Zuwanderern eine Chance auf ein neues Zuhause geben

Ein großer Tag für die Chaldäisch-Katholische Gemeinde in Essen. Weihbischof Franz Vorrath und der Präsident des Landtages NRW, Eckhard Uhlenberg, besuchten die irakischen Christen, die in ihrem Heimatland verfolgt wurden und nun in Essen ein neues Zuhause gefunden haben.



Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg besuchte Chaldäische Gemeinde in Essen

Es war ein großer Tag für die Chaldäisch-katholische Gemeinde in Essen-Katernberg. Denn die irakischen Christen hatten am Sonntag hohen Besuch zu Gast. Neben dem Essener Weihbischof Franz Vorrath hatte auch der Präsident des Landtages NRW, Eckhard Uhlenberg, sein Kommen zugesagt, um gemeinsam in der St. Albertus-Magnus-Kirche Gottesdienst zu feiern.

Bunter Fahnenschmuck vor der Kirche, Festtagskleidung und aufgeregte Geschäftigkeit unterstrichen die Bedeutung dieses Ereignisses. Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Kirche. Auffallend war die große Zahl jüngerer Gottesdienstbesucher - was in deutschen Gotteshäusern heute eher selten anzutreffen ist. Es wurde gebetet und gesungen, in aramäischer, arabischer und deutscher Sprache. Der Hauch des Orients war vor allem in der Musik zu spüren.


„Wir dürfen sie nicht vergessen“

Weihbischof Vorrath, der gemeinsam mit Pastor Raad Sharafana den Gottesdienst feierte, dankte in seiner Predigt dem Landtagspräsidenten für die Aufmerksamkeit und das Interesse, das er den irakischen Flüchtlingen durch seinen Besuch entgegenbringe. „Es gibt nichts Schlimmeres, als übersehen oder vergessen zu werden“, so Vorrath. Dieses Schicksal drohe seit Jahren den Chaldäern, die als Minderheit im Irak „zur Zielscheibe radikaler Kräfte“ geworden seien. Der Weihbischof dankte den Politikern in Deutschland  und insbesondere dem Land Nordrhein-Westfalen für die Durchsetzung der „Kontingentlösung“ und die Aufnahme irakischer Flüchtlinge. „Es war ein ermutigendes Signal, dass unser Land hinsichtlich der irakischen Flüchtlinge nicht wie so oft die Grenzen geschlossen, sondern eine Willkommenskultur entwickelt hat“, sagte Vorrath.  Er bat den Landtagspräsidenten, die Anliegen und Sorgen der Flüchtlinge mit in den Landtag zu nehmen, denn noch nicht alle Probleme dieser Menschen seien gelöst. „Und auch im Irak brauchen die Chaldäer weiterhin unsere Solidarität“, unterstrich der Weihbischof.  Sie müssten auf Dauer im Irak leben können, ohne zur „Zielscheibe von Extremisten“ zu werden. Diese Menschen bräuchten praktische Hilfe und politische Unterstützung. „Wir dürfen sie nicht vergessen“, mahnte der Weihbischof.

Jeder Christ und jede christliche Gemeinde und Gruppe sei aufgerufen, „im Geist der Nächstenliebe denen beizustehen, die Hilfe brauchen“, daran erinnerte Vorrath am „Caritas-Sonntag“. Nicht nur diejenigen, die bei der Caritas arbeiteten, seien dazu aufgerufen, sondern alle Christen. Diese seien davon überzeugt, dass das Leben nur dann gelingen könne, wenn man nicht für sich selbst, sondern füreinander lebe. Die „Caritas“ sei letztlich das „Geschenk der Liebe Gottes zu uns Menschen“. So sei die Nächstenliebe die „Antwort auf die Liebe Gottes“, eine Antwort, die nicht allein mit Worten gegeben werde, sondern mit dem ganzen Leben. „Es ist eine Antwort, die unser Leben und Zusammenleben reich macht, indem sie uns vor Egoismus und Hartherzigkeit bewahrt“, sagte der Weihbischof.


Gute Perspektiven in Nordrhein-Westfalen

Eine klare Absage an die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit erteilte Landtagspräsident Uhlenberg in seiner Ansprache. Diese „grausame und tödliche Wirklichkeit der Verfolgung“ gelte gerade auch für Christen in aller Welt. „Es ist richtig und wichtig, dass sich der Deutsche Bundestag vor kurzem ausdrücklich mit dieser Frage befasst hat, die Verfolgung von Christen verurteilt und die Solidarität mit allen wegen ihres Glaubens verfolgten unterstrichen hat“, betonte Uhlenberg.

