von Katholische Nachrichtenagentur, Thomas Rünker

Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer wenden sich gegen Corona-Aufruf konservativer Bischöfe

„Das sind krude Verschwörungsmythen, es werden keine Fakten und Belege präsentiert“, sagte Pfeffer im Interview mit dem „Spiegel“. Overbeck wandte sich gegen Populisten und Verschwörungstheoretiker, „die alle Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie als Vorwand verstehen wollen, eine hasserfüllte technokratische Tyrannei zu begründen und die christliche Zivilisation auszulöschen".

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer haben sich am Wochenende mit deutlichen Worten gegen einen Aufruf verschiedener konservativer Bischöfe zur Corona-Krise gewandt.

Eine Gruppe um die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Joseph Zen Ze-kiun hatten zusammen mit Erzbischof Carlo Maria Vigano eine Warnung veröffentlicht, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine Weltregierung zu schaffen, „die sich jeder Kontrolle entzieht“. Generalvikar Pfeffer kritisierte im Interview mit dem Magazin „Spiegel“ (Online, Sonntagabend): „Das sind krude Verschwörungsmythen, es werden keine Fakten und Belege präsentiert.“ Er erkenne in dem Text eine Nähe zu Rechtspopulisten und auch zu den Anti-Corona-Demonstrationen. Diese Thesen würden „nun in ein religiöses Gewand gehüllt“, so Pfeffer. Es sei erschreckend und gefährlich, dass hochrangige Vertreter der katholischen Kirche so etwas verbreiteten. „Es macht mich fassungslos.“ Müller ist emeritierter Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, Zen Ze-kiun hat bis 2009 das Bistum Hongkong geleitet und Vigano war bis 2016 Nuntius des Vatikan in den USA.

Overbeck: Kirche steht für Solidarität

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck schrieb am Wochenende auf Facebook, die Kirche können zur Bewältigung der Corona-Krise einen klaren Beitrag leisten: „Solidarität zu üben als deutliches Zeichen der Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl und für soziale Gerechtigkeit einzusetzen“. Dies beschreibe genau das Gegenteil der Positionierung „jener Populisten und anderer Verschwörungstheoretiker, die alle Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie als Vorwand verstehen wollen, eine hasserfüllte technokratische Tyrannei zu begründen und die christliche Zivilisation auszulöschen". Dem müsse von Seiten der Kirche klar widersprochen werden – „ganz gleich, wer solches formuliert!“.

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer wünscht sich mehr deutliche Worte gegen einen Text hoher Kirchenmänner zur Corona-Krise. Er habe sich über die klare Positionierung von Essens Bischof Franz-Josef Overbeck und die Distanzierung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, gefreut.

Pfeffer: „Ganz viele normale Katholiken sind entsetzt.“

Pfeffer erklärte: „Ganz viele normale Katholiken sind entsetzt. Sie setzen sich jeden Tag dafür ein, die Pandemie einzudämmen und die Probleme zu bewältigen, die aus ihr entstehen. Und nun bekommen sie so einen Aufruf vorgesetzt.“ Die breite Mehrheit der Gläubigen trage seinem Eindruck nach die Maßnahmen der Regierung mit. Der Ruf nach Lockerungen sei zwar rund um das Osterfest lauter geworden, aber er sei nie massiv gewesen. „Deshalb überrascht es mich, dass diese Verschwörungstheorien nun offenbar in kirchlichen Kreisen aber auch in Teilen der Gesellschaft insgesamt Zuspruch finden“, so der Generalvikar.

Er glaube nicht, dass die katholische Kirche ein generelles Problem habe. „Nun aber zeigt sich, dass der eine oder andere abrutscht und sich von vernünftigen Argumenten verabschiedet. Das ist schon heftig“, so Pfeffer, der am Wochenende bereits bei Facebook Kritik an dem Aufruf geübt hatte.

Bischofskonferenz auf Distanz – Kritik von „Wir sind Kirche“

Die Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ging am Wochenende ebenfalls auf Distanz zu dem Aufruf der Bischofs-Gruppe um Kardinal Müller: Die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Bischofskonferenz unterscheide sich grundlegend von dem veröffentlichten Aufruf, sagte der DBK-Vorsitzende, der Limburger Bischof Georg Bätzing.

Kritik kam auch von der Bewegung „Wir sind Kirche“. Den Reformgegnern um Kardinal Müller gehe es nicht darum, den Glauben zu verteidigen, sondern Angst zu schüren. „Das aber hat mit Glauben nichts zu tun“, so die Gruppe. Gerade in einer großen Krise seien Vertrauen und Glaube gefordert: „Und dieser Glaube führt zu überwältigender Solidarität mit all denen, die unserer Hilfe bedürfen.“

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