„Helfen, was schwer zu tragen ist“

RuhrWort-Redakteur Martin Schirmers begleitete Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck während seines Besuches in Afghanistan. Mit vielen Eindrücken kehrte der Essener aus Kunduz und Mazar-e-Sharif zurück.

Termez, Usbekistan.
Auf den ersten Blick könnte es irgendwo am Mittelmeer sein: Palmen und Kakteen auf den Grünflächen vor einer Art Hotel. Mit Vogelgezwitscher und dem Zirpen der Grillen stellt sich bei sommerlichen Abendtemperaturen schnell Urlaubsstimmung ein. Ja, wäre Termez nicht eine Art Drehscheibe der deutschen Armee, der zentrale Umschlagplatz für den Personen- und Materialtransport über die nahe Grenze nach Afghanistan.

Nach über 5000 Kilometern empfängt ein entspannter Oberstleutnant die Delegation um Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck auf seiner ersten Auslandsreise zu deutschen Soldaten im Einsatz. „Bei uns hier geht es nicht so stressig zu, wir tragen keine Waffen“, sagt er und es klingt fast wie eine Entschuldigung. Rund 100 Soldaten und 33 Zivilisten sorgen auf dem Stützpunkt für einen reibungslosen Luftfahrtbetrieb, be- und entladen jeden Airbus und jede Transall, die startet oder landet.

Worauf der Oberstleutnant besonders stolz ist, das führt er den Gästen nach dem Abendessen vor: das soziale Engagement seiner Truppe vor Ort. Seit Jahren engagieren sich die Soldaten für ein Kinderkrankenhaus und eine Behindertenschule, in denen Kinder unter erbärmlichen hygienischen Verhältnissen leben müssen. „Zur Zeit setzen wir gerade ein Bad für 50 Kinder instand.“

Am nächsten Morgen wird es ernst. Der Airbus aus Köln-Wahn bleibt zurück, nach Afghanistan fliegt eine Transall – mit schwer bewaffneten Personenschützern an Bord.

Mazar-e-Sharif, Afghanistan.
Wer nach einem knapp 50-minütigen Flug im Landeanflug durch eines der wenigen kleinen Fenster blickt, fühlt sich an den Grundriss eines römischen Militärlagers wie in Xanten erinnert. So weit das Auge reicht quadratisch angelegte Straßenzüge mit Zelten und Containern als Unterkünfte sowie Hallen und Hangars zur Versorgung und für das Gerät. Bei strahlend blauem Himmel heben sich am Horizont rotbraun bis ockerfarben die Berge ab. Afghanistan muss ein schönes Land sein.

Mazar-e-Sharif ist der Sitz des Regionalkommandos Nord der Internationalen Schutztruppe (ISAF). Generalmajor Markus Kneip befehligt hier rund 3100 deutsche Soldaten und ist zugleich Kommandeur des Regionalkommandos Nord. In Mazar-e-Sharif gehören dazu unter anderem allein 7000 US-Soldaten.

Schräg gegenüber der Rollfelder signalisiert ein weiträumiger Steinbau etwas von Behaglichkeit, Geborgenheit. Hier sind die Oase und das Atrium untergebracht, Betreuungseinrichtungen für die Soldaten; und hier hat auch die Militärseelsorge ihren Platz: katholische wie evangelische Tür an Tür. Das "Haus Benedikt", eine zeltförmige Kapelle wird von beiden Konfessionen gemeinsam genutzt. Ein „Glücksfall“ sei das derzeitige Gespann, meint Militärdekan Joachim Simon, der die Verhältnisse kennt und zuständig ist für die Auslandspfarrer. Denn der evangelische Pastor Stephan Schmid und der katholische Pfarrer Andreas Vogelmeier ergänzten sich „prima“ zum Wohle der Soldaten.

Nach der Begrüßung durch General Kneip erzählt Militärpfarrer Vogelmeier bei einem Frühstück von seiner viermonatigen Arbeit. Wie er sich auf eine Taufe im Oktober freut und darauf, deutsche Soldaten in anderen Feldlagern mit seinem Pfarrhelfer zu besuchen. „Hier ist man den Menschen so nah wie fast in keinem anderen Bereich der Seelsorge“, ist er überzeugt. 80 Prozent Seelsorge, 20 Prozent Verwaltung, eine gute Mischung. Er hat die Zeit für Menschen, die nicht nur Heimweh, Hitze und Staub ausgesetzt sind, sondern einer starken Bedrohung. Sowie Schuldgefühlen, wenn sie schießen mussten. (Martin Schirmers)

Teil 2 des Reiseberichtes

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