von Kathrin Brüggemann

Der Priester und die Ausgetretene

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer spricht mit einer jungen Frau, die aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Die aktuelle Ausgabe des Bistumsmagazins BENE dokumentiert das Gespräch.

Die katholische Kirche muss von den Menschen lernen, die aus der Kirche austreten, fordert der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, seit das Bistum in diesem Jahr eine eigene Studie zu Kirchenaustritten veröffentlicht hat. „Nur wenn wir uns mit ihnen austauschen, haben wir als Kirche langfristig eine Chance.“ Jetzt hat sich eine junge Frau zum Gespräch mit Pfeffer bereit erklärt, die die Kirche vor einiger Zeit verlassen hat. Das Bistumsmagazin BENE hat das Gespräch zwischen der Essenerin Kristin Dowe und Generalvikar Pfeffer dokumentiert.

„Wenn man ständig die Erfahrung macht, das passt ja gar nicht mit mir, meinem Denken und Leben zusammen, dann werden die Zweifel im Erwachsenenleben immer größer“, beschreibt die 36-Jährige Dowe ihre Erfahrungen mit der Kirche. Den religiösen Anspruch der Kirche ziehe sie gar nicht in Zweifel, dafür aber ganz strukturelle Dinge, zum Beispiel „dass die Priesterweihe für Frauen nicht möglich ist.“ Pfeffer kennt diese Kritik: „Ich spüre selbst, dass vieles in der Kirche bei immer mehr Menschen auf Unverständnis stößt.“ In manchen Fragen wünsche er sich „mehr Bewegung in festgefahrenen Positionen“. Er selbst könne sich „durchaus vorstellen, dass Frauen kirchliche Ämter bekleiden“, sagt der 54-Jährige. Er wisse aber, dass viele Verantwortungsträger in der Kirche dies anders sehen. „Die traditionelle Überzeugung, nach der nur Männern das Weiheamt gespendet werden kann, hat ein hohes Gewicht.“

„Unerträgliche Doppelmoral“ im Umgang mit Homosexualität

Dowe wirft der Kirche vor, dass diese „immer reflexartig eine Rolle rückwärts macht, sobald sich ein bisschen etwas bewegt“. Der katholische Umgang mit Homosexualität etwa sei für sie „eine unerträgliche Doppelmoral“. Pfeffer entgegnet: „So sehr ich mir Fortschritte wünsche bei der Gleichberechtigung der Geschlechter oder bei der Überwindung diskriminierender Haltungen gegenüber Menschen mit homosexueller Orientierung – ich kann nichts mit der Brechstange durchsetzen.“ Er müsse zunächst „verstehen, was es anderen Menschen bei diesen Themen so schwer macht“ – und dann mit viel Geduld um Unterstützung für andere Positionen werben. Dowe lobt die Dialog-Bereitschaft der Kirche, fordert aber in punkto Homosexualität eine deutliche Entschuldigung: „Solange die katholische Kirche keine Abbitte leistet und zugibt, dass sie zumindest in diesem Punkt auf dem Holzweg war, fällt es mir schwer, meinen Frieden mit ihr zu machen.“

Pfeffer wirbt beim Thema Wiederheirat für „Fähigkeit zur ,Paradoxie‘“

Beim Thema Wiederheirat nach einer Ehescheidung wirbt Pfeffer für mehr Offenheit in der Kirche. Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen, deren Ehen gescheitert sind, durch die rigide Haltung der Kirche „verurteilt und diskriminiert fühlen“. Die Kirche brauche „in komplexen Lebensfragen die Fähigkeit zur ,Paradoxie‘, mit der wir eingestehen: Ohne Widersprüche geht es im Leben nicht“, sagt Pfeffer. Paradoxie bedeute: „Ich halte am Ideal der lebenslangen Ehe fest – und kann doch gleichzeitig akzeptieren, dass das reale Leben von einzelnen Menschen nicht immer mit diesem Ideal in Übereinstimmung zu bringen ist.“

Pfeffer betont: Gerade weil die eher offenen und differenzierten Positionen in der Kirche oft wenig Beachtung fänden „brauchen wir in der Kirche Menschen, die kritische Fragen stellen und Diskussionen anstoßen“. Ihm sei es wichtig, auch weiterhin Orte zu schaffen, in denen Menschen, die der Kirche kritisch gegenüberstehen, ihre Meinung kundtun können. „Und zwar ohne Wenn und Aber. Also auch ohne eine ,Amtskeule‘, mit der plötzlich jemand um die Ecke kommt, um zu sagen, was richtig und was falsch ist.“

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