der Professor beließ es jedoch nicht dabei, nur die Phänomene der heutigen Zeit zu betrachten - und das mit großer Vorurteilslosigkeit. Am Ende seiner Predigt schien eine aus dem Glauben kommende Hoffnung und Zuversicht durch – Mut machend, Weg weisend. „Jesus ist nicht spirituell, programmatisch, sondern arme, einladende, verwandelnde Gegenwart dieses Gottes mitten unter uns“, so der Benediktinerpater. Und weiter: „Wie einfach wäre ein solches elementares Christentum! Warum nur machen wir es uns so schwer?“              


„Geh – Verlass – Verkünde!“

In seiner Dankansprache am Ende des Festgottesdienstes erinnerte Bischof Overbeck an die drei Kernbotschaften der Predigt, die vor 25 Jahren Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., bei der Priesterweihe in Rom gehalten hatte: „Geh – Verlass – Verkünde!“ Um diese drei Imperative gehe es oft auf dem priesterlichen Weg. „Das mir von Gott Zugetraute hat sich im Gehen meines Lebensweges bewährt“, so der Bischof, der allen dankte, die ihn bisher auf diesem Weg begleitet haben, von seinen Eltern, seiner Familie und seinen Freunden bis hin zu den vielen Menschen in den Bistümern Münster und Essen sowie in der Militärseelsorge.

Viel sei geschehen seit seinem Amtsantritt als Bischof von Essen im Dezember 2009, im Ruhrbistum genauso wie in Politik und Wirtschaft, in der Bundeswehr oder in den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen. Overbeck: „Unser Zukunftsbild im Bistum Essen ist geprägt von genau derselben Dynamik, von jener Glaubensfreude und von jener Zuversicht, dass Gott heute gegenwärtig ist und uns führt, wie jene drei Imperative, die am Anfang meines priesterlichen Weges stehen: Geh – Verlass – Verkünde!“ Allen, die mit ihm gemeinsam die vielfältigen Aufgaben wahrnehmen, dankte der Jubilar. „Einschließen will ich auch die vielen, für die ich als Ruhrbischof, Militärbischof, als Adveniat- und Sozialbischof da bin und die mich, meine Handlungs- und Denkkraft, meine Gebets- und Gestaltungskraft herausfordern, unterstützen und mir ihr Mitgehen und ihre Geduld schenken“, betonte Overbeck. Der gemeinsame Auftrag laute, „der Menschen Bestes zu wollen um Gottes willen!“ (do)


Predigt von Pater Professor Dr. Elmar Salmann OSB

Dankansprache von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck

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