„Gott im Abseits“
Mit dem Projekt „Gott im Abseits“ startet die Deutsche Bischofskonferenz heute das Anschlussformat des Projekts „Valerie und der Priester“, das vor wenigen Monaten mit einer positiven Bilanz endete. Mit neuen Protagonisten werden neue Begegnungen geplant: Junge, kirchenferne Journalisten treffen auf Menschen, die ihre Berufung zum Lebensinhalt machen und das persönliche Leben an ihrem Glauben ausrichten. Im Fokus steht hierbei das Engagement für Menschen im gesellschaftlichen Abseits. Die Akteure des Folgeprojektes sind Ordensleute und pastorale Mitarbeiter, die sich zum Beispiel für Obdachlose, Prostituierte, Strafgefangene oder Drogenabhängige einsetzen und als Seelsorger an ungewöhnlichen Orten tätig sind. So entstehen unterschiedliche Seelsorge-Portraits und Dokumentationen. Bei dem Projekt erfahren junge Medienschaffende eine ihnen bisher unbekannte Seite der Kirche.
„Gott im Abseits “ ist ein Projekt der Deutschen Bischofskonferenz und wird begleitet von Pfarrer Michael Maas, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz. „Aus zahlreichen Rückmeldungen, die wir zum Projekt ‚Valerie und der Priester‘ erhalten hatten, konnten wir ablesen, dass es tatsächlich gelungen ist, junge Menschen über Kirche und das Wirken eines Priesters ins Gespräch zu bringen“, so Pfarrer Maas. Mit „Gott im Abseits“ würden authentische Zeugen präsentiert, „die davon berichten, wie ihr Glaube sie dazu motiviert, Jesus Christus gerade dort zu bekennen, wo man es nicht vermutet und von außen betrachtet Gott kaum erwarten würde. Dies wird etwa bei der begleitenden Seelsorge in der Bundeswehr genauso wie im Gefängnis oder bei Suchtabhängigen sein.“ Im Mittelpunkt stehe dabei immer die Berufung der jeweiligen Person, die an diesen Orten den Glauben bezeuge. „Es wird die Frage sein, was sie für eine solche aufopferungsvolle Arbeit motiviert, und woraus sie für ihren Dienst Kraft schöpft. Zugleich wird auch deutlich, wie die Kirche dem Auftrag des Evangeliums nachkommt und sich für die Benachteiligten und Bedürftigen einsetzt – oder um es mit den Worten von Papst Franziskus zu sagen: ‚hinausgeht an die Ränder der Gesellschaft‘“, so Pfarrer Maas.
In der heute beginnenden ersten Staffel geht es um die Straßenambulanz in Frankfurt am Main: „Gott im Abseits – Gott am Straßenrand“. Bis Mitte November 2017 berichtet der Fernseh- und Radiojournalist Timm Giesbers über seine Erlebnisse in der Elisabeth-Straßenambulanz in Frankfurt am Main und portraitiert Schwester Karin Knötig und ihre Mitschwestern der katholischen Ordensgemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern (MMS). Die Ordensgemeinschaft hat sich der Armutsmedizin verschrieben und ermöglicht in Frankfurt medizinische Angebote für Obdachlose und Geflüchtete. Für seine Dokumentation hat Timm Giesbers im Sommer 2017 in der Kommunität der Missionsärztlichen Schwestern Frankfurt gelebt.
Hintergrund zum Auftakt „Gott im Abseits – Gott am Straßenrand“
Schwester Karin Knötig stammt aus einem Dorf im Bayerischen Wald und hatte schon früh Kontakt zum katholischen Glauben. Sie besuchte die Sonntagsmessen mit ihren Eltern, der Weg zu einem Leben in einer Ordensgemeinschaft war jedoch nicht vorbestimmt. In ihren Teenager-Jahren haben sich die Worte des Priesters in ihrer Gemeinde plötzlich inhaltsleer angehört: Schwester Karin hatte ihren Bezug zum Glauben ein Stück weit verloren. Sie machte eine Ausbildung zur Krankenschwester, denn anderen Menschen zu helfen, war immer ihr Wunsch. Die heute 39-Jährige hat dann über ihre Patienten wieder einen Bezug zu Gott gefunden. „Zu oft erzählten mir gerade ältere Patienten, sie hätten ihr Leben lang nur gearbeitet, jetzt seien sie endlich in Rente und krank. Das hat mich zum Nachdenken gebracht und ich dachte: Nein, da muss es doch noch mehr geben im Leben. Ich möchte mein Leben anders gestalten.“ So begann für Schwester Karin die Suche nach einem „Mehr“ in ihrem Leben, und dabei kam sie an der Frage nach Gott nicht vorbei. „Als mir mit der Zeit klar wurde, wie lebensförderlich die Nachfolge Jesu im Charisma der Heilung für mich ist, habe ich Kontakt zur Frankfurter Kommunität der Missionsärztlichen Schwestern aufgenommen und bin schließlich 2010 eingetreten.“ Heute steht sie kurz vor ihrer Ewigen Profess, also ihrer endgültigen Aufnahme in die Gemeinschaft.
Das Projekt ist für Schwester Karin auch eine Herausforderung. „Jemandem zu erklären, wieso ich glaube und dann noch dazu, warum ich das Ordensleben gewählt habe, das ist gar nicht so einfach. Ich muss versuchen, eine verständliche Sprache zu finden, für etwas, das sich gar nicht leicht erklären lässt.“ Aber sie ist auch froh darüber, bei einem Projekt mitwirken zu können, das zeigt, welche Stärke sich aus dem Glauben ergibt. „Meine Arbeit für Menschen am Rand der Gesellschaft bringt mich oft an die eigenen Grenzen. Aber mein Glaube gibt mir die Kraft und das Vertrauen, dass gerade dann Gott ins Spiel kommen kann.“
Timm Giesbers arbeitet als Reporter in Köln. Er kommt aus Cuxhaven und ist in Norddeutschland in einer atheistischen, der Kirche gegenüber kritisch eingestellten Familie aufgewachsen. Das hat ihn trotzdem nicht davon abgehalten, sich konfirmieren zu lassen. Gotteshäuser besucht der 24-Jährige nur als Tourist – eine Kerze anzuzünden, gehört für ihn dazu. Ein Leben für den Glauben wäre für den Journalisten nie infrage gekommen. Viel zu sehr fühlt er sich verwurzelt in einer zunehmend individualistischen Gesellschaft, der gerne Egoismus unterstellt wird, die aber gleichzeitig dem Einzelnen auch größtmöglichen Freiraum einräumt. Dieser Freiraum macht ihn glücklich, ein anderes Leben wäre für ihn völlig unvorstellbar.
Umso mehr war es ein Abenteuer, sich eine Zeit lang in eine Welt zu begeben, in der Regeln und klare Abläufe eine wichtige Rolle spielen. „Das ist natürlich das Reizvolle an meinem Beruf: Nicht nur, dass ich eine Weile mit den Schwestern lebe, sondern gleichzeitig bekomme ich die Möglichkeit, sie bei ihrer Arbeit mit Flüchtlingen und Obdachlosen – also Menschen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind –, zu begleiten.“ Timm Giesbers sagt, er wolle verstehen, wieso sich die Schwestern für dieses Leben entschieden haben und ob bei all der Aufopferung in ihrem Leben noch Platz für sie selbst ist. „Mir ist es wichtig zu verstehen, was den Menschen in seinem Leben glücklich macht – und in diesem Fall, ob ein Leben für Gott noch Freiheit zulässt.“
Hinweis:
Die primären Kanäle der Dokumentation sind die Sozialen Netzwerke: Auf Facebook (Facebook: Gott im Abseits (wird erst bei Publikation umgestellt) heute: www.facebook.com/valerieundderpriester), in dem Blog www.gott-im-abseits.de, auf medium.com, Twitter und YouTube dokumentieren die Journalisten ihre Erlebnisse.