Mirja Wolfs: „Kita-Fördermittel in Personal, Ausstattung und Modernisierung investieren“

Vier Fragen an die Geschäftsführerin des Kita-Zweckverbandes im Bistum Essen zur Diskussion um Kita-Reformen in NRW. „Eine vielfältige Gesellschaft braucht ein vielfältiges Angebot“.

Für die Kindertagesstätten (Kita) in NRW soll es mehr Geld geben. Die Landesregierung will mit den Zuschüssen aus dem "Gute-Kita-Gesetz" des Bundes vor allem die kommunalen Kitas entlasten und den Familien ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr ermöglichen. Dagegen gibt es Widerstand von Seiten der Kirchen und der anderen freien Träger der Kindertagesstätten in NRW: Statt alle Eltern zu entlasten, sollten die Gelder besonders sozial benachteiligten Familien zugutekommen. Außerdem werden die Zuschüsse nach Ansicht der freien Träger vor allem benötigt, um die Qualität der Betreuung in allen Einrichtungen zu verbessern. Insbesondere kritisieren Träger-Vertreter, dass Landes-Familienminister Joachim Stamp (FDP) sie in die Gespräche über die Kita-Reformen nicht eingebunden und nur mit den Kommunen verhandelt habe.

Der Kita Zweckverband im Bistum Essen mit seinen 261 Einrichtungen und rund 17.000 Betreuungsplätzen im Ruhrgebiet und Märkischen Sauerland ist einer der großen freien Träger von Kindertageseinrichtungen. Vier Fragen zu den aktuellen Kita-Reformen in NRW an Mirja Wolfs, Geschäftsführerin für den pädagogischen Bereich des Kita Zweckverbandes:

Eltern wünschen sich mehr Plätze für unter Dreijährige, eine besondere Förderung ihrer Vorschulkinder, mehr Betreuungspersonal: Wie würden Sie zusätzliche Fördergelder einsetzen? 

Mirja Wolfs: Als Träger sehen wir unsere Aufgabe darin, alle Kinder in den Blick zu nehmen und Bildung von Anfang an zu ermöglichen. Ob U3, Vorschulkinder oder das Alter dazwischen – alle Kinder haben gleichermaßen ein Recht auf Bildung und eine qualitative Betreuung.

Daher würden wir zusätzliche Fördergelder einerseits in das Personal investieren, andererseits die Ausstattung optimieren. Hinsichtlich des Personals denke ich an einen verbesserten Betreuungsschlüssel – weniger Kinder auf mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter –, an eine bedarfsgerechtere Ausbildung der Fachkräfte sowie an die Bildung von multiprofessionellen Teams. Was die Ausstattung betrifft, so besteht an vielen Stellen Modernisierungsbedarf zur angemessenen Förderung aller Kinder, gerade auch im Hinblick auf das wichtige Thema der Digitalisierung.

Überall fehlen Erzieherinnen und Erzieher: An welcher Stelle müsste man investieren, damit die Kitas als Arbeitsplätze attraktiver werden?

Mirja Wolfs: Das ist eine wichtige Fragestellung, mit der wir uns natürlich tagtäglich beschäftigen, da auch wir ein attraktiver Arbeitgeber sein wollen. Wir sind nur handlungsfähig, wenn Stellen rasch und von qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern besetzt werden können.

Neben unseren internen Bemühungen und Strategien sind auch externe Faktoren von Relevanz. Die Ausbildung wird zum Beispiel attraktiver, wenn es eine flächendeckende Ausbildungsvergütung gäbe und die Träger bei der Aus- und Weiterbildung des Personals angemessen finanziell unterstützt werden würden. Gleichzeitig fördert eine gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit im Elementarbereich eine Attraktivitätssteigerung des Berufs – daran können wir uns alle beteiligen. Auch die politische und vor allem finanzielle Anerkennung des Berufs spielt eine elementare Rolle.

Arme Familien zahlen geringere Kita-Beiträge, das dritte Kita-Jahr war bislang schon beitragsfrei, nun soll ein zweites Jahr freigestellt werden. Gibt es viele Eltern, die ihr Kind erst dann anmelden, wenn der Kita-Besuch für sie kostenlos ist?

Mirja Wolfs: Nein, diese Tendenz können wir nicht feststellen. Im Gegenteil: Gerade das Interesse an U3-Plätzen hat in den letzten Jahren rasant zugenommen. Es fehlen massiv Plätze in fast allen Kommunen für unter Dreijährige. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der Gesellschaft wichtig geworden. Es ist zunehmend notwendig oder auch gewünscht, dass beide Elternteile arbeiten. Und so sind Eltern schon früh auf eine Betreuung ihrer Kinder angewiesen, zumal das Modell der betreuenden Großeltern zunehmend nicht mehr zur Verfügung steht. Die KiTa wird zur erweiterten Familie.

Die Kirchen und andere freie Träger betonen, die Vielfalt unterschiedlicher Kita-Anbieter müsse unbedingt erhalten bleiben. Was bietet eine katholische Kita, was die anderen nicht haben?

Mirja Wolfs: Grundsätzlich benötigt eine vielfältige Gesellschaft ein vielfältiges Angebot. Alle suchen sich das, was am besten zu ihnen passt. Und das ist auch legitim. Eltern suchen ihre Kita nach ihrer individuellen Werteorientierung aus. Und Subsidiarität ist gerade in der frühen Bildung notwendig, weil dort die Einbindung der Familie eine große Bedeutung hat.

Als katholische Kita stützen wir uns natürlich auf christliche Werte und richten unser Handeln und unsere Pädagogik darauf aus. Für uns steht das Kind im Mittelpunkt, wir respektieren und fördern die Individualität jedes Einzelnen. Wir folgen einem ganzheitlichen Ansatz, ausgehend vom Kind.

Wir freuen uns darüber, dass nicht nur katholische oder christliche Familien diesen Ansatz schätzen. Auch viele Andersgläubige schätzen unsere Werteorientierung.

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