Bochumer Propsteipfarrei enthüllt nach und nach ihren frisch sanierten Kirchturm
Wer in diesen Tagen in der Bochumer Innenstadt vom Kuhhirten-Denkmal auf die Propsteikirche St. Peter und Paul schaut, mag an ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk denken: Stück für Stück legen Gerüstbauer seit ein paar Wochen an dem seit rund eineinhalb Jahren komplett eingerüsteten Turm der ältesten Kirche der Stadt nun zumindest die Spitze wieder frei. Das neue rotbraun schimmernde Kupferdach des fast 500 Jahre alten Gemäuers ist dabei zum Vorschein gekommen – und natürlich der goldene Hahn, der in gut 70 Metern Höhe auf einem Kreuz auf der Spitze des Kirchturms steht. Bald wird auch die frisch sanierte Turmuhr samt der überarbeiteten Zeiger wieder sichtbar – wie Dach und Hahn leuchtende Zeugen professioneller Handwerkskunst und zugleich erste Ergebnisse einer der umfangreichsten Kirchenbaustellen, die derzeit im Bistum Essen laufen.
Ausgelöst hatte diese Arbeiten ein heftiger Sturm. Der hatte bereits vor einigen Jahren wohl so heftig an der Spitze des spätgotischen Gemäuers gerüttelt, dass sich einige Nägel lösten, die eigentlich das Kupferdach am hölzernen Dachstuhl des Turms fixieren. Eher zufällig habe ein Dachdecker aus der Pfarrei den Schaden entdeckt, berichtet der Verwaltungsleiter der Propsteipfarrei St. Peter und Paul, Wolfgang Müller. Also wurde ein Gerüst bestellt, die Sanierung geplant – und schnell war klar, dass es nicht nur bei der Dachreparatur bleibt. Schließlich konnte man mit dem ohnehin notwendigen Gerüst auch alle anderen Stellen am Turm erreichen, dessen letzte Grundsanierung zudem rund 100 Jahre her sein soll (anders als die Kirche hatte der Turm den Zweiten Weltkrieg halbwegs unbeschadet überstanden). Also konnte die rostige Kirchturmuhr angegangenen, der goldene Hahn überarbeitet und auch der defekte Blitzableiter repariert werden. Auch die hölzernen Schall-Luken, hinter denen die Glocken läuten, riefen bei näherer Betrachtung nach Erneuerung. „Plötzlich waren nicht mehr nur ein, sondern fünf Gewerke am Turm im Spiel“, deutet Propst Michael Ludwig die planerische Komplexität des Bauvorhabens an, das dann Schritt für Schritt Form annahm. So konnte Ludwig schon im Sommer in schwindelerregender Höhe den Turm wieder mit dem restaurierten Hahn krönen.
Steinmetz-Arbeiten machen den größten Teil des Projekts aus
Trotz Turmsanierung ist die Propsteikirche täglich geöffnet
Seit über 1200 Jahren beten Menschen in Bochum in Petrus-Kirchen. Seit 1547 ist die heutige Propsteikirche St. Peter und Paul die Nachfolgerin einer romanischen Saalkirche aus dem 11. Jahrhundert. Diese folgte wiederum auf eine Missionskapelle, die um rund 800 in der Nähe des von Kaiser Karl dem Großen im heutigen Bochum eingerichteten Reichshofs entstanden war.
Während der Turmsanierung kann die Propsteikirche durch Öffnungen unter dem Gerüst frei betreten werden. Ob zum Gottesdienst, zum stillen Gebet oder für einen Blick auf die Weihnachtskrippe: Die Kirche ist täglich ab 8 Uhr bis gegen 19.30 Uhr (Abendmesse um 18.30 Uhr) geöffnet. Außerdem ist sie in dieser Zeit Anlaufstelle für obdachlose Menschen – hier arbeitet die Propsteipfarrei mit dem Team der Bahnhofsmission zusammen – und Ausgabestelle der Bochum Wattenscheider Tafel, die in der Kirche einmal pro Woche rund 150 Menschen mit Lebensmitteln versorgt.
Den weitaus größten Teil des Projekts machen Steinmetz-Arbeiten aus. In den 1960er Jahren hat man an der Propsteikirche – wie an vielen anderen mit Natursteinen verkleideten Gotteshäusern auch – die Turmfassade aus Ruhrsandstein mit einer Beschichtung gegen eindringendes Wasser abdichten wollen. „Damals hieß es, das hält bis zur Ewigkeit“, sagt der Propst. „Aber dann hat die Ewigkeit jetzt wohl angefangen: Das Mauerwerk ist kaputt, Wasser ist dahinter gezogen und hat einzelne Steine gelockert. Das Ganze ist so undicht, dass man zum Teil einen Zollstock in die Fugen stecken kann“, beschreibt der Pfarrer das Schadensbild, um das sich nun die Steinmetze kümmern – und das wohl noch einige Monate. „Die Arbeiter prüfen jeden einzelnen Stein auf festen Sitz und entfernen den alten Mörtel in den Fugen“, beschreibt Verwaltungsleiter Müller das Verfahren. Steine, die ersetzt werden müssen, müssen zuvor von Hand in die passende Form gebracht werden.
Das braucht reichlich Fingerspitzengefühl – und viel Zeit. Weil immer neue kleinere Herausforderungen am Turm aufgetaucht sind und es bei einigen Themen Verzögerungen gab, steht das Gerüst bereits länger als eigentlich geplant. Aber Propst Ludwig stellt fest: „Wenn wir hier eh schon alles einrüsten und neu machen, müssen wir das auch ordentlich machen. Der Turm soll ja die nächsten 100 Jahre halten!“ Verwaltungsleiter Müller hofft, dass die Arbeiten bis zum Sommer beendet sind – und dann der Blick vom Kuhhirten-Denkmal wieder auf einen unverbauten Propstei-Kirchturm fällt. Rund 2 Millionen Euro wird das Bauprojekt dann gekostet haben, schätzt Müller. Rund ein Viertel davon trägt das Bistum als Ersatz für den Sturmschaden, den Rest investiert die Propsteipfarrei in die älteste und wichtigste katholische Kirche der Stadt. Dort ist das Geld gut angelegt – und doch hofft Propst Ludwig auch mit Blick auf die Finanzen, in seiner Dienstzeit keine weitere Turmsanierung mehr betreuen zu müssen.