von Simon Wiggen

„Annehmen statt wegsehen“ – Theologe Feige über echte Reformen und neue Horizonte

Rund 280 Seelsorgende aus dem ganzen Bistum haben am Donnerstag über „Christlich leben. ‎Mittendrin.“ und die zukünftige Gestalt der Kirche diskutiert und besprochen, warum die ‎Kirche weniger wie eine Steckdose sondern mehr wie ein Reiseadapter sein sollte.‎

Der Termin steht jedes Jahr fest im Kalender der Seelsorgenden im Bistum Essen, jedes Mal ‎steht ein anderes Thema im Fokus des „Tages der pastoralen Dienste“. In diesem Jahr lag der ‎Schwerpunkt der Veranstaltung im Essener Hotel Franz auf dem Programm „Christlich leben. ‎Mittendrin.“ (CLM) und dessen Auswirkungen auf die pastoralen Mitarbeitenden. Es geht um ‎Rollenverständnis, Gottesbilder, Evangelisierung, Sozialformen von Kirche und vor allem um ‎das „Warum“.‎

Evangelium auf dem Marktplatz: Overbeck über neue Formen kirchlicher Präsenz

Gleich zu Beginn hat Bischof Overbeck in seiner Eröffnung das theologische Fundament ‎dargelegt – nicht nur für den Tag, sondern für das ganze Programm, das nach und nach im ‎gesamten Bistum die Kirche von Grund auf verändern wird. „Alles was wir tun, muss der ‎Evangelisierung dienen“, sagt Bischof Overbeck. Das Programm dürfe nicht nur ‎organisatorische Auswirkungen haben. „Wir müssen die Menschen aufrütteln mit der ‎Botschaft Gottes.“ Das Evangelium müsse mitten im Alltag präsent sein, in Familien, Schulen, ‎auf dem Marktplatz, in Kultur und Arbeitswelt. „Christliches Leben findet überall dort statt, ‎wo Menschen sich im Geist Jesu engagieren – in den Pfarreien, aber ebenso in Schulen, Kitas ‎und sozialen Einrichtungen. Solche Präsenz zu fördern, ist Teil von Evangelisierung: Christsein ‎mitten im Leben der Gesellschaft.“ Darum darf – so Overbeck - ein Strukturprozess niemals ‎an der Gemeinschaft vorbeiplanen. „Christlich leben mittendrin muss bedeuten: in neuen ‎Strukturen Formen lebendiger Gemeinschaft zu fördern.“ ‎

Von der Steckdose zum Reiseadapter: Wie Kirche anschlussfähig bleiben kann

Andreas Feige vom Lehrstuhl für Pastoraltheologie in Freiburg hat in seinem Vortrag ein ‎neues Bild von Kirche gezeichnet, die lebendig ist, obwohl sie in der Minderheit ist. Dabei legte ‎er auf dem Weg dorthin den Fokus auf das „Annehmen“ und das „Umziehen“. „Die Reform ‎der Kirche stockt nicht wegen mangelnder Erkenntnis, sondern am fehlenden Annehmen der ‎Wirklichkeit.“ Nur wer sich mit der Wirklichkeit konfrontiert, könne zu neuen Horizonten ‎kommen, so der Pastoraltheologe weiter. Wie die Kirche hinter diesen Horizonten aussehen ‎könnte, erläuterte Feige am Bild der Kirche als Steckdose, die sich über die vergangenen ‎Jahre hinweg hin zu einer Steckerleiste entwickelt habe, aber eigentlich wie ein Reiseadapter ‎sein müsse. Statt mit normierten Vorgaben an wenigen Orten zu sein, müsse die Kirche ‎pluraler werden. Feiges Idee von Kirche: „Wir müssen anschlussfähig für verschiedene ‎Gottesbilder sein - genauso wie für verschiedene Sozialformen von Kirche. Manche mit ‎weniger Bindung, manche sehr eng und regelmäßig, andere spontan und zufällig.“


Impulse von außen: Kirche soll Orientierung geben und Allianzen suchen

Wie sich jemand diese Pluralität vorstellen könnte, der nicht für die Kirche arbeitet, zeigten ‎drei ganz unterschiedliche Gäste in ihren kurzen Statements. Irene Wollenberg, die sich in ‎Essen-Steele für ein buntes Miteinander und gegen den Rechtsruck der Gesellschaft ‎engagiert, wünschte sich von Kirche mehr Engagement und eine engere Zusammenarbeit für ‎eine offene Gesellschaft. David Lüngen, Stadtdirektor in Mülheim, machte deutlich: „Kirche ‎wird gebraucht, weil sie den Blick auf den Menschen legt. Bleiben Sie nah an den Menschen, ‎bieten Sie weiterhin Orientierung und suchen Sie sich Allianzen – nur so kann etwas Wertvolles ‎entstehen.“ Auch Jennifer Poschen, Schulleiterin in Duisburg-Hochfeld und selbst aus der ‎Kirche ausgetreten, legte den pastoralen Mitarbeitenden nahe: „Die Kirche ist doch für die ‎Menschen da.“‎

Dass die „Musik vor Ort“ spiele, machte Programm-Manager Günther Eilers noch einmal im ‎Themenblock „Christlich leben. Mittendrin“ mit Generalvikar Klaus Pfeffer deutlich. „Wir ‎wollen mit dem Programm die Rahmenbedingungen für das Gute vor Ort schaffen.“ Björn ‎Szymanowski (Bereichsleiter Pastoralentwicklung), Jessica Lammerse, Ausbildungsleitung ‎Pastorales Personal, und Kai Reinhold, Personalbereichsleiter, gingen der Frage nach, welche ‎Rolle man selbst in diesem Veränderungsprozess und darüber hinaus einnehmen möchte und ‎wie das Programm CLM dabei unterstützt.‎

Noch konkreter wurde es am Nachmittag in zehn verschiedenen Workshops, wo es unter ‎anderem um Crossmedialität in der Glaubenskommunikation, Netzwerken in Stadt- und ‎Kreis(kirche), Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oder um die Gestaltung von ‎Lebenswenden ging.‎

Pressestelle Bistum Essen

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