von Thomas Rünker

Digitale Transformation im Klassenzimmer: Bildung mit Tablets, Beamer und KI

In einem aufwendigen Umbauprozess hat das Bistum Essen in den vergangenen sieben Jahren seine sieben eigenen Schulen in Essen, Duisburg und Gladbeck fit für den digitalen Unterricht gemacht. Die insgesamt rund sieben Millionen Euro für Serverräume, WLAN-Technik und rund 6000 digitale Endgeräte stammen größtenteils von Land und EU, rund 1,4 Millionen Euro hat das Bistum jedoch auch aus eigenen Mitteln beigesteuert.

Bistum Essen modernisiert sieben Schulen mit Glasfaser, Serverräumen und digitalen Tafeln.

Digitale Endgeräte ersetzen zunehmend klassische Schulmaterialien wie Kreide und Plakate.

Rund 6000 Tablets und PCs sowie 160 digitale Tafeln werden zentral verwaltet und eingerichtet.

Gesellschaftslehre steht bei der 7d auf dem Stundenplan – und im Klassenraum der Bischöflichen Sekundarschule am Stoppenberg in Essen herrscht gute Laune. Vielleicht, weil die 12- und 13-Jährigen heute einmal selbst Lehrerinnen und Lehrer spielen dürfen: Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) sollen sie ein Arbeitsblatt zum Thema „Oasen“ erstellen und es dann mit einer kopierten Vorlage aus einem Buch vergleichen. In Zweierteams machen sie sich ans Werk, wählen sich mit ihren iPads in ein kindgerechtes KI-Programm ein, stellen der App die nötigen „Prompt“-Fragen, erhalten erste Texte – und geraten bei Bildern hier und da ins Schwimmen: „Wenn ihr nur nach ,Oase‘ sucht, erhaltet ihr manchmal eine Saunalandschaft“, sagt Lehrerin Bettina Drees. Bessere Ergebnisse gebe es mit konkreteren Angaben, zum Beispiel „Oase mit Wüste und Palmen“.

Dass die Kinder der 7d routiniert mit ihren iPads umgehen, die Aufgabe vorn mit einem Beamer an die Wand geworfen wird und sich Drees die fertigen Arbeitsblätter später über die digitale Kommunikationsplattform „Teams“ zuschicken lässt, hat nichts mit dem Thema KI zu tun. „Das machen wir auch in anderen Fächern so“, sagen Samira und Lina in der letzten Reihe. Ob Mathe, Englisch oder Religion: Nach wie vor lernen die Kinder gelegentlich auch mit Heften und Büchern – aber immer häufiger kommen die Aufgaben direkt aufs iPad. Und die fertigen Lösungen landen bei Bedarf für alle sichtbar auf der weißen Projektionsfläche hinter der Tafel. Dafür verbinden die Kinder ihr iPad von ihrem Platz aus kabellos mit dem Beamer. Kreide wird da immer seltener benötigt. Und wo ganze Schülerinnen- und Schülergenerationen ihre Referate mit aufwendig von Hand erstellten Plakaten unterstützt haben, gehört heute ein professionelles Präsentationsprogramm zur Standardausstattung der Schul-iPads.

„Das größte Projekt, das wir je gemacht haben“

Was heute in der 7d fast spielerisch aussieht ist das Ergebnis eines gut sieben Jahre dauernden und rund sieben Millionen Euro teuren Kraftakts, in dem die IT-Abteilung des Bistums Essen alle sieben Schulen in Trägerschaft des Bistums für das digitale Lernen ausgestattet hat: die Sekundarschule und das benachbarte Gymnasium in Essen-Stoppenberg, das Mariengymnasium in Essen-Werden, das Essener Nikolaus-Groß-Weiterbildungskolleg, die beiden Duisburger Gymnasien Abtei und St.-Hildegardis sowie die Jordan-Mai-Förderschule in Gladbeck. Seit 2017 hat sich das Bistum konsequent auf immer neue Förderprogramme der NRW-Landesregierung und der EU beworben und – verbunden mit Eigenmitteln von insgesamt rund 1,4 Millionen Euro sowie den Personalressourcen der eigenen IT-Abteilung – nach und nach die nötige IT-Infrastruktur für echtes digitales Lernen geschaffen. „Das ist mit Abstand das größte Projekt, das wir je gemacht haben“, sagt Markus Strack vom IT-Team Schulen des Bistums, zu dem auch Jonas Hunder und Udo Martinetz gehören.

