Das "Gedächtnis des Bistums" mitten in Essen-Kray
Ein ehemaliges Gotteshaus dient dem Ruhrbistum als Archiv
Eine kurze Frühstückspause und schon geht es wieder los: „Wir müssen dann mal weiter auspacken“, schmunzeln die Mitarbeiter des Bistumsarchivs. Die Kaffeetasse wird beiseite gestellt und es geht wieder an die Arbeit. Und Auszupacken gibt es genug. Archivar Dr. Christoph Moß und seine Kollegen sind sich sicher, dass sie auch an diesem Tag nicht alles schaffen werden. Das Archiv des Bistums Essen hat eine neue Heimat gefunden: die ehemaligen Christophorus Kirche in Essen-Kray. Rund 5000 Umzugskisten müssen ausgepackt, gesichtet und die Archivalien eingeräumt werden.
Bereits seit Monaten haben Christoph Moß und seine Kollegen Dorothea Kreuzinger, Severin Gawlitta und Doris Sperling den bevorstehenden Umzug des Bistumsarchivs vorbereitet. „Im September haben wir dann vor allem gepackt und geschleppt.“ Aber es waren nicht nur Kisten aus dem Archiv im Bischöflichen Generalvikariat, die für den großen Umzug vorbereitet werden mussten. Das Mülheimer Pastor-Jakobs-Haus sowie die St. Marien Kirche in Essen-Steele dienten dem Archiv in den vergangen Monaten schon als Zwischenlager. „Hier türmten sich die Kisten und mussten erst einmal geordnet werden“, berichtet das Archiv-Team, das inzwischen zum Umzugsexperten-Team geworden ist. Mit Hilfe eines Umzugsunternehmen hat die Aktion aus „Drei mach Eins“ ein gutes Ende gefunden: Jetzt sind alle Akten und Bücher sowie diverse andere Archivalien in den Räumen des neuen Bistumsarchivs, an einem Platz. Hier geht das Ordnen und Sortieren weiter – alles nach dem neuen, aktuellen Belegungsplan.
Die Architekten haben in das ehemalige Kirchengebäude in der Grünen Aue in Essen-Kray zwei Etagen neu eingezogen. Damit stehen jetzt insgesamt 9000 laufende Meter Stahlregale für Bücher und Akten zur Verfügung. „Diese Regale werden nach und nach gefüllt. Immerhin warten noch fünf Gemeindeverbände darauf, ihre Archive an uns abzugeben“, so Ursula Kanther, Leiterin des Bistumsarchivs. Auf der dritten Etage unter dem Dach des Gebäudes ist zur Zeit noch eine große Freifläche. „Falls nötig, haben wir hier noch die Möglichkeit, Regale in einer Größenordnung von weiteren 5000 Metern zu stellen.“
„Wir sind quasi das Gedächtnis des Bistums. Wir sichern die Überlieferung des kirchlichen Lebens des Bistums Essen“, so Kanther und Moß zum Selbstverständnis des Bistumsarchivs. Seit der Gründung des Bistumsarchivs im Jahre 1958 sind seine Bestände stetig gewachsen, insgsamt sind im Archiv des Ruhrbistums sechs Beständegruppen zu finden: Altbestände aus den Mutterbistümern Köln, Paderborn und Münster, Bestände aus dem Bi-schöflichen Generalvikariat und seinen Einrichtungen, Nachlässe der Bischöfe, einiger Vereine und Verbände, Sammlungen, Materialien sowie Akten aus den aufgelösten Gemeindeverbänden. „Aber wir sehen uns durchaus auch als Dienstleister für die Pfarreien, jetzt haben wir auch die räumlichen Kapazitäten“, so Kanther.
Zur Zeit ist es eine Herausforderung für die vier Frauen und Männer zwi-schen all den Kisten und Kartons, den Überblick zu behalten. Aber zum Glück ist alles ordentlich etikettiert. Die eigene Vorarbeit zahlt sich aus. „Bei dem einen oder anderen Kuriosen möchte man dann auch schon mal länger verweilen“, schmunzelt Dorothea Kreuzinger beim Auspacken eines Kartons. Ein alter „Gucki“, den Kreuzinger findet, sorgt im Zeitalter der digitalen Fotografie auch bei den Kollegen für Heiterkeit. Die Verlockung sich die dabeiliegenden Dias anzuschauen ist groß – aber die Zeit drängt.
Nicht ganz ohne Stolz zeigen die Archivare das älteste Dokument des Archivs: Ein aus dem Jahre 1602 stammendes Dokument hat in Essen Kray schon seinen festen Platz eingenommen. „Dieses Dokument ist aus dem Nachlass von Bischof Hengsbach. Er hat es anlässlich seiner Bischofsweihe von einem befreundeten Priester aus Paderborn geschenkt bekommen“, erläutert Severin Gawlitta.
Keine Frage, die Mitarbeiter des Archivs fühlen sich wohl an ihrem neuen Arbeitsplatz. Einiges ist noch ungewohnt und bedarf der Gewöhnung, aber auch das ist für die Zeit kurz nach dem Umzug ganz normal. „Wir sehen die anderen Kollegen nur noch selten und wir müssen immer daran denken, die Mülltonne rauszustellen“, schmunzeln die vier Archiv-Mitarbeiter über das eine oder andere Problemchen. Aber ansonsten sei alles bestens.
Mit dem Umbau der ehemaligen Christophorus Kirche in Essen Kray ist es dem Bistum Essen gelungen eine der 96 weiteren Kirchen selbst weiterhin zu nutzen. Bischof Franz Hengsbach weihte die Kirche 1964 ein. Geplant und gebaut wurde sie damals unter der Federführung der Architekten Wolfgang von Chamier und Rolf Dieter Grundmann. Mit einer feierlichen Messe nahm die Gemeinde am 30. März 2008 Abschied von ihrem Gotteshaus und die Kirche wurde profaniert. Ende November wird die ehemalige Kirche offiziell als Archiv eröffnet und eingeweiht.(dr)