Lange Nacht für Feuerwehrleute an St. Hubertus

Er galt als der höchste Kirchtum in ganz Essen. Nach dem Feuer in St. Hubertus im Stadtteil Bergerhausen am Freitagabend ist der Turm gut fünf Meter kürzer. Für die Feuerwehr war es einer der kniffligsten Einsätze der vergangenen Monate.

Dachdecker sichern die die verkohlte Kirchturmspitze von St. Hubertus

Am Tag danach ist Essens höchster Kirchturm gut fünf Meter kürzer. Wo 60 Jahre ein Kreuz die ehemals 74 Meter hohe Spitze der St. Hubertus-Kirche im Stadtteil Bergerhausen markierte ragt am Samstag ein verkohlter Stumpf in den grauen Himmel. Die ganze Nacht über waren hier oben Feuerwehrleute mit Hochdruck damit beschäftigt, dem Brand in der obersten Turmspitze von Innen und Außen zu Leibe zu rücken, jetzt sichern Dachdecker von einer Arbeitsbühne aus die verkohlten Balken.

Unten am Fuß des Turms verfolgen viele Gemeindemitglieder und jede Menge Schaulustige die Arbeiten. Feuerwehr-Sprecher Mike Filzen und der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, stehen Journalisten Rede und Antwort. In allen Gesprächen geht es noch einmal um die spannenden Ereignisse der vergangenen Nacht und einen der wohl kniffligsten Essener Feuerwehreinsätze der vergangenen Monate - in jedem Fall, "ein Einsatz, den man als Feuerwehrmann wohl nur einmal erlebt", wie Filzen resümiert.

Blitzschlag gilt als Brandursache

Als am Freitagabend ein schweres Gewitter über das Ruhrgebiet zieht und auch an anderen Orten an Rhein und Ruhr schwere Schäden verursacht, hat sich der Blitz am Turm von St. Hubertus offenbar auch von einem Blitzableiter nicht abschrecken lassen. Irgendwann zwischen 19 und 20 Uhr entdecken Anwohner die leichte Rauchfahne hoch oben in der Turmspitze und rufen die Feuerwehr. Die holt zunächst Pastor Ludger Toups aus dem Pfarrhaus und evakuiert auch das benachbarte Wohngebäude. Zu groß ist die Sorge, dass das Feuer die Turmspitze so stark beschädigt, dass diese samt Kreuz abbrechen und nach unten stürzen könnte. Dann machen sich Retter auf zum "Innenangriff": Mit Pressluftflaschen auf dem Rücken erklimmen sie Wendeltreppen und Leitern bis zu einer letzten Zwischendecke in 60 Metern Höhe. Darüber schwelt das Feuer im engen Zwischenraum zwischen der Holzverkleidung und der äußeren Kupferabdeckung. Die Feuerwehrleute legen Schlauch-Leitungen nach oben, schleppen Pulver-Feuerlöscher und Leitern, doch durch die Zwischendecke führt nur eine schmale Luke. Schnell ist klar: Von hier aus wird nur ein Ausbreiten des Feuers nach unten verhindert - gelöscht werden muss von Außen.

Drehleitern und Teleskoparm der Feuerwehr zu kurz

Das Dilemma des Abends: Die Drehleitern der Löschzüge von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr, die mittlerweile die komplette Hauptstraße vor der Kirche blockieren, reichen nicht einmal bis zur Hälfte des Turms. Ein eilig aus Dortmund beorderter Feuerwehr-Kran schafft mit seinem Teleskoparm immerhin gut 50 Meter - doch auch das reicht allenfalls, um dem Turm einem recht ungezielten Sprühregen zu bescheren. Um 23 Uhr ist klar: Die letzte Hoffnung liegt auf einer Arbeitsbühne, die aus Düsseldorf herbeigerufen wird. Doch die lässt auf sich warten. Zeit genug für die Feuerwehr und einige mutige Gemeindemitglieder aus der Kapelle unmittelbar unter dem Turm Kunstwerke und weitere wichtige Gegenstände zu evakuieren.

Zudem haben mittlerweile die Johanniter von ihrer benachbarten Wache einen Verpflegungswagen an die Einsatzstelle geschickt, der Einsatzkräfte, die zahlreichen Journalisten und besorgte Gemeindemitglieder mit heißem Tee und warmen Würstchen versorgt. Und da zu diesem Zeitpunkt keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben mehr besteht, ist angesichts der weiter rauchenden Turmspitze auch Zeit für heitere Sprüche. "Einen richtig guten Draht nach oben scheint ihr aber nicht zu haben", frotzelt ein Feuerwehrmann." Und als ein Umstehender den Blitz erwähnt, der nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. in den Petersdom eingeschlagen ist, meint ein anderer Feuerwehrmann mit einem Schmunzeln: "Immerhin haben wir schon weißen Rauch".

Unterstützung von THW und Johannitern

Unter den zahlreichen Hilfskräften sind auch mehrere Einheiten des Technischen Hilfswerks. Sie tauchen die Kirche mit starken Scheinwerfern in gleißend helles Licht, legen Stromkabel und bauen schließlich ein wahres Hightech-Gerät auf: Ein Laser-Peilgerät - angeblich bundesweit beim THW einmalig - soll Alarm geben, falls sich die Turmspitze doch noch neigen soll.

Es ist weit nach 1 Uhr als endlich die Arbeitsbühne einer privaten Verleihfirma eintrifft und - nachdem Abschleppfahrzeuge den Parkstreifen vor der Kirche freigeräumt haben - in Stellung geht. Ausgerüstet mit Kettensägen und anderem schweren Gerät machen sich speziell ausgebildete Höhenrettungs-Kräfte der Feuerwehr auf den Weg nach oben. Doch oben ist es immer noch sehr windig, zu windig für die Löscharbeiten von der wackelnden Arbeitsbühne aus. Der Teleskoparm wird wieder eingefahren, die Feuerwehrleute steigen aus und setzen - nachdem noch ein Verkehrsschild weichen muss - den Kran noch ein Stück näher an die Kirche. Erst jetzt, kurz vor drei Uhr in der früh, können sie nach und nach die Kupferplatten an der Turmspitze öffnen. Jetzt kommt die Glut zum Vorschein, Funken sprühen, als die Feuerwehrmänner die Glutnester löschen. Doch vor allem sorgen sie sich um das Kreuz. "Das sieht ziemlich instabil aus", melden sie über Funk und machen sich an die mühevolle Arbeit, das mannshohe Metallgestell von der Turmspitze abzusägen. Es ist halb vier, als sie das Kreuz endlich sicher auf dem Fußweg vor der Kirche ablegen und sich - wieder oben in der Spitze - endlich ans Löschen machen können. Jetzt werden auch die Kollegen am Boden wieder deutlich betriebsamer: Links und rechts vom Kirchenschiff überwachen Einsatzkräfte von Drehleitern aus den Funkenflug und verhindern mit gezielten Wasserstößen, dass Glutnester etwa das Dach des Kirchenschiffs entzünden.

Bistum hat Rücklagen gebildet

Gegen viertel nach vier, rund neun Stunden nach dem Blitzeinschlag ist das Feuer so gut wie gelöscht. Doch die Arbeit für die Wehr geht weiter: Stück für Stück nehmen sie verkohlte Kupferplatten und Holzbalken ab, bis die Turmspitze wieder halbwegs stabil ist. Und am Samstagvormittag übernehmen Helfer der St. Hubertus-Gemeinde die Arbeit, räumen am Boden auf und spülen das Löschwasser aus der Kirche, das durch den Turm nach unten geflossen war. Wie es jetzt weitergeht? Zumindest der Gottesdienstbetrieb in der großen Kirche ist durch das Feuer kaum eingeschränkt. Die Sonntagsgottesdienste finden wir gewohnt statt. Die Höhe des Schadens ist noch unklar. Aber wenn es um dessen Regulierung geht, wird das Ruhrbistum der Gemeinde zur Seite stehen, signalisiert Generalvikar Klaus Pfeffer bei seinem Besuch am Samstagmorgen. "Das Bistum Essen hat für solche Schadensfälle eine Rücklage im Haushalt gebildet", sagte Pfeffer. Ob die stolze Turmspitze samt Kreuz jedoch schon zur Feier des 100-jährigen Kirchenjubiläums im Sommer wieder als Landmarke über dem Essener Süden steht, bleibt vorerst offen. (tr)

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