„Wenden wir uns wirklich den Menschen zu?“

In der letzten Fastenpredigt in diesem Jahr sprach im Essener Dom Dr. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, über die Konstitution "Gaudium et Spes".

ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper über die Konstitution „Gaudium et Spes“

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute…“ – mit „Gaudium et Spes“ (lateinisch: Freude und Hoffnung), der Konstitution über die katholische Kirche, stand am Freitag der wohl bekannteste Text des II. Vatikanischen Konzils am Ende der Fastenpredigten 2015 im Essener Dom. Das Dokument sei eine „fast radikale Hinwendung zu einer Kirche in der Welt von heute“, beschrieb Referent Dr. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), den Text – hin „zu einer Zeitgenossenschaft, zu einem Entdecken der Zeichen der Zeit.“ Gleichzeitig fragte Vesper selbstkritisch, ob denn die Erkenntnisse der nun bald 50 Jahre alten Pastoralkonstitution in der katholischen Kirche schon tatsächlich angekommen seien. Jährlich träten in Deutschland mehr als 120.000 Menschen aus der katholischen Kirche aus – „erkennen wir dies auch als Zeichen der Zeit, oder machen wir weiter ,business as usual‘“? „Gaudium et Spes“ beschreibe eine radikale Hinwendung der Kirche zu den Menschen – „aber wenden wir uns wirklich so den Menschen zu, dass wir sie nicht verlieren?“

„Magna Charta des Laien-Engagements“

In „Gaudium et Spes“ gehe es „fundamental um die Würde des Menschen“, betonte Vesper. Gleichzeitig sei der Konzilstext eine Art „Magna Charta des Laien-Engagements“ in der katholischen Kirche, so der ZdK-Chef – und schlug auch hier den Bogen in die Gegenwart: „Wie wichtig wäre es doch, dass wir Laien endlich noch viel mehr Einsatz in Kirche und Welt zeigen würden!“ Vesper forderte: „Wir dürfen nicht so bleiben, wie wