von Ludger Klingeberg, Thomas Rünker

Bischof: Priester stehen in der Messe unter Spannung

In der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ diskutierten Ruhrbischof Overbeck und Theologie-Professor und Benediktiner-Pater Elmar Salmann über die Entfremdung von Gläubigen und Priestern von der eigentlichen Bedeutung der Eucharistie.

Die Heilige Messe hat für viele Katholiken heute eine geringere Relevanz als früher

Dies gilt für Gläubige, aber auch für Priester

Diskussion über Texte, Räume und Musik

Für die zunehmende Entfremdung der katholischen Gläubigen – aber auch der Priester – von der eigentlichen Bedeutung der Heiligen Messe macht Bischof Franz-Josef Overbeck eine große Spannung verantwortlich, unter der seiner Ansicht nach die Priester stehen. Priester müssten einerseits als Vorsteher der Messfeier einen Dienst für andere tun und sich andererseits gleichzeitig bewusst machen, was das Sakrament für sie ganz persönlich bedeutet. Diese Spannung zwischen Professionalität und existenzieller Nachvollziehbarkeit bereite ihm Sorgen, erklärte Overbeck jetzt in Mülheim. Die Doppelrolle des Priesters erfordere eine Gratwanderung, weil in unterschiedlichen Situationen der eine oder andere Teil besser oder schlechter gelinge, sagte er am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion in der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“.

Geringe Relevanz für Gläubige und Priester

In den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965) werde die Eucharistie, wie die Präsenz Jesu Christi in den gewandelten Gaben von Brot und Wein in der Messfeier genannt wird, noch als „Quelle und Höhepunkt“ des Glaubens beschrieben, so Moderator Jens Oboth. In der modernen Realität habe sie im Leben der Gläubigen und Seelsorger jedoch nur noch eine geringe Relevanz. Dies habe auch die Seelsorgestudie belegt für die in den vergangenen Jahren zahlreiche deutsche Seelsorgerinnen und Seelsorger befragt worden waren, erläuterte der „Wolfsburg“-Dozent.

Die fehlende Beteiligung der Gläubigen nannte der Gerlever Benediktiner-Pater und Theologie-Professor Elmar Salmann als weiteren Grund für die Entfremdung von der Eucharistie: „Wir zelebrieren in leere Räume und in die Reaktionslosigkeit. Auch das kann Priester überfordern“.

Priester müssen flexibel sein

Anders als früher sei die heutige Sicht auf die Eucharistie nicht eindeutig, so Overbeck. Der Bischof ermutigte aber dazu, die vielen verschiedenen Perspektiven zu akzeptieren. Priester müssten eine gewisse Flexibilität mitbringen, um sich auf unterschiedliche Situationen und Deutungen einzulassen. Gerade mit Blick auf die Weltkirche würde deutlich, so Overbeck, dass die Riten zwar immer gleich, ihre Auslegung und die Deutung für die Gläubigen in unterschiedlichen Kulturen jedoch höchst unterschiedlich sei. Und auch in der Ökumene zeige sich diese Vielschichtigkeit. Auf die Frage nach der Präsenz Jesu in der Welt gäbe es viele verschiedene Antworten.

Die Vielschichtigkeit in der Bedeutung der Eucharistie müsse viel stärker thematisiert werden, forderte Salmann. Helfen könne dabei eine Differenzierung der Formen. Neben der Hochform könne es etwa meditativere oder kommunikativere Formen der Heiligen Messe geben.

Bischof warnt vor tiefgreifenden Veränderungen liturgischer Texte

Auf der Suche nach neuen Zugängen zum Sakrament der Eucharistie warnte Overbeck vor tiefgreifenden Veränderungen an den liturgischen Texten. Es sei „ein Trugschluss zu glauben, dass man das Geheimnis besser begreift, wenn man sprachlich mehr versteht“. Gerade die Sprache und die Zeichen würden die Kirche als weltweite Einheit verbinden. Und: Das Hören vertrauter Texte biete auch die Chance einer inneren Öffnung im Gebet der Gläubigen.

Offen zeigten sich Overbeck und Salmann für die Entdeckung neuer Räume. Gerade angesichts des Pfarreientwicklungsprozesses sei im Bistum Essen die Frage nach der Erhaltung von Kirchen akut, so Overbeck. Man müsse sich dabei aber auch fragen, ob diese Räume auch nachfolgenden Generationen noch etwas sagten. Auf Dauer werde eine Verständigung auf neue Raumformen notwendig sein. Auch hinsichtlich mit Blick auf eine ansprechendere Kirchenmusik seien „neue Wege zu beschreiten“.

Saalmann: „Kirche war immer ein Abbruchunternehmen“

Die Kirche sei „immer auch ein Abbruchunternehmen“ gewesen, sagte Saalmann mit Verweis auf die Entwicklung verschiedenster Baustile in der Kirchengeschichte. So müsse man sich auch von Bekanntem verabschieden und Neues wagen, nicht nur bei der Frage nach Räumen, sondern etwa auch in der Differenzierung der liturgischen Formen.

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