Heinrich Brauns starb vor 75 Jahren

Vor 75 Jahren, am 19. Oktober 1939, starb der katholische Priester und Sozialpolitiker Heinrich Brauns. Als Vikar in Essen-Borbeck förderte er den Aufbau katholischer Arbeitervereine. Alle zwei Jahre wird im Bistum Essen der 1978 von Bischof Dr. Franz-Hengsbach gestiftete Heinrich-Brauns-Preis verliehen.



Der Priester und Politiker prägte die Sozialpolitik der Weimarer Republik

Er war ein Stabilitätsanker im chaotischen Politikbetrieb der Weimarer Republik. Heinrich Brauns diente acht Jahren lang - von 1920 bis 1928 - ohne Unterbrechung in zwölf Kabinetten als Reichsarbeitsminister, was ihm den Spitznamen "Heinrich der Ewige" einbrachte. Brauns prägte damit wie kaum ein anderer die Sozialpolitik der ersten deutschen Republik. Und das als katholischer Priester. Am 19. Oktober 1939, vor 75 Jahren, starb er an den Folgen einer Blinddarmentzündung im Allgäu.


Aufbau katholischer Arbeitervereine

1868 in Köln geboren, widmete sich der einzige Sohn eines Schneidermeisters schon früh Fragen der Arbeiterbewegung. Nach der Priesterweihe 1890 lernte er als Seelsorger aus nächster Nähe die Nöte der Arbeiter kennen. Als Kaplan in Krefeld und als Vikar in einer großen Bergarbeiterpfarrei in Essen-Borbeck förderte er den Aufbau katholischer Arbeitervereine. Dadurch geriet er in den Verdacht, ein "roter Kaplan" zu sein.

1900 wurde Brauns aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt. Franz Hitze, Nestor der katholischen Soziallehre, sorgte dafür, dass er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Zentralstelle des Volksvereins in Mönchengladbach berufen wurde. Dort organisierte er die Bildungsarbeit, die Führungskräfte für die christliche Arbeiterbewegung heranbildete. Zugleich kam Brauns in Kontakt zur Zentrumspartei.


Von 1903 bis 1905 schloss der Priester in Bonn und Freiburg ein Studium der Volkswirtschaft und des Staatsrechts an. Innerhalb der Kirche profilierte sich Brauns immer stärker in Richtung des Sozialkatholizismus. Das zeigte sich etwa im Gewerkschaftsstreit, in dem der Geistliche für überkonfessionelle christliche Gewerkschaften eintrat. Auch beim Streit um die Ausrichtung der Zentrumspartei machte Brauns nach dem Ersten Weltkrieg Vorschläge für eine einheitliche christliche Volkspartei - wie sie dann nach 1945 mit der CDU Wirklichkeit wurden. Allerdings vergeblich: Es blieb bis 1933 bei der katholischen Prägung des Zentrums.

Nach dem Ersten Weltkrieg entschied sich Brauns für die politische Bühne. 1919 wurde er in die Nationalversammlung und 1920 in den Reichstag gewählt, wo er sich als Sozialpolitiker rasch Meriten verdiente. Mit anderen Parlamentariern verhinderte er, dass sich der radikale Rätegedanke durchsetzte.


Integration der Arbeiter in Staat und Gesellschaft

Auch als Reichsarbeitsminister kämpfte Brauns für die Integration der Arbeiter in Staat und Gesellschaft, engagierte sich im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und förderte den Ausbau des Betriebsverfassungsrechts. Zugleich arbeitete er an der Weiterentwicklung des Tarifvertragsrechts und der Einführung der Arbeitsgerichtsbarkeit. Mit dem Gesetz über die Arbeitslosenversicherung von 1927 führte er die Bismarck‘sche Sozialpolitik fort. Auch über sein Amt hinaus wurde Brauns anerkannt: So organisierte er für die Reichsregierung heimlich den passiven Widerstand im Ruhrkampf.

Als 1928 der Sozialdemokrat Hermann Müller Reichskanzler wurde, entzog das Zentrum seinem Minister die Unterstützung. Brauns wurde stellvertretender Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses des Reichstags, von 1930 bis 1933 Vorsitzender. Zugleich wurde er von 1929 bis 1931 als erster Deutscher Präsident der Internationalen Arbeiterkonferenz in Genf. 1931 bestellte ihn Kanzler Heinrich Brüning zum Vorsitzenden einer Kommission, die nach Wegen zur Behebung der Arbeitslosigkeit suchen sollte.

Mit den Nazis setzte sich Brauns kompromisslos auseinander. 1931 sagte er im Reichstag, es sei nicht zulässig, die Sittlichkeit zu einer germanischen Frage zu machen. Zugleich verteidigte er das Recht der Kirche, die Parteigrundsätze der NSDAP zu verurteilen.

1933 geriet Brauns ins Visier der braunen Machthaber. Er wurde schikaniert, verleumdet und im Volksvereinsprozess angeklagt. Das Verfahren wurde 1935 eingestellt. Da er nicht mehr dem Reichstag angehörte, blieb ihm die Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz erspart.

Heute ist der engagierte Priester und Politiker fast vergessen. Allerdings stiftete der Essener Bischof, Kardinal Franz Hengsbach, 1978 den Heinrich-Brauns-Preis für Persönlichkeiten, die sich besonders für die katholische Soziallehre engagieren. Dieser Preis wird all zwei Jahre verliehen. (kna/do)

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