von Thomas Rünker

Bischof wirbt für „neue Form von Bescheidenheit“

Auf Einladung des Rats für Land- und Forstwirtschaft im Bistum Essen diskutierte Obverbeck mit Ex-Umweltminister Klaus Töpfer und RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel in der Katholischen Akademie "Die Wolfsburg" über die Umwelt- und Sozial-Enzyklika „Laudato Si“.

Wirtschaftswachstum "in Solidarität mit den Armen"

Angesichts der weltweiten Wohlstandsunterschiede hat Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck zu einer „neuen Form von Bescheidenheit“ aufgerufen. Die Kirche müsse deutlich machen, „dass wir nicht nur allein von Wachstumsmöglichkeiten für uns und unsere Wirtschaft reden können“, sagte der Ruhrbischof am Donnerstagabend in Mülheim. Das Wirtschaftswachstum in den reichen Ländern müsse „in Solidarität mit den Armen“ geschehen, „um in Zukunft gemeinsam gut leben zu können“, sagte Overbeck. Hier sei ein „neues Primat der Politik“ nötig.

Keine Öko-Enzyklika

Auf Einladung des Rats für Land- und Forstwirtschaft im Bistum Essen diskutierte Overbeck in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ gemeinsam mit dem früheren Bundesumweltminister und Leiter des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, und der Regionaldirektorin des Regionalverband Ruhr, Karola Geiß-Netthöfel, über die Enzyklika „Laudato Si“. Dieses im Sommer 2015 erschienene Schreiben von Papst Franziskus sei weit mehr als die lange erwartete „Öko-Enzyklika“, betonte Töpfer. „Laudato Si“, sei vielmehr eine Weiterentwicklung der Sozialenzykliken früherer Päpste. „Klimafragen sind eine Ausdifferenzierung der sozialen Fragen unserer Zeit“, betonte der frühere Umweltpolitiker. Töpfer fand viele lobende Worte für das Papstschreiben, nicht nur dort, wo Franziskus Abfallberge und Wegwerf-Mentalität kritisiert. Töpfer hatte sich schließlich schon als Umweltminister für Kreislaufwirtschaft und den „Grünen Punkt“ eingesetzt. „Ich freue mich, dass diese Überlegungen in meiner Kirche gedacht werden“, sagte der Katholik und CDU-Politiker, der zuvor auch der Kirche vorgeworfen hatte, sich vor „Laudato Si“ zu wenig für den konkreten Schutz der Umwelt und die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt zu haben.

„Der Papst muss den Regionalverband Ruhr kennen“

„Ich dachte, der Papst muss den Regionalverband Ruhr kennen“, sagte Geiß-Netthövel als sie ihre Erfahrungen mit „Laudato Si“ beschrieb. Denn in der Enzyklika berichte Papst Franziskus vom Heiligen Franziskus und dessen Ratschlag, im Klostergarten nicht alles zu bebauen, sondern auch Platz für die freie Entfaltung der Natur zu lassen. „Genau dies tun wir mit den regionalen Grünzügen im Ruhrgebiet“, betonte Geiß-Netthöfel. Die Flächennutzung stand bei der Diskussion immer wieder im Fokus – auch, weil der Rat für Land- und Forstwirtschaft stets mahnt, freie Grünflächen nicht durch Gewerbe oder Wohnhäuser zu bebauen. Geiß-Netthöfel sicherte im Rahmen der Regionalplanung des RVR hier weiterhin Augenmaß zu. Zudem stellte sie Bundes- und Landesmittel in Aussicht, die die teure Sanierung von Industriebrachen als Alternative zur Umwidmung von Grünflächen ermöglichen würden.

„Alles hängt mit allem zusammen“

Overbeck warb für die integrale Sichtweise, die der Papst in „Laudato Si“ betont, dass eben „alles mit allem zusammenhängt“, so Overbeck. Deshalb könne es bei diesen Fragen keine einfachen Antworten geben. Dies zeige sich schon bei der Flächenfrage, wo im Bistum Essen der Rat für Land- und Forstwirtschaft eine andere Sicht auf das Thema habe als der Rat für Wirtschaft und Soziales.

Ruhrgebiet profitiert von der Umwelt-Branche

Zumindest für das Ruhrgebiet als Ganzes sieht Geiß-Netthöfel indes kaum Zielkonflikte zwischen Ökologie und Ökonomie: „Klar ist, dass wir die Industrie behalten möchten, wir möchten aber auch, dass sie klimafreundlich wird“, betonte die RVR-Chefin. Schon jetzt sorge der Klimawandel für viele Arbeitsplätze in der Region, weil sich viele Unternehmen auf Umwelttechnik spezialisiert hätten.

Verzicht muss kein Verlust sein

Töpfer stellte klar: „Wir leben immer ein Stück über das hinaus, was die Natur gerade vertragen kann.“ Dies zu kennen und wo möglich zu reduzieren, sei schon ein Erfolg. Er schloss sich Overbecks Werben für Bescheidenheit an, betonte aber, dass ein Weniger in manchen Bereichen kein Verlust sein müsse. Schließlich könne ein Verzicht etwa auf Überstunden oder Arbeit, die einen in ein Burn-Out treibe, „ja durchaus ein Gewinn sein“, so Töpfer.

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