von Thomas Rünker

„Eine Befreiung hin zu einer neuen Kultur und einer neuen Form der Politik“

Bischof Overbeck äußert sich zum Kriegsende am 8. Mai vor 75 Jahren zum deutschen und europäischen Neuanfang nach 1945 und zum neuen Blick auf die katholische Kirche während der Nazi-Zeit.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 sei „eine Befreiung hin zu einer neuen Kultur und einer neuen Form der Politik gewesen“, sagt Bischof Franz-Josef Overbeck mit Blick auf den 75. Jahrestag des Kriegsendes am Freitag. So hänge „die ganze Entwicklung, die Europa genommen hat, wesentlich mit den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs zusammen“. Europa sei „ein Friedensprojekt. Das zeigt sich am 8. Mai noch einmal deutlich“. Friede habe dabei „viel mit Verständigung, Gerechtigkeit und Ausgleich, aber eben auch mit Wohlfahrt und Rechtsstaatlichkeit zu tun“.

Dass die katholische Kirche und ihre Bischöfe mit dem Abstand von 75 Jahren heute deutlich kritischer auf das Verhalten der Kirche im Nationalsozialismus schauten zeige, dass „Geschichte immer ein Prozess ist, der mit Lernen und mit Verantwortung zu tun hat“, so Overbeck. Ende April hatte die Deutsche Bischofskonferenz ein eigenes „Wort: Deutsche Bischöfe im Weltkrieg“ veröffentlicht, in dem sie sich durchaus kritisch zum Verhalten einzelner Bischöfe in den Kriegszeiten äußern.

75 Jahre nach Kriegsende sei der wichtigste Auftrag für Gesellschaft und Kirche der erste Artikel des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar, so Overbeck. „Diesem Satz können wir Christen uns gut anschließen: Diese Würde kommt für uns von Gott – und sie gilt für jeden Menschen.“ Von daher sei es bedeutsam, „dass wir den Rechtsstaat leben, dass wir ihn sozial leben und dass wir ihn gerade mit Blick auf die am Rande Stehenden leben“. Einen immer mal wieder geforderten „Schlussstrich“ unter Diskussionen über die deutsche Verantwortung im Zweiten Weltkrieg könne es keinesfalls geben, betont der Bischof: „Es gibt keinen Schlussstrich unter die Geschichte, erst recht keinen Schlussstrich unter eine so immense Schuldgeschichte mit so grauenhaften Taten, die bis in das Heute nachwirken.“ Nötig sei vielmehr „ein Weg hin zu mehr Frieden und mehr Versöhnung, zu mehr Verantwortung für die Gleichheit, die Freiheit und die Würde aller Menschen“.

Gottesdienst und Konzert zum 75. Jahrestag

Dem Kriegsende vor 75. Jahren gedenkt das Bistum Essen mit einem Gottesdienst und einem Konzert – beides angesichts der Corona-Pandemie in ungewöhnlicher Form:

Am Freitagabend, 8. Mai, feiert die Bistumsakademie „Die Wolfsburg“ einen Wort-Gottesdienst mit Texten, Gebeten und Musik zum Thema Frieden. Dieser „hOra“-Gottesdienst wird aufgezeichnet und steht ab Freitagabend oder Samstagmorgen als Video auf der Internetseite der „Wolfburg“ zum Abruf bereit. „Wolfsburg“-Direktorin Judith Wolf und Dozent Jens Oboth sprechen die Texte, die musikalische Gestaltung übernimmt Bastian Ruppert mit E-Gitarre und Loopstation. Zudem spricht Generalleutnant Dr. Ansgar Rieks, Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe, ein Glaubenszeugnis.

Bereits ab Freitagmittag ist auf der Homepage des Bistums sowie auf YouTube- und Facebook ein Video eines besonderen Dom-Konzerts zu sehen: Die Essener Domsingknaben und die Essener Philharmoniker spielen zum 8. Mai gemeinsam das Lacrimosa aus dem Mozart-Requiem.

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