Mit Mitteln aus dem Programm „Gute Schule 2020“ hat das Bistum ab 2017 „erst einmal in jeder Schule einen klimatisierten Serverraum eingerichtet“, berichtet Strack. Parallel dazu gab’s für alle Schulen Glasfaseranschlüsse für schnelles Internet und die weitere nötige hausinterne Infrastruktur. Drei Jahre später brachte der Digitalpakt Schule neue Fördermöglichkeiten. Mit dem Geld – immer ergänzt um einen Eigenanteil des Bistums – „haben wir unter anderem EDV-Schulungsräume eingerichtet“, erinnert sich Strack. Dass diese Computerräume in Zeiten von Schul-iPads heute kaum noch gebraucht werden zeigt, wie dramatisch sich die Digitalisierung in den vergangenen fünf Jahren entwickelt hat – auch befeuert durch die Corona-Pandemie. Erst während der Pandemie flossen dann Coronahilfen, um zunächst jeder Lehrkraft und bedürftigen Schülerinnen und Schülern ein digitales Endgerät zu finanzieren. Bis dahin waren viele Homeschooling-Aufgaben notgedrungen auf dem privaten Rechner entstanden.

Ein weiteres EU-Programm ermöglichte schließlich die echte Digitalisierung des Unterrichts – egal ob zuhause oder im Klassenraum –, also die Anschaffung von Tablet-Computern für jede Schülerin und jeden Schüler. „Das Programm orientierte sich jedoch an Sozial-Indizes und galt nur für vier unserer sieben Schulen“, berichtet Martinetz, der die Finanzierung der verschiedenen IT-Teilprojekte betreut hat. Also finanzierte das Bistum mit einer Million Euro aus eigenen Mitteln die nötigen Investitionen an den Schulen, die die EU nicht unterstützt hat.

Jede Schule hatte andere technische Anforderungen

Dabei ist die technische Ausstattung der sieben Bistums-Schulen durchaus unterschiedlich, betonen Strack und Martinetz, weil die Lehrkräfte an den Schulen teils unterschiedliche Anforderungen formuliert hätten. So gibt es neben zahlreichen iPads von Apple zum Teil auch das Microsoft-Pendant Surface. Einige Schulen wollten alle Kreidetafeln ausbauen, andere wollten von zwei Tafeln eine mit Kreide erhalten und eine durch eine digitale Tafel („Active-Panel-Board“) ersetzen. „Überall gibt’s jetzt gute Laser-Beamer oder digitale Tafeln, die funktionieren auch bei Sonnenschein“, erklärt Strack mit einem Schmunzeln – nicht, dass Schülerinnen und Schüler zur Mittagszeit auf einen helligkeitsbedingten Ausfall des digitalen Unterrichts hoffen.

Martinetz lässt durchblicken, dass das ganze Projekt neben der technischen auch eine kaufmännische Dimension hatte, die selbst für ein großes Bistum alles andere als Alltag ist. Immerhin sind am Ende allein rund 5500 digitale Endgeräte angeschafft – und zuvor natürlich EU-weit ausgeschrieben worden. Diese Tablets – und rund 500 weitere Computer an den Schulen - muss nun niemand mehr von Hand einrichten – da helfen jetzt die Serverräume in den Schulen: „Bei einem Rollout werden alle Geräte automatisch mit den nötigen Apps bestückt, nachdem diese über eine Softwareplattform wunschgemäß vordefiniert werden“, erläutert Strack. Auch das Zurücksetzen zurückgegebener Geräte funktioniert automatisch, bzw. über einen Knopfdruck in der Verwaltungsplattform aus der Ferne. Hinzu kamen gut 160 digitale Tafeln und über 80 Laserbeamer-Systeme mit Apple-TV, die ebenfalls in einer separaten, europaweiten Ausschreibung beschafft wurden und nun – wie die Tablets – zentral vom IT-Team Schulen des Bistums verwaltet werden.

