Ein Haus wird zum letzten Rettungsanker

Der Alkohol hat bei ihnen "ganze Arbeit" geleistet, hat körperliche und seelische Schäden verursacht. Das Leben ist total aus den Fugen geraten und wird für manche zu einem Überlebenskampf. Das Blomenberg-Haus der Caritas Bochum hilft chronisch abhängigkeitskranken Menschen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen - ohne Suchtmittel.

Das Blomenberg-Haus der Caritas Bochum betreut langjährige Alkoholiker

Der Alkohol hat sie fast das Leben gekostet. Über zwanzig Entgiftungen und verschiedene Therapien hat die 47-jährige Roswita M. in den letzten zehn Jahren hinter sich gebracht. Dennoch wird sie immer wieder rückfällig. Irgendwann ist sie körperlich und seelisch völlig am Boden. Mit einem letzten Funken Überlebenswillen entschließt sich zu einer stationären Langzeittherapie. Seit Anfang des Jahres lebt sie jetzt im Blomenberg-Haus, einem sozialtherapeutischen Wohnheim der Caritas Bochum für chronisch abhängigkeitskranke Menschen in Bochum-Grumme.

Die Männer und Frauen, die dort betreut werden, haben alle eine ähnliche Geschichte wie Roswita: langjährig suchtkrank haben sie in der Regel bereits etliche Hilfsangebote durchlaufen. Doch ohne Erfolg. Durch die Suchtkrankheit haben sie ihre Arbeit verloren, nicht selten auch die Wohnung. Nach und nach sind alle familiären und sozialen Bindungen in die Brüche gegangen. Körper und Psyche sind durch den Alkoholmissbrauch gezeichnet. Im Blomenberg-Haus lernen sie, ihr Leben und den Alltag wieder in den Griff zu bekommen – ohne den Alkohol.

"Voraussetzung ist, dass unsere Bewohner dauerhaft abstinent bleiben", verdeutlicht Friedhelm Jost, Sozialtherapeut und Leiter der Einrichtung, die Konzeption. Dass das gelingen kann, belegen die statistischen Zahlen. So mussten in den letzten fünf Jahren lediglich zwei Personen das Blomenberg-Haus wieder verlassen, weil sie wiederholt gegen das Abstinenz-Gebot verstoßen haben. Auch Margret P. hat es geschafft. Sie lebt seit 2001 in dem sozialtherapeutischen Wohnheim an der Bergstraße und hat seitdem nie wieder einen Tropfen Alkohol zu sich genommen. "Das Blomenberg-Haus ist für mich inzwischen mein Zuhause. Ich bin hier immer in Gesellschaft und habe gar keinen Grund, wieder mit dem Trinken anzufangen."


Überleben sichern und Zustand stabilisieren

Die 66-jährige gelernte Näherin gehört zum so genannten "Langzeitbereich" der Einrichtung. Bei den 20 Männern und Frauen, die hier betreut werden, hat der Suchtmittelmissbrauch das Gehirn geschädigt. Die Abbauprozesse sind so weit fortgeschritten, dass die Rückkehr in eine eigene Wohnung nicht mehr möglich ist. "Bei diesen Bewohnern geht es vor allem darum, ihr Überleben zu sichern und ihren Zustand so zu stabilisieren, dass sie ein menschenwürdiges Dasein führen können und neue Lebensqualität erlangen", erklärt Friedhelm Jost. Dazu steht den Betroffenen rund um die Uhr ein multiprofessionelles Team aus Sozialarbeitern mit suchtspezifischer Zusatzausbildung, Arbeitstherapeuten, Krankenpflegern, Wirtschafterinnen sowie eine Verwaltungskraft zur Seite. Zum therapeutischen Angebot gehören die umfassende Betreuung im Alltag, Unterstützung bei lebenspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Gesundheitsfürsorge, Förderung im Rahmen von Beschäftigungstherapie, Training von Sozialverhalten und die Anleitung zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung.

Der Zustand von Margret P. hat sich inzwischen so verbessert, dass sie vor drei Jahren in eine Außenwohnung in der Nähe der Einrichtung umziehen konnte. Hier versorgt sie sich zusammen mit einem anderen Bewohner weitgehend selbstständig. Aber sie nimmt weiterhin am täglichen Therapieprogramm und den Freizeitangeboten im Haupthaus teil. Auch einige neue soziale Kontakte hat sie knüpfen können. Ein Mal in der Woche geht sie beispielsweise zur Guttempler-Gemeinschaft und trifft sich täglich mit einer anderen Bewohnerin zum Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel.


Rückfall als Chance

Roswita M. möchte hingegen irgendwann wieder ohne das Blomenberg-Haus zurechtkommen. Sie wird deshalb im "Rehabilitationsbereich" betreut und wohnt in einem Einzelappartement. Ihren Haushalt, ihre Finanzen und Behördengänge regelt sie eigenständig. Demnächst wird die ausgebildete Altenpflegerin sogar ein Betriebspraktikum im Seniorenzentrum der Caritas machen. Zwar ist sie vor Kurzem rückfällig geworden, doch für Friedhelm Jost und die anderen Mitarbeiter des Wohnheimes ist das keine Katastrophe. "Ein Rückfall birgt immer auch die Chance, aus dem Geschehenen zu lernen und sich weiterzuentwickeln."

Trotz einer langen Suchtkarriere blickt Roswita M. voller Zuversicht in die Zukunft: "Hier im Blomenberg-Haus hat für mich ein neues Leben angefangen." In kleinen Schritten versucht sie, wieder Fuß zu fassen. Dazu gehört auch die Kontaktaufnahme zu ihren Töchtern. Wegen der Suchterkrankung haben sie den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen. Nachdenklich sagt Roswitha M.: "Ich habe immer gedacht, ich schaffe das alleine. Dabei bin ich immer tiefer gesunken. Ich kann nur allen anderen raten, frühzeitig professionelle Hilfe anzunehmen." (cde/do)

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