von Cordula Spangenberg

Corona – Mehr Anrufe bei der Telefonseelsorge

Zum Welttag der Suizidprävention am Donnerstag, 10. September, zieht Telefonseelsorger Olaf Meier eine Bilanz des vergangenen halben Jahres. Angst, Einsamkeit und Gewalt bedrängen die Menschen gerade angesichts der Corona-Pandemie. Die neue App „Krisen-Kompass“ werde gut angenommen, so Meier.

Zu Beginn der Corona-Krise schnellten die Anrufzahlen in die Höhe

Neue App „Krisen-Kompass“ wendet sich an Menschen in Krisen, Angehörige und Hinterbliebene

Welttag der Suizidprävention: Deutschlandweit sterben jährlich 10.000 Menschen durch Selbsttötung

Während der Corona-Pandemie ist die Telefonseelsorge deutlich stärker in Anspruch genommen worden. Ängste, Einsamkeit, Gewalterfahrung und Suizidgedanken sind die Auslöser, die die Menschen zum Telefon greifen lassen. Anlässlich des Welttages der Suizidprävention am Donnerstag, 10. September zieht Olaf Meier, Diözesanbeauftragter für Telefonseelsorge im Bistum Essen, eine Bilanz der Zeit seit Mitte März, als das Coronavirus sich jäh über ganz Deutschland ausbreitete. 

„Zu Beginn der Corona-Krise schnellten die Anrufzahlen in die Höhe, Mitte April zu Ostern erreichten sie einen Spitzenwert“, berichtet Meier, der die Telefonseelsorge Duisburg, Mülheim und Oberhausen leitet. Allein hier sind 120 ausgebildete Ehrenamtliche im Einsatz, drei haupt- und acht nebenamtliche Kräfte begleiten sie fachlich. Hinzu kommen im Bistum Essen Standorte der Telefonseelsorge in Essen, Bochum und Hagen. Obwohl sich Ehrenamtliche aus Risikogruppen vom Telefondienst fernhalten mussten, konnten dennoch in den ersten Krisenwochen mehr Telefonleitungen eingerichtet werden, „weil andere Ehrenamtliche solidarisch sehr viel mehr Dienste als üblich geleistet haben“, so Meier.

Rapider Anstieg des Themas Angst

An den Gesprächsthemen am Telefon lasse sich die Entwicklung der Krise ablesen, berichtet Meier: Im März ein rapider Anstieg des Themas Angst, im März und April des Themas Einsamkeit. Körperliche und seelische Gewalt wird im Mai und Juni stärker wahrgenommen – „vielleicht“, analysiert Meier, „ein Indiz für die Auswirkungen des länger anhaltenden Lock-Down“. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch in den Kontakten mit der Telefonseelsorge über Mail, Chat und Vor-Ort-Gespräche.

Die neue App „Krisen-Kompass“ für schwierige Lebenslagen

Die App „Krisen-Kompass“, die die deutsche Telefonseelsorge Mitte März herausgebracht hat, wurde mittlerweile in fünfstelliger Höhe heruntergeladen. Sie ist die erste deutschsprachige App für Menschen in schwierigen Lebenssituationen, kann kostenfrei und datengeschützt heruntergeladen werden und steht Tag und Nacht zur Verfügung. Unter https://krisen-kompass.app/ steht die App für Apple und Android zum Download bereit.

Die App wendet sich an mehrere Zielgruppen: Menschen in suizidalen Krisen finden auf der ersten Seite unter „Meine Soforthilfen“ Notfallnummern, Anlaufstellen, Beratungsdienste und Online-Hilfen und können sie durch Kontaktdaten zu Freundinnen und Freunden ergänzen. Dann richtet sich die App an Angehörige von suizidalen Menschen, versorgt sie unter der Rubrik „Wissen stärken“ mit Hintergrundinformationen und gibt ihnen unter dem Motto „Anleitungen zum Kraftschöpfen“ Möglichkeiten der Selbststärkung an die Hand. Als drittes werden Hinterbliebene nach Suizid angesprochen, um sie in ihrem ganz eigenen Abschied und ihrer ganz eigenen Trauer zu begleiten. Die App findet ein großenteils positives Echo. So meldet eine Userin zurück: „Eine super App; als ich am Tiefpunkt war, habe ich sie gefunden, und sie hat mir von der ersten Sekunde an geholfen. Danke, dass Ihr die App entworfen habt.“

Welttag der Suizidprävention – Warnsignale frühzeitig erkennen

Der Welttag der Suizidprävention wird seit 2003 jährlich am 10. September begangen. Jedes Jahr sterben in Deutschland ungefähr 10.000 Menschen durch Suizid. Damit sterben in Deutschland mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen. Weit mehr als 100.000 Menschen erleiden jedes Jahr den Verlust eines nahestehenden Menschen durch Suizid. Der Aktionstag soll die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass Suizid ein enormes Problem der modernen Welt darstellt. Damit könnten Warnsignale früher erkannt und Berührungsängste mit diesem Thema reduziert werden.

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