von Thomas Rünker

Gröhe wirbt für Kooperationen im Gesundheitswesen

Bundesgesundheitsminister warnt beim Sozialpolitischen Aschermittwoch in Essen vor einem Fachkräftemangel und anderen Folgen des demografischen Wandels für Medizin und Pflege.

Folgen des demographischen Wandels für Medizin und Pflege

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat angesichts des demografischen Wandels vor einem wachsenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen gewarnt. „Technik wird die Arbeit einer Krankenschwester erleichtern, aber nicht ersetzen – im Kern geht es immer um personale Zuwendung“, sagte der CDU-Politiker beim Sozialpolitischen Aschermittwoch des Bistums Essen und der Evangelischen Kirche im Rheinland. Rund 150 Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft waren der Einladung von Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeckund rheinischem Präses Manfred Rekowski in die Essener Auferstehungskirche gefolgt. Schon heute arbeiteten bundesweit rund fünf Millionen Menschen im Gesundheitswesen, „und der Bedarf steigt weiter an“, betonte Gröhe. Vor diesem Hintergrund warb der Minister für eine moderne Pflegeausbildung, um „auf Dauer das gute Personal, das wir haben, auch zu halten“. Aktuell diskutiert der Bundestag über einen Gesetzentwurf von Gröhe und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), nach dem die bisher getrennten Ausbildungen in Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zu einer allgemeinen Pflegeausbildung zusammengeführt werden sollen.

„Chance auf viele gute Jahre“

Gröhe warb in Essen dafür, „das Lied des demographischen Wandels nicht nur in Moll zu singen“. In erster Linie bedeute „die Chance älter zu werden, dass uns viele gute Jahre geschenkt werden“. Aber es gehe eben auch um veränderte Krankheitsbilder, räumte der Minister ein. Hier verwies Gröhe auf neue Anstrengungen in der Prävention: Seit Anfang des Jahres geben die Kranken- und Pflegekassen jährlich mehr als 500 Millionen Euro für die Gesundheitsförderung aus.

Mehr Kooperationen zwischen Krankenhäusern

Mit Blick auf die deutsche Krankenhauslandschaft muss es nach Ansicht des Ministers mehr Kooperationen, stärkere Spezialisierungen und einen Abschied vom Gedanken der Rundum-Versorgung in jeder Klinik geben. Gröhe sprach von „intelligenter Arbeitsteilung, nicht alles kann an jedem Ort geleistet werden“. Als Beispiel nannte er ein ländliches Krankenhaus, das sich zur Behandlung eines Schlaganfall-Patienten mit einer entfernten Uni-Klinik vernetzt. Dank moderner Kommunikationsmittel „können wir die Expertise – die wir nicht in 2000 deutschen Krankenhäusern vorhalten können – da wo sie ist, auch anderen Häusern verfügbar machen“, erläuterte der Minister. Dafür brauche es jedoch „neben der Spitzenleistung Einzelner mehr Zusammenspiel als Mannschaft“.

Dank des Ministers

Der Minister dankte den Kirchen für ihr Engagement als Träger von Krankenhäusern und Gesundheitsdiensten sowie für haupt- und ehrenamtliches Engagement in Hospizhilfe und Klinikseelsorge. „Die Kirchen sind nicht gleichsam sozialethische Mahner auf der Zuschauertribüne, sondern starke Träger wichtiger Gesundheitseinrichtungen.“

Bischof Overbeck: „Gute Gesundheitsversorgung erhalten“

Ruhrbischof Overbeck sagte am Rande der Veranstaltung, die Situation im Krankenhauswesen sei sehr herausfordernd, gerade für Kliniken in der Fläche. „Das Bistum Essen zeigt sehr deutlich, wie wichtig es ist, sich gut finanziell und wirtschaftlich aufzustellen, weil wir historisch zu den grundständigen Versorgern für alle Bevölkerungsschichten gehören.“ Mit Blick auf medizinische Entwicklungen seien neue Organisationsformen erforderlich. Solche Veränderungen gingen häufig mit Ängsten in der Bevölkerung einher. Die Kirche achte aber darauf, „dass alle eine gute Gesundheitsversorgung erhalten“.

Effiziente Gesundheitsausgaben

Die hohen Ausgaben für das Gesundheitswesen könne ein „starkes Land wie Deutschland“ auch langfristig tragen, sagte Minister Gröhe. „Wir geben rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Gesundheit aus – aber wir tun dies ziemlich effizient“, so Gröhe. Schließlich hätte jeder Bundesbürger Zugang zu diesem Gesundheitssystem. Der Politiker verwies auf die USA, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt deutlich mehr Geld für Gesundheit ausgäben. Dort würden aber große Teile der Bevölkerung nur in Notfällen medizinisch versorgt, was für die Gesellschaft am Ende deutlich teurer sei. „Hier ist die sozialere die wirtschaftlichere Variante“, argumentierte der Minister. Eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der deutschen Krankenkassenbeiträge durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen, stellte Gröhe indes nicht in Aussicht: Die Bundesregierung halte am bestehenden System fest, „weil sichere Arbeitsplätze die Grundlage für ein starkes Gesundheitssystem sind“, betonte der Minister.

Kontrapunkt der Kirchen seit 1998

Seit 1998 laden das Ruhrbistum und die Evangelische Kirche im Rheinland jährlich zum Sozialpolitischen Aschermittwoch. Mit der Veranstaltung wollen sie einen „Kontrapunkt zum Politspektakel der Parteien“ setzen und öffentlich für Solidarität und Gerechtigkeit in der Gesellschaft eintreten. Die Gesundheitspolitik stand dabei schon mehrfach im Mittelpunkt: 2003 sprach die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, 2006 der profilierte Mediziner und Ethiker Prof. Eckhard Nagel und 2014 der Gerontologe Prof. Andreas Kruse. (tr/kna)

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