von Thomas Emons | Maria Kindler

Klimapolitik zwischen Polarisierung und Sachlichkeit

Die Frage, wie Klimapolitik angesichts populistischer Instrumentalisierung und identitätspolitischer Gräben aus der Polarisierung herausgeführt werden und zu tragfähigen Lösungen führen kann, ohne dass die Gesellschaft auseinandertreibt, stand am Montagabend (17.2.2025) im Fokus der Jahresveranstaltung des Rates für Ökologie und Nachhaltigkeit des Bischofs von Essen in der Mülheimer Bistumsakademie „Die Wolfsburg“.

Klimapolitik muss sozial gerecht, wirtschaftlich sinnvoll und politisch tragfähig gestaltet werden.

Klimapolitik darf Gesellschaft nicht spalten und muss breite Akzeptanz finden.

Kirche will Räume für politische Bildung zu Umwelt- und Klimaschutz bieten.

Die Frage, wie Klimapolitik angesichts populistischer Instrumentalisierung und identitätspolitischer Gräben aus der Polarisierung herausgeführt werden und zu tragfähigen Lösungen führen kann, ohne dass die Gesellschaft auseinandertreibt, stand am Montagabend (17.2.2025) im Fokus der Jahresveranstaltung des Rates für Ökologie und Nachhaltigkeit des Bischofs von Essen in der Mülheimer Bistumsakademie „Die Wolfsburg“.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich trotz aller Dringlichkeit für eine sachliche Debatte über Umwelt- und Klimaschutz ausgesprochen und die gleichwertige Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in der Klimapolitik gefordert. Klimaschutz müsse sozial gerecht, wirtschaftlich sinnvoll und politisch tragfähig gestaltet sein, nur dann werde er eine breite Akzeptanz finden und die Gesellschaft nicht auseinandertreiben, sagte der Ruhrbischof am Montagabend in der Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim.

Overbeck diskutierte bei der von Akademiedozent Mark Radtke moderierten Veranstaltung mit der Sprecherin der Klimabewegung Fridays For Future, Linda Kastrup, und mit dem Chefredakteur des Internetportals „Klimafakten“, Carel Mohn.

Ratssprecher: Folgen des Klimawandels bedrohen unseren Wohlstand

Der Sprecher des Rates für Ökologie und Nachhaltigkeit und Leiter des Bereichs Klima der Mercator-Stiftung, Lars Grotewold, bezeichnete die Folgen des Klimawandels in seiner Begrüßung „als die größte Bedrohung unseres Wohlstandes“ und wies darauf hin, dass das Jahr 2024 das seit Beginn der Aufzeichnungen wärmste jemals gemessene Jahr gewesen sei.

Bischof Overbeck sagte, die Politik müsse „zustimmungsfähige Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen“ ergreifen, die realistisch umsetzbar seien. Radikale Protestformen wie Straßenblockaden halte er eher für kontraproduktiv. „Unsere ökonomischen Mittel sind zwar sehr begrenzt, aber wir gehen jetzt die nächsten Schritte", berichtete Overbeck im Hinblick auf die energetische Sanierung von Gebäuden im Bistum. Auch die Kirche sei in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten.

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit nicht gegeneinander ausspielen

Fridays For Future-Sprecherin Linda Kastrup unterstrich, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung den Klimaschutz befürworte. „Die Diffamierung aktiver Klimaschützer hilft nur der extremen Rechten“, sagte Kastrup. Sie warnte zugleich davor, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz gegeneinander auszuspielen. Kastrup plädierte für eine Nachschärfung der Klimaschutzgesetze, den Gas-Ausstieg und die Einführung eines Klimageldes, „um die Folgekosten der Klimaschutzmaßnahmen für sozial benachteiligte Menschen auszugleichen“. Als zentrale Maßnahmen nannte sie konkret den Ausbau der Windkraftinfrastruktur und ein Tempolimit auf Autobahnen.

Mohn: Gut mit erneuerbaren Energien, hinterher mit E-Mobilität

Auch der Chefredakteur des Internetportals „Klimafakten“, Carel Mohn, sieht in Deutschland eine breite gesellschaftliche Mehrheit für Umwelt- und Klimaschutz, die er auf rund 80 Prozent der Bevölkerung bezifferte. „Die Empörungsbereitschaft über die Klimakleber sagt schon viel über die Trägheit und das Beharrungsvermögen unserer Gesellschaft“, sagte Mohn. Er warnte davor, den Klima- und Umweltschutz unter den Generalverdacht der Wirtschafts- und Wohlstandsfeindlichkeit zu stellen und „die Ideologie des grenzenlosen Wachstums wie einen Fetisch vor sich her zu tragen“.

Während der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bereits auf 56 Prozent gestiegen sei und Deutschland damit auf einem guten Weg sei, hinke man insbesondere bei der abgasfreien Mobilität und bei der energetischen Gebäudesanierung hinterher. Von der neuen Bundesregierung wünsche er sich deshalb „ein konsequentes Vorantreiben der E-Mobilität“ und ein Verbot von Inlandsflügen.

Bischof: Kirche bietet Räume für politische Bildung

Bischof Overbeck griff eine Forderung Kastrups auf, die Kirche müsse Räume für politische Bildung schaffen. „Die Wolfsburg ist ein solcher Ort. Und auch wenn das Ende der Volkskirche und die Säkularisierung unserer Gesellschaft die Zahl solcher Räume reduziert, sehen wir uns als Kirche als Anwältin einer Seelsorge, die zur Gewissenschulung beiträgt, wenn es um Umwelt- und Klimaschutz geht“, betonte der Bischof.

Ein zentrales Fazit der Veranstaltung lautete, dass Klima- und Umweltschutzmaßnahmen nur dann breite gesellschaftliche Akzeptanz finden werden, wenn sie sozial gerecht, finanziell machbar und politisch tragfähig sind. Bischof Overbeck erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die globalen Klimaveränderungen unweigerlich auch die weltweite Migration weiter vorantreiben werden. Eine nachhaltige Klima- und Umweltpolitik sei somit auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit.

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen