Antimuslimische Parolen der Rechtspopulisten überboten

Scharf kritisierte Weihbischof Franz Vorrath bei der Verleihung des Pax-Bank-Preises 2010 in Essen die Thesen des beurlaubten Bundesbank-Vorstandes Thilo Sarrazin. Dieser sei mit seiner Sichtweise und Analyse weit hinter das erreichte Niveau der Integrationsdebatte in diesem Land zurückgefallen.

Weihbischof Franz Vorrath kritisiert Sarrazin

Der inzwischen beurlaubte Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin ist mit seinen Thesen nach Ansicht des Essener Weihbischofs Franz Vorrath „weit hinter das erreichte Niveau der Integrationsdebatte“ in diesem Land zurückgefallen. „Mit seinen zum Teil rassistischen Ansichten über Intelligenz und Vererbung hat er die bisher bekannten antimuslimischen Parolen der Rechtspopulisten noch überboten“, sagte der Weihbischof bei der Verleihung des Pax-Bank-Preises 2010 in Essen, mit dem die Stiftung der Bank seit Jahren Arbeiten auf dem Gebiet des interkulturellen Dialogs zwischen Christentum und Islam auszeichnet.

Die Preisverleihung zeige, „dass man sich auch dann,  wenn man in der Welt der Zahlen zu Hause ist, den Blick auf die Menschen bewahren kann“, so Vorrath. Gesellschaftliche Probleme könnten nicht  mit Statistiken und „fragwürdigen Dreisätzen“ gelöst werden. Der in diesem Jahr der Stuttgarterin Margret Bretzel verliehene Preis stehe dafür, „dass man sich nicht auf Kosten von Minderheiten Aufmerksamkeit verschafft, sondern sich die Verständigung zwischen Mehrheit und Minderheit etwas kosten lässt“, betonte der Weihbischof. Die Förderung der Integration und der Begegnung zwischen Christen und Muslimen gehöre zu den „zentralen Herausforderungen im Bistum Essen“. Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen engagierten sich auf diesem Feld. Der Arbeitskreis Integration im Ruhrbistum fördere und begleite seit zehn Jahren gemeinsam mit den katholischen Islambeauftragten die Dialog-Initiativen vor Ort.

Anders als in der von Sarrazin losgetretenen Debatte ist nach Ansicht von Vorrath die Integration in Deutschland „insgesamt eine Erfolgsgeschichte“. Er verwies dabei auf die Millionen Zuwanderer im 19. und 20. Jahrhundert. Für Untergangsszenarien gebe es „keine seriösen Anhaltspunkte“.  Doch der Weihbischof verschwieg nicht die aktuellen Probleme: „Neben den bekannten Defiziten im Bildungsbereich sind es vor allem die Kriminalität bestimmter Migrantengruppen und die Konflikte in sozial schwachen Stadtteilen mit hohem Zuwandereranteil, in denen die Menschen nebeneinander leben und die sozialen Netze nicht mehr funktionieren“, sagte Vorrath. Hier werde versucht, durch konkrete Projekte gegenzusteuern.

Gleiche Würde verlangt gleiche Rechte und Pflichten

„Völlig inakzeptabel“ ist es für Vorrath, „den Wert eines Menschen in Anhängigkeit von seinem Bildungsstand oder seinem sozialen Status ökonomisch zu berechnen“. Schließlich verbiete es das christliche Menschenbild, wertende Unterschiede zwischen Menschen verschiedener Herkunft, Nationalität oder Religion zu machen. Gleiche Würde verlange gleiche Rechte und gleiche Pflichten für Deutsche und Zuwanderer. Beide Seiten müssten sich aktiv um Integration bemühen. Dabei müsse aber auch der Beitrag der Migranten zur Integration eingefordert werden.

Die Kirche – das betonte der Weihbischof ausdrücklich – stehe für den Dialog der Kulturen und Religionen. „Sie verlangt von der Politik integrationsfördernde und aktivierende Rahmenbedingungen, die gemeinsame Projekte vor Ort möglich machen“, unterstrich Vorrath. Der Interreligiöse Dialog allein könne die Integrationsaufgaben nicht lösen. Integration sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. (do)

Grußwort von Weihbischof Franz Vorrath im Wortlaut

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