von Thomas Rünker

Keine Kooperation mit Extremisten: Overbeck plädiert für klare Abgrenzungen

Unter der Überschrift „Stehen die Brandmauern?“ hat Bischof Franz-Josef Overbeck in der Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ mit der SPD-Landeschefin Sarah Philip und dem Parteienforscher Karl-Rudolf Korte über den Umgang mit politischem Extremismus diskutiert.

Bischof Overbeck plädiert für Kooperationsverbot mit extremistischen Parteien

Politische "Brandmauern" sind gerade auf kommunaler Ebene eine Herausforderung

Parteienforscher Korte erwartet trotz Wahlerfolgen von AfD und BSW weiter eine Bundestagsmehrheit für mittige Parteien

Egal ob im Bundestag, in Länderparlamenten, Stadt- oder Kreisräten: Eine Zusammenarbeit mit extremistischen Parteien sollte es auf keiner demokratischen Ebene geben. Das machte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck am Donnerstagabend in der Mülheimer Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ deutlich. Dies gelte gerade auch angesichts vereinzelter Kooperationen auf kommunaler Ebene. „Wir müssen das Ganze immer vom Ende her denken“, mahnte Overbeck in der Podiumsdiskussion „Stehen die Brandmauern?“ zum Umgang mit politischem Extremismus. Der Bischof wandte sich klar gegen den von völkischem Gedankengut geprägten „Neo-Nationalismus“ der AfD und verwies auf den entsprechenden Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz vom Frühjahr. Die Parteien der Mitte sollten sich jedoch künftig auch auf ein Kooperationsverbot mit dem neuen Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) verständigen, bei dem Overbeck vor allem in den Führungsstrukturen „Züge des Neo-Stalinismus“ kritisierte.

Overbeck diskutierte in der gemeinsam von der „Wolfsburg“ und der „BiB – Bank im Bistum Essen“ veranstalten Reihe „Dialoge mit dem Bischof“ gemeinsam mit der NRW-SPD-Chefin und Landtagsabgeordneten Sarah Philip aus Duisburg und dem aus den Medien bekannten Duisburger Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. „Aktuell stehen die Brandmauern“, sagte Korte und verwies auf eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, die das jüngere Abstimmungsverhalten in allen Kommunen Ostdeutschlands untersucht hat. Korte gab jedoch zu bedenken: „Die AfD ist jetzt vielerorts im Alltag angekommen. Wenn die AfD in einem Stadtrat oder Kreistag die Mehrheit hat und einen Antrag stellt, ist es schwer, einem AfD-Antrag nicht zuzustimmen.“ Zudem fehlten längere Erfahrungswerte, „die Situation kann sich noch ändern.“ Overbeck warb vor diesem Hintergrund für „einen neuen Schulterschluss unter den demokratischen Parteien“.

„Für uns gilt die Brandmauer, da haben wir gar nicht so lange diskutieren müssen“, sagte Philipp. „Das ist für uns als SPD klar.“ Und wenn vor Ort doch mal kooperiert würde, „muss man von oben sagen, dass das nicht geht. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass das zum Teil schwierig ist“, so Philipp. Mit ihrer Erfahrung als Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion warb sie für eine differenzierte Sichtweise: „Ich kann mich nicht davor schützen, dass die AfD für einen Antrag der SPD stimmt.“ Es gehe jedoch nicht, „dass ich mich vorab bei der Suche nach Mehrheiten mit der AfD abstimme“. Anders als die AfD sei das BSW „sehr, sehr neu“. Die SPD werde sich „anschauen, was da geht und was nicht“.

Parteien können jetzt mit klaren Profilen für sich werben

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition sieht Philipp nun „die große Chance, dass jede Partei mit einem klaren Profil zur Wahl antritt, niemand muss jetzt mehr eine Koalition verteidigen.“ Mit den anderen Parteien wünscht sie sich Diskussionen über die verschiedenen Konzepte für Deutschlands Zukunft „auf einem wertschätzenden demokratischen Niveau.“ Diese wünscht sich auch der Bischof: „Echter Streit hat einen hohen Wert, weil man dabei klare Kante zeigen und so einen Konflikt konstruktiv austragen kann.“

Korte zufolge war „Friedenspopulismus“ für das BSW bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland wahlentscheidend. „Freiheit war dort offensichtlich weniger wichtig als Frieden“, beschrieb der Wissenschaftler die Einschätzung dieser Wählergruppe. Trotz der Wahlerfolge von AfD und BSW bei den Wahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen erwartet der Parteienforscher für die Bundestagswahl keine extremistischen Mehrheiten. „Ja, die Versuchung des Autoritären hat eindeutig zugenommen“, konstatiert Korte. Andererseits sei „das deutsche Parteiensystem und unsere Demokratie klar abweichend von anderen europäischen Nationen. Wir setzen auf mittig, moderat und mittelmäßig. Wir lieben die Extremisten des Normalen.“ Bei den Hauptwahlen hätten bislang stets „80 bis 85 Prozent der Menschen mittige Parteien gewählt – und ich bin zuversichtlich, dass das auch bei der nächsten Wahl so sein wird“, betonte Korte.

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