„Du bist ein Christ – auf dich kann man sich verlassen“

Dürftige Ernten führen im Niger zu großen Hungersnöten. Hilfe zur Selbsthilfe leistet vor Ort die Caritas et Développement (CADEV). Was das konkret bedeutet, darüber sprach Misereor-Aktionsgast Raymond Yoro bei seiner Rundreise durch das Bistum Essen auch im Bischöflichen Generalvikariat.



Misereor-Aktionsgast Raymond Yoro aus dem Niger zu Gast im Bis-tum Essen

Raymond Younoussi Yoro
hat kein Problem damit, dass der Winter in Deutschland noch einmal Einzug gehalten hat. Im Gegenteil: So sieht er zum ersten Mal in seinem Leben Schnee. Doch Schnee ist nicht der eigentliche Grund, warum Yoro zurzeit in Deutschland unterwegs ist. Als Misereor-Aktionsgast reist er durch die deutschen Bistümer, um über die Situation in seiner Heimat, dem Niger, sowie seiner Arbeit dort als Nationaler Exekutivsekretär von Caritas et Développement (CADEV) zu berichten. Das Land steht im Fokus der diesjährigen Misereor-Fastenaktion „Wir haben den Hunger satt!“.

„Einer der Gründe für die große Hungersnot in Westafrika ist, dass es dort kaum Anbauflächen für die Landwirtschaft gibt“, erklärt Yoro. Dem trockenen Klima entsprechend bestehen weite Flächen des Landes aus Sand- oder Steinwüsten. Als Folge einer fünfjährigen Dürreperiode zwischen 1969 und 1974 sank überall der Grundwasserspiegel, was auch heute noch zur Trinkwasserknappheit führt. Die natürliche Vegetation ist teilweise abgestorben oder wurde durch Viehbestände vernichtet. Zu den extremen Auswirkungen des Klimawandels kommt ein rasches Wachstum der Bevölkerung. „Für immer mehr Leute gibt es immer weniger zu Essen, erzählt der Aktionsgast.

Die Bekämpfung der Nahrungsmittelunsicherheit – das ist das Ziel von CADEV. Das katholische Hilfswerk ist ein langjähriger Partner von Misereor und hat durch die Begleitung der Bauern eine große Entwicklung angestoßen, die den Weg aus der Armut weist. „Ein Problem sind die hohen Lebensmittelpreise“, erklärt Yoro. Weil die Familien arm sind, müssen sie ihre geringen Ernteerträge sofort zu Dumping-Preisen verkaufen. „Das spielt Spekulanten in die Hände, die die Nahrung zu Spottpreisen einkaufen und später wieder zu Wucherpreisen auf den Markt bringen“. Eine Maßnahme von CADEV ist die Errichtung von Getreidespeichern, die in ertragreichen Zeiten mit Hirse gefüllt werden. Die Menschen können dort das Korn dann zum halben Preis kaufen.

Darüber hinaus leistet CADEV vor allem Hilfe zur Selbsthilfe und stellt den Familien Wissen über den Gemüseanbau, aber auch die entsprechende Technologie und die notwendigen Arbeitsgeräte zur Verfügung. „Wir erklären ihnen, welche Gemüsesorten man auch während der Regenzeit anbauen kann oder wie sich Regenwasser in Gräben auffangen und speichern lässt“, erzählt Yoro. Außerdem gilt es, die Einwohner für die Ressourcenknappheit zu sensibilisieren: Da die meisten Menschen auf einem offenen Feuer kochen, ist Holz ein knappes Gut. CADEV setzt sich dafür ein, dass zumindest die Nigrer in den Städten über einen Gaskocher verfügen.

Im Niger gehören nur rund 16.000 Menschen der Katholischen Kirche an. Ein Problem für die Arbeit des katholischen Hilfswerkes ist das nicht. „Eher im Gegenteil“, sagt Yoro. „CADEV ist für alle Menschen da, die Hilfe brauchen – egal, welcher Religion sie angehören“. Und auch das Zusammenleben der Menschen im Alltag sei weitgehend friedlich. „Viele Muslime haben sogar großen Respekt vor uns. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass man sich auf das verlassen kann, was ein Christ gesagt hat.“

Yoros Motivation, sich für die Landwirte im Niger einzusetzen, ist in seiner eigenen Biografie begründet. Er wurde 1960 als Sohn eines Landwirtes geboren und fühlt sich auch heute immer noch stark mit dem ländlichen Raum verbunden. „Meine Leidenschaft ist die Arbeit mit der Erde“, betont der Aktionsgast. „Ich selbst kultiviere heute ein kleines Stück Land und pflanze Reis, Hirse und Bohnen an“. Als Bauernsohn sei er schon früh mit den klimatischen Schwankungen konfrontiert worden, die im Niger äußerst heftig sein können. „Meine Vision ist, trotz der widrigen klimatischen Verhältnisse gemeinsam Möglichkeiten zu finden, unsere Land- und Viehwirtschaft so anzupassen, dass wir den Hunger endgültig besiegen können“, erzählt der Nigrer. Auch wenn das Ziel noch weit weg zu sein scheint, geht es jeden Tag einen Schritt voran. „Ich weiß, dass der große Durchbruch nicht über Nacht kommt. Aber die kleinen Erfolge bestätigen mich immer wieder auf meinem Weg und geben mir die Kraft, weiterzumachen“. (ms)

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