Die Kirchen, das Geld - und viele Fragen

In der Kölner Gesprächsreihe „frank&frei“ diskutierte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer am Freitagabend mit Volker Beck, dem religionspolitischen Sprecher der Grünen, über die Finanztranzparenz der Kirchen, die Zukunft von Kirchensteuer und Staatsleistungen - und über das kirchliche Arbeitsrecht.

Generalvikar Klaus Pfeffer diskutiert mit Grünen-Politiker Volker Beck

„Kirche, Macht, Geld“ – wer angesichts dieses provokanten Titels ein heftiges Streitgespräch zwischen dem Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer,und dem Grünen-Politiker Volker Beck erwartet hat, wird am Freitagabend in Köln enttäuscht. Statt platter Parolen diskutieren die beiden Gäste von Joachim Frank, Chefkorrespondent des Kölner Stadtanzeigers, an der Sache – und den teils ausgesprochen komplizierten Details – orientiert das Verhältnis von Staat und Kirche,vor allem mit Blick aufs Geld.

Dabei sind sich der Kirchenmann und der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion mitnichten in allem einig. So gesteht Beck Pfeffer in Sachen Transparenz der Kirchenfinanzen zwar durchaus zu, dass die katholische Kirche eben kein großer Konzern sei, „bei dem man irgendwo auf einen Knopf drückt und dann gleich die Gesamtbilanz ausgespuckt bekommt“. Er könne aber nicht nachvollziehen, weshalb nicht jede der vielen kleinen Einheiten in der katholischen Kirche, jede Pfarrei, jedes Kloster oder jeder andere kirchliche Rechtsträger, „für sich nach außen hin transparent sein kann“, so Beck, also jeweils eine Bilanz oder einen Haushaltsbericht veröffentliche. Pfeffer macht deutlich, dass es hier zumindest im Bistum Essen nicht am Willen der Bistumsleitung mangele. Die Bistumsfinanzen würden schon seit Jahren veröffentlicht und in einem aufwendigen Verfahren würden nun auch die Haushalte der Pfarrgemeinden hin zu mehr Transparenz umgestellt. „Da machen wir allerdings die Erfahrung, dass sich viele Gemeinden schwer damit tun, alle Gelder offen zu legen. Doch davon müssen wir in der Kirche wegkommen“, betont Pfeffer. Auch zwischen den verschiedenen Bistümern gebe es nach wie vor unterschiedliche Einstellungen zur Frage, wie weit man der Öffentlichkeit Einblick in die kirchlichen Finanzen gewährt. Beck schlägt vor, im Zweifel im öffentlichen Recht – dem alle kirchlichen Rechtsträger unterliegen – für alle Körperschaften neue Grundsätze für ein Mindestmaß an Finanztransparenz zu verankern.

Keine Änderungen bei der Kirchensteuer

An der Kirchensteuer möchte der Innenpolitiker indes – anders als manch grüner Parteifreund – nichts ändern. „Es gibt niemanden, der davon belastet wird“, legt er sich fest. Für den Staat sei die Kirchensteuer ein gutes Geschäft, weil die Gebühren, die die Kirchen für den Einzug bezahlen, höher seien als die Kosten der Finanzämter. „So bleibt es eine Frage für die Mitglieder, ob die mit der Leistung ihrer Kirchen so zufrieden sind, dass ihnen dies die Kirchensteuer wert ist.“ Dass in den vergangenen Monaten offenbar zahlreiche Gläubige angesichts des neuen Einzugsverfahrens bei der Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus den Kirchen ausgetreten sind, hat Generalvikar Pfeffer einerseits überrascht - „andererseits aber auch nicht. Letztlich ist es ein Symptom dafür, dass Unmengen von Kirchensteuer-Zahlern ihren Kontakt zur Kirche verloren haben“. Für diese Kirchenmitglieder sei dann eine Irritation wie mit dem neuen Steuerverfahren oder ein Skandal wie um die Bauprojekte des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst nur noch der Auslöser für den offiziellen Kirchenaustritt. Statt darüber zu klagen, „sollten wir uns in der Kirche lieber Gedanken darüber machen, weshalb so viele Menschen den Kontakt zu uns verloren haben“, empfiehlt Pfeffer und fragt: „Interessieren sich die Katholiken, die zum Kernbereich unserer Gemeinden gehören, wirklich für die, die auch Kirchensteuer bezahlen, aber nur zu den Lebenswenden wie Erstkommunion oder Hochzeit in die Kirche kommen?“ Es ärgere ihn manchmal, „dass wir oft so binnenorientiert sind.“ Auch Kirchenmitglieder, die nicht jeden Sonntag in den Gottesdiest gingen, hätten eine schöne Taufe für ihre Kinder, eine würdige Trauerfeier für einen Angehörigen oder einen berührenden Weihnachtsgottesdienst verdient.

Diskussion um die Staatsleistungen

Auch mit Blick auf die Staatsleistungen – bundesweit rund 460 Millionen Euro pro Jahr –, die die Kirchen seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Ersatz für seinerzeit enteignete Landgüter erhalten, und deren Ablösung auch im Kölner Pubikum mehrfach gefordert wurde, stellt der Bundestagsabgeordnete Beck klar: „Da kann man sagen, das gefällt mir überhaupt nicht – aber das ist eine Rechtsposition der Kirche.“ Beck zufolge müsste der Staat wohl einen größeren Milliarden-Betrag aufwenden, um diese Zahlungen ein für alle Mal so rechtssicher zu beenden, dass auch das Bundesverfassungsgericht keine Einwände hätte. Pfeffer verdeutlicht, dass die Kirche – schon aus Image-Gründen – grundsätzlich durchaus gesprächsbereit ist. Allerdings gebe es „große Unterschiede in der kirchlichen Landschaft“, süd- und ostdeutsche Bistümer erhalten aus historischen Gründen viel höhere Staatsleistungen als die Kirchen in NRW. „Das macht es so schwierig zu sagen, wir treiben das jetzt voran – obwohl letztlich der Staat am Zuge ist.“ Zudem sei die Materie angesichts verschiedenster Verträge mit unterschiedlichen Köperschaften deutich komplizierter als es angesichts der Diskussion über eine pauschale Ablösung erscheine.

Kirchliches Arbeitsrecht

Größeren Änderungsbedarf im Staats-Kirche-Verhältnis sieht Beck vor allem beim kirchlichen Arbeitsrecht und der Frage, wie sehr die Kirchen in der Fläche mit Schulen, Kitas und Krankenhäusern präsent seien. „Bei den Loyalitätsverpflichtungen geht die Kirche zu weit.“ Wenn die Kirche von ihren Mitarbeitern ein privates Beziehungsleben nach ihren Vorstellungen verlange, werde die Kirche als Arbeitgeber „übergriffig ins Privatleben“, so Beck. Es könne nicht sein, dass ein – aus Sicht der Kirche – Fehlverhalten im privaten Bereich „den Verlust der ökonomischen Existenz zur Folge habe“. Pfeffer erwartet, dass es hier in der katholischen Kirche in Deutschland zu Änderungen kommen wird. Auf Ebene der Bischofskonferenz gebe es eine eigene Arbeitsgruppe, die daran arbeite. Persönlich gehe er davon aus, „dass wir diese Fixierung auf den privaten Beziehungs- und Sexualbereich aufgeben werden.“ Mit Blick auf die von Beck kritisierte Vielzahl der kirchlichen Sozial- und Bildungs-Einrichtungen im Land betont der Geistliche, dass dies Teil des deutschen Subsidiaritäts-Prinzips sei und in vielen Fällen „ein Service für den Staat“. Beck plädiert dennoch dafür, die Zahl etwa kirchlicher Krankenhäuser oder Kindergärten am tatsächlichen Bevölkerungsanteil der Christen zu orientieren. Gerade bei den Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen – also katholischen oder evangelischen Grundschulen in staaticher Trägerschaft – erwarte er in Zukunft eine Reduzierung. (tr)

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