"Ihre Armut schreit zum Himmel"

Den Blick auf die Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen und zu den Verlierern des Systems zählen, richtet Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck in seiner diesjährigen Weihnachtsbotschaft. Er ruft dazu auf, das eigene Leben an einem neuen Maß von Bescheidenheit zu messen und die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben.



Ruhrbischof ruft in seiner Weihnachtsbotschaft zu mehr Bescheidenheit auf

Das eigene Leben an einem neuen Maß von Bescheidenheit zu messen und die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben, dazu ruft Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck in seiner Weihnachtsbotschaft auf. Das Geheimnis des Weihnachtsfestes, an dem die Christen die Geburt Jesu feiern, sei „Gott in der Armut der Krippe“. Das Leben Jesu habe mit seiner Geburt in Armut begonnen und in der „Armut des Kreuzes“ sein Ende gefunden. „Das Weihnachtsfest spricht aus, worum es Gott für uns Menschen geht: um den Weg Gottes als Hinwendung zu den Armen“, so Overbeck.

In der heutigen hochkomplexen Gesellschaft gebe es „viele unnötige Ansprüche“. Der Maßstab müsse ein „Wachstum in Gerechtigkeit“ sein, das mehr sei als ein Wirtschaftswachstum, zitiert der Bischof Papst Franziskus. „In unserer Region beschäftigt Viele, so auch mich und unser Bistum, die konkrete Armut von Menschen, mit denen wir zusammenleben“, betont Overbeck. Er erinnert an Familien, an allein erziehende Mütter mit ihren Kindern und an Jugendliche, die zu den Bildungsverlierern gehören, an die Flüchtlinge und an die wachsende Zahl alleinstehender alter Menschen. „Sie alle gehören zu den Verlierern unseres Lebenssystems. Ihre Armut schreit zum Himmel“, so der Bischof.


Viele Gesichter der Armut

Wenn er vor Wochen auf die schwierigen wirtschaftlichen Entwicklungen in der Region aufmerksam gemacht habe, so sei dies aus Sorge um die Menschen geschehen, aus Sorge um ein Leben in Würde. Auch hier zeigten sich Formen von Armut wie etwa die trotz guter Konjunktur nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit. „Menschen werden Opfer eines Systems, das lernen muss, umzukehren, alte Gewohnheiten der Machtverteilung und Klientelwirtschaft aufzugeben, sich neu über gewohnte Grenzen hinweg zusammen zu schließen und in das zu investieren, was Zukunft hat“, betont Overbeck. Eine solche öffentlich wahrgenommene Verantwortung könne helfen, „den Gesichtern der Armut, die in unseren Städten oft so traurig, orientierungs- und hilflos, manchmal ohne Obdach für Leib und Seele, auf uns blicken, neue Zuversicht und Kraft zu schenken“, so der Bischof.


Das Geheimnis von Weihnachten

Doch er zeigt nicht nur mit dem Finger auf Andere, sondern richtet selbstkritisch den Blick auf die eigene Kirche. Auch die Katholiken lernten neu, im weitesten Sinne „arm“ zu sein, und erinnert dabei an den Missbrauchsskandal vor wenigen Jahren. Die aktuellen Ereignisse im Bistum Limburg hätten nicht nur das Finanzgebaren der Kirche auf den Prüfstand gestellt, sondern vor allem die Frage hervorgebracht: Wovon lebt die Kirche und wofür? Unbestreitbar werde viel Gutes getan, das hohe Anerkennung verdiene. „Es gibt in unserem Bistum und auf unserer Welt, weit über den Raum der Kirche hinaus, viele Menschen, die wach sind für die Armutsformen unserer Zeit, die um des Helfens willen Zeit und Kraft, Geld und Phantasie, Gebet und Einsatz zeigen und opfern“, unterstreicht der Bischof. Überall dort zeige sich „das Geheimnis von Weihnachten“, nämlich „der Gott in der Armut der Krippe“. Dieses vielfältige und selbstlose Engagement mache das Leben lebenswerter. „Dafür danke ich von Herzen und wünsche allen Menschen in unserem Bistum eine frohe und gesegnete Weihnacht“, so Bischof Overbeck. (do)


Predigt von Bischof Overbeck in der Christmette am Heiligen Abend, 24.12.2013, im Essener Dom

Predigt von Bischof Overbeck am 1. Weihnachtsfeiertag, 25.12.2013, im Essener Dom

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