Einheit in Vielfalt: Bischof Overbeck über die Herausforderung der Weltsynode
Mitglied der deutschen Delegation bei der Weltsynode ist Bischof Franz-Josef Overbeck. Im Interview blickt der Ruhrbischof auf die kommenden Beratungen und gibt eine erste Einschätzung zu den Erwartungen an diese Synode.
Mit welchen Erwartungen reisen Sie zur Weltsynode nach Rom?
Overbeck: Die Weltsynode beschäftigt sich vor allem mit der sehr grundsätzlichen Frage, was eine synodale Reform der Kirche eigentlich bedeutet und wie sie gelingen kann. Synodalität heißt vom Ursprung des Wortes her „ein gemeinsamer Weg.“ Auf diesem gemeinsamen Weg werden wir sicherlich einige nächste Schritte gehen. Wir sehen mit Blick auf die verschiedenen Ortskirchen weltweit jedoch eine große Ungleichzeitigkeit, auf die wir hierbei angemessen reagieren müssen. Ich halte es für angeraten, ein großes Spektrum zu eröffnen und unterschiedliche regional-kulturelle Lösungen zuzulassen. Wir müssen dafür sorgen, dass Einheit durch Verschiedenheit und in Verschiedenheit möglich wird. Der Ständige Diakonat, den Paul VI. ermöglichte, ist dafür ein gutes Beispiel. Er ist heute bei uns selbstverständlich, in anderen Teilen der Weltkirche aber noch überhaupt nicht angekommen. Trotzdem leben wir gut damit. Wenn es uns noch besser gelingt, Einheit und Vielfalt der Kirche auf diese Weise synodal zusammenzubringen, sodass wir ortskirchlich nächste Schritte gehen könnten, wäre schon sehr viel erreicht.
Wie sehr hat das von Papst Franziskus 2021 auf den Weg gebrachte Reformprojekt Synodalität die Weltkirche bereits verändert?
Overbeck: Synodalität ist eines der großen, wenn nicht gar das große Thema des Pontifikats von Papst Franziskus. Er beschreibt Synodalität immer wieder als konstitutive Dimension der Kirche sowie als geistlichen Prozess des gemeinsamen Hörens und des Unterscheidens. Es geht einerseits darum, Synodalität als wesentliches Strukturprinzip der Kirche zu verstehen. Andererseits ist Synodalität auch eine Haltungsfrage und ein Ruf an alle Gläubigen, Verantwortung zu übernehmen. Wie können wir die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums deuten und unser Handeln daran ausrichten? Ich bin mir sicher, dass diese beiden wichtigen Perspektiven bleiben werden und wir uns in Zukunft noch mehr mit dem Verhältnis von Hierarchie und Synodalität sowie von Einheit und Vielfalt auseinandersetzen müssen, gerade auch mit Blick auf die Kirchen vor Ort. Hierarchie und Synodalität bilden keine unversöhnlichen Gegensätze, genauso wenig wie Einheit und Vielfalt.
Ist schon erkennbar, welche Ergebnisse die Weltsynode am Ende haben wird?
Zu diesem Zeitpunkt ist es noch zu früh, um über Ergebnisse zu spekulieren. Wir müssen nach dem Ende der Weltsynode zunächst das nachsynodale Schreiben des Papstes abwarten. Dann werden wir sehen, welche Eigendynamiken die Kirchen vor Ort entwickeln können. Diese Entwicklungen werden sich ganz sicher nicht zentral steuern lassen, denn dafür ist die Themenvielfalt und Themengewichtung in den Ortskirchen einfach zu groß bzw. zu unterschiedlich. Im Bistum Essen werden wir den eingeschlagenen Weg auf jeden Fall gemeinsam weitergehen und uns den Themen stellen.