Mehr Ortskirche, mehr Partizipation und Hoffnung auf mehr Frauenrechte
Ein stärkerer Fokus auf die Kirche vor Ort, mehr Partizipation und eine Stärkung der Frauenrechte – das sind aus Sicht des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck die zentralen Ergebnisse der Weltsynode, deren Abschlussberatungen am Wochenende in Rom zu Ende gegangen sind. Overbeck war als einer von fünf deutschen Bischöfen in den vergangenen vier Wochen bei der finalen Tagung der Weltsynode mit dabei. Seit 2021 hatten Kirchenvertreterinnen und -vertreter rund um den Globus auf Einladung von Papst Franziskus über die Zukunft der Kirche diskutiert. Nun haben Overbeck und die anderen Synodalen aus aller Welt die Ergebnisse zusammengetragen und in ein Abschlussdokument überführt, das Papst Franziskus unmittelbar in Kraft gesetzt hat. Was die Ergebnisse nun für die Kirche bedeuten, beschreibt Bischof Overbeck im Interview.
Frage: Bischof Overbeck, vier Wochen lang haben Sie gemeinsam mit dem Papst und 366 weiteren Synodalen in Rom über die künftige Entwicklung der Kirche beraten. Was sind aus ihrer Sicht die wichtigsten Ergebnisse dieses abschließenden Arbeitstreffens der Weltsynode?
Bischof Franz-Josef Overbeck: Der Fokus wird sehr stark auf die Ortskirchen gelegt. Ein Ergebnis ist, dass es jetzt mit Sicherheit mehr Handlungsspielräume geben wird, um kulturelle sowie regionale Unterschiede bei der Gestaltung von Kirche vor Ort angemessener berücksichtigen zu können. Die Weltsynode betont damit die Notwendigkeit einer sinnvollen Dezentralisierung der Kirche, die Vielfalt in Einheit ermöglichen soll.
Zudem spricht das vom Papst bemerkenswerterweise direkt in Kraft gesetzte Abschlussdokument davon, dass die Kirche insgesamt partizipatorischer werden muss. Auf dem Synodalen Weg der Kirche in Deutschland haben wir bereits wichtige Überlegungen dazu angestellt, wie dies für unseren Kontext gelingen kann. Auch das ist ein Ausdruck von Dezentralisierung.
Ein dritter und überaus wichtiger Punkt ist, die Rechte von Frauen in der Kirche zu stärken. Hier wird sich allerdings zeigen müssen, was das konkret bedeuten kann und bedeuten wird. Wir haben uns zumindest darauf verständigen können, dass die Frage nach dem Zugang der Frauen zum diakonalen Dienst offenbleibt. Mir ist aber sehr bewusst, dass sich viele Menschen in dieser Frage mehr erhofft hatten. In einer synodalen Kirche wird sie mit der gebotenen Vehemenz weiterhin gestellt werden.
Frage: Der Papst hat betont, dass die Ergebnisse der Synode sofort in Kraft treten. Wie wird sich die Weltkirche aus Ihrer Sicht dadurch verändern?
Overbeck: Wir haben Synodalität als gemeinsames, dialogisches Ringen um notwendige Einheit und legitime Vielfalt erlebt. Es geht darum, spezifische Geistesgaben zu entdecken, einzubringen und miteinander zu verbinden – im gemeinsamen Gebet und in Form des transparenten und lösungsorientierten Arbeitens. Die Umsetzung von Synodalität wird zwar von Ortskirche zu Ortskirche anders aussehen, aber faktisch kommen wir weltkirchlich nicht mehr hinter das synodale Prinzip zurück. Synodalität ist jetzt ein konstitutiver Teil des Lebens und Wirkens der Weltkirche.
Frage: Und welche Veränderungen durch die Synode werden die Menschen im Bistum Essen spüren?
Overbeck: Die gegenwärtige Synode ermutigt uns, mit viel Gott- und Menschenvertrauen bei uns im Ruhrgebiet einen Ruck nach vorne zu wagen! Auf Italienisch heißt das kurz und bündig: „Avanti tutti!“ Ich würde es aber auch nicht als besonders synodal empfinden, jetzt als Bischof direkt Veränderungen zu präsentieren, um diesen Ruck nach vorne zu erzwingen. Das wird nicht funktionieren, sondern kann nur im synodalen Austausch mit den Gläubigen vor Ort gelingen. Unter anderem wird unser neues synodales Gremium – der Gemeinsame Rat im Bistum - dafür ein geeigneter Ort sein.