Die Flucht  irakischer Christen aus ihrer Heimat sei ein „schmerzhaftes Zeichen“ dafür, dass dieser Dialog und ein friedliches Zusammenleben in vielen Teilen der Welt nicht gelängen. Das Land Nordrhein- Der Papst, der in Kürze Deutschland besuche, stehe für das „Bestreben, religiöse Unterschiede im friedlichen Dialog zu respektieren und wo möglich zu überwinden“. Westfalen nehme Anteil an dem „Schmerz, den Gemeindemitglieder aus dem Irak durch den Verlust von Heimat und von lieben Menschen erlitten haben und auch sicher noch weiterhin empfinden“.

Das Land Nordrhein-Westfalen habe vielen Millionen Menschen eine Heimat gegeben. „Zuwanderern die Chance auf ein neues Zuhause, auf neue Arbeit und Heimat zu geben, ist eine unserer ganz großartigen Traditionen“, betonte Uhlenberg. Die Flüchtlinge aus dem Irak hätten in Nordrhein-Westfalen gute Perspektiven – „wenn sie es wünschen und kräftig lernen und mitarbeiten“. Wichtig und wünschenswert sei es aber auch, Rückkehrperspektiven in den Irak zu schaffen und darauf hinzuwirken, „dass die religiösen Minderheiten dort wirksam geschützt werden“.

Uhlenberg dankte im Namen des Landtages für die große Welle der Hilfsbereitschaft bei staatlichen Stellen, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, kirchlichen Einrichtungen und Pfarrgemeinden, die in den vergangenen Jahren den irakischen Flüchtlingen zuteil wurde.


Große Dankbarkeit

Nach dem Gottesdienst schilderten Gemeindemitglieder dem Landtagspräsidenten und dem Weihbischof ihre Lebenssituation in Deutschland. In den Wortmeldungen der Flüchtlinge war immer eine große Dankbarkeit zu spüren, nach den oftmals traumatischen Erlebnissen im Irak in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen Aufnahme erhalten zu haben. Und der Dank galt sowohl der Politik und dem Bistum Essen als auch den Mitgliedern der katholischen Gemeinde vor Ort. „Wir versuchen alles zu tun, um uns hier zu integrieren“, versicherte ein junger Mann. Viele haben zunächst die deutsche Sprache erlernt, dann eine Schule, Berufsschule oder ein Berufskolleg besucht. Manche studieren an einer Universität. Doch die Älteren unter den Flüchtlingen – so wurde geschildert – hätten es schwerer. „Sie versuchen alles, um auch etwas für dieses Land zu tun. Sie wollen nicht nur sofort die Rente beantragen“, versicherte ein Redner.

Doch es gibt auch Problemfelder: irakische Zeugnisse oder Abschlüsse würden in Deutschland nicht anerkannt. Hochqualifizierte Flüchtlinge hätten es schwer, eine adäquate Weiterbildung oder Beschäftigung zu finden. Eine junge Frau beklagte, dass es  für ihren Berufswunsch kein Studienkolleg gebe. Und es sind auch die Hindernisse des behördlichen Alltags, die so manchem Flüchtling das Leben erschweren. So wartet ein Iraker seit mehr als einem Jahr auf die Verlängerung seines irakischen Passes. Das erschwere eine Familienzusammenführung erheblich. „Warum ist die Ausstellung eines Reisepasses nicht möglich?“, fragte er.

Der Landtagspräsident freute sich über die vielen positiven Schilderungen. „Doch ich nehme auch Ihre Anliegen sehr ernst und werde sie in die  entsprechenden Ministerien und in den Petitionsausschuss einbringen“, versicherte er. Vor allem die Bildung sei der „entscheidende Beitrag, damit Integration gelingt“.  Ein kleines „Flachgeschenk“ – einen Umschlag mit einer Spende – überreichte Uhlenberg dem Vorsitzenden des Gemeinderates, Seman Adem, und lud die Chaldäische Gemeinde zu einem Besuch im Landtag im kommenden Jahr ein. „Dann werden wir unsere Diskussion fortsetzen“, versprach der Landtagspräsident. (do)


Predigt von Weihbischof Franz Vorrath

Begrüßungsworte des Präsidenten des Landtags NRW, Eckhard Uhlenberg
 

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