In der 7d an der Sekundarschule neigt sich die Stunde zu „KI“ mittlerweile dem Ende zu. Aurelia präsentiert ihr Ergebnis. Sie ist mit ihrem KI-Arbeitsblatt zufrieden, es sei jedenfalls nicht schlechter als die Vorlage. Lehrerin Drees erklärt: „Mittlerweile erstellen viele Lehrerinnen und Lehrer Arbeitsblätter mit KI, schicken Sie euch, sammeln sie über Teams wieder ein, lassen sie mit KI korrigieren. Meint ihr, ihr würdet merken, wenn ein Arbeitsblatt mit KI erstellt wurde?“ Die Klasse reagiert mit Achselzucken: Klar, bei Bildern gibt’s immer mal wieder Probleme und Auffälligkeiten, „bei Texten merkt man’s vielleicht am Schreibstil“, vermutet einer. Aber sicher sind sie sich nicht. Drees erzählt aber auch, dass sie als Mathe-Lehrerin letztens ein Arbeitsblatt zur Flächenberechnung erstellen lassen wollte, „das hab‘ ich dann doch lieber selbst gemacht, das hat nicht funktioniert“.

„Um KI kommen wir nicht drum herum, das ist nicht die Zukunft, das ist jetzt.“

„Um KI kommen wir nicht drum herum“, sagt Drees, als die Pausenklingel schon geläutet hat, „das ist nicht die Zukunft, das ist jetzt“. Sie ist froh, dass sie an der Sekundarschule die technischen Voraussetzungen haben, dieses – notgedrungen technische – Thema alltagsnah umzusetzen. Drees, die neben Gesellschaftslehre und Mathe auch Musik unterrichtet und seit 1989 an der heutigen Sekundarschule ist, ist so etwas wie die Digitalisierungsbeauftragte im Kollegium, „wahrscheinlich, weil ich damals als erste ein privates iPad hatte“, schmunzelt sie. Sie hat gemeinsam mit der Schulleitung sowie Strack und Martinetz die Digitalisierung der Sekundarschule geplant und hört nun zum Beispiel an jedem Mittwoch bei ihrer „iPad-Sprechstunde“ die kleinen und großen Sorgen in der praktischen Umsetzung des neuen digitalen Lernens. Etwa das Gejammer über das WLAN, das regelmäßig lahmt, wenn alle 925 Kinder und Jugendlichen der Schule sich am Montag in der 4. Stunde gleichzeitig ihre Wochenaufgaben herunterladen.

Dass mit dem Abschluss des großen Digitalisierungsprojekts nur ein erster großer Anfang gesetzt ist und genug Arbeit bleibt, betonen auch Strack und Martinetz. „Die Technik muss erneuert und weiterentwickelt werden – und vermutlich muss wegen der immer stärkeren Nutzung von KI auch die Bandbreite der Datenleitungen erhöht werden“, gibt Strack einige Perspektiven für die nahe Zukunft mit. Vielleicht denken sie an der Sekundarschule bis dahin aber doch noch mal über unterschiedliche Zeitpunkte für den Download der Wochenaufgaben nach, um das WLAN zu entlasten.

Ansprechpersonen

IT-Administrator

Jonas Hunder

Zwölfling 2
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Projektteam IT

Markus Strack

Zwölfling 2
45127 Essen

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
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