von Thomas Rünker

Gäste aus Israel gestalten spannende Live-Politikstunde am Abtei-Gymnasium

Zehn Studierende aus Tel Aviv waren am Montag, 16. September 2024, im Bischöflichen Abtei-Gymnasium in Duisburg-Hamborn zu Gast. Mit Schülerinnen und Schülern haben sie über die Situation in Israel gesprochen, aber auch über gesellschaftliche Fragen in Duisburg.

Israelische Studierende diskutieren mit Abtei-Schülerinnen und -Schülern über Krieg, Migration und Geschlechtergerechtigkeit

Respektvolle Debatte trotz unterschiedlicher Standpunkte

Israelis fragen die Duisburger Jugendlichen nach ihrer Einstellung zur Demokratie

Politik, Erdkunde, Geschichte oder Religion? Die außergewöhnliche Schulstunde für die Jahrgangsstufen zehn und elf des Duisburger Abtei-Gymnasiums berührt am Montag die verschiedensten Fächer. Und zugleich ist sie so aktuell und persönlich, wie Schulunterricht nur selten sein kann. Zehn junge Studierende aus Israel sind an diesem Vormittag in der Aula zu Gast. Sie möchten den Jugendlichen aus Duisburg von ihrer Heimat erzählen, vom Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen und natürlich vom Krieg zwischen Israel und der Hamas, der seit dem Überfall der Terrororganisation auf Israel vor fast einem Jahr die Welt bewegt. Und sie möchten von den deutschen Jugendlichen wissen, wie sie leben und welche Herausforderungen sie für die deutsche Gesellschaft sehen.

Nach einer kurzen Begrüßung sitzen jeweils zwei Israelis in großen Stuhlkreisen acht bis 12 Schülerinnen und Schülern gegenüber. Für die Studierenden ist es bereits ihr fünfter Schulbesuch während ihrer einwöchigen Reise am Niederrhein. Sie haben mittlerweile Routine und wissen, dass eine kleine Vorstellungsrunde das ungewöhnliche Miteinander auflockert. „Seid nicht schüchtern, unser Englisch ist auch nicht das Beste“, ermuntert Hagar ihre Runde – und in der Tat kommt das Gespräch in diesem und in den anderen Kreisen erstaunlich zügig in die Gänge. Während sich der Austausch in der Runde von Hagar und ihrer Mitstudentin Ismiralda schnell um Migration, Duisburgs „Gastarbeiter“-Vergangenheit und die persönlichen Zuwanderungsgeschichten einzelner Schülerinnen und Schüler dreht, geht es in der Nachbarrunde um Fragen der Geschlechtergerechtigkeit. Die deutschen Jugendlichen und ihr israelischer Gast Julian entdecken schnell Parallelen: Auch in Israel verdienen Frauen im Durchschnitt deutlich weniger Geld als Männer. „Es gibt große Anstrengungen für Geschlechtergerechtigkeit“, sagt Julian, „aber gerade konservative Kräfte sind oft dagegen“. Da nicken zahlreiche Jugendliche. In der Runde nebenan erklären die Schülerinnen und Schüler ihren Gästen derweil, dass sie angesichts der hohen Wahlergebnisse der AfD in Thüringen und Sachsen besorgt sind um die Demokratie in Deutschland. Hier nicken die Israelis: Politisch radikale Kräfte, die die Gesellschaft destabilisieren, kennen sie auch von zuhause.

Fünf jüdische und fünf arabische Studierende

Die israelischen Studierenden besuchen alle das Academic College in Tel Aviv-Yaffo. Der Verein Kulturprojekte Niederrhein, der das College schon länger unterstützt, hat die Gruppe zu diesem von der NRW-Landesregierung finanzierten Austausch mit Schülerinnen und Schülern eingeladen. Für israelische Verhältnisse ist das College besonders, weil dort jüdische und arabische, säkulare und religiöse Israelis gemeinsam studieren. So besteht die Reisegruppe nicht nur aus fünf Frauen und fünf Männern, sondern auch aus fünf jüdischen und fünf arabischen Israelis.

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Der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober des vergangenen Jahres und die danach von Israel begonnenen Angriffe auf den Gaza-Streifen sind in allen Gesprächsrunden Thema. Alle sind sich einig, dass der Krieg so schnell wie möglich enden muss, dass es schrecklich ist, wie viele Menschen sterben, und dass die Geiseln, die die Hamas gefangen hält, befreit werden müssen. Doch bei den Details wird es in der Aula des Abtei-Gymnasiums schnell ähnlich kompliziert wie auf dem diplomatischen Parkett. Heftig ringen Hanna und ein Abtei-Schüler in ihrer Diskussionsrunde miteinander: Sie hat drei Jahre Wehrpflicht in der israelischen Armee hinter sich, er stammt aus einer palästinensischen Familie und lebt nun in Duisburg. Sie sagt, dass sie – auch als Soldatin – niemanden töten will, aber dass Israel sich verteidigen muss. Er fragt, warum es so viel mehr Todesopfer unter den Palästinenserinnen und Palästinensern im Gazastreifen gibt als in der israelischen Armee. Erstaunlich für Beobachter: Trotz einer sehr energischen Debatte, trotz unterschiedlichster Standpunkte (und Informationen) geht diese Runde ausgesprochen respektvoll miteinander um, entschuldigt sich zum Beispiel, wenn man einander unterbricht, und legt Wert darauf, sich ausreden zu lassen.

Julian: „Am Ende haben wir doch alle ziemlich ähnliche Ziele im Leben“

So bleibt am Ende vor allem der Stil als „Ergebnis“ dieser Diskussionsrunden hängen: Hier sind junge Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen, die in dieser Schulstunde das gegenseitige Interesse aneinander miteinander verbunden hat. Inhaltlich dominieren derweil Aussagen wie „der Krieg ist kompliziert“, „es gibt mehr als zwei Seiten“ und „Vorsicht mit Infos über Social Media!“ die abschließende Reflexionsrunde. „Am Ende haben wir doch alle ziemlich ähnliche Ziele im Leben“, fasst Julian die Inhalte der Runden zusammen. Beispielhaft nennt er Demokratie und multikulturelle Gesellschaften, den Glauben an ein göttliches Wesen – für das es verschiedene Namen gibt – und natürlich Frieden. „Seid herzlich willkommen in Israel, wenn der Krieg vorbei ist und die Geiseln wieder zuhause sind“, verabschiedet sich Julian im Namen der Gruppe von den Schülerinnen und Schülern des Abtei-Gymnasiums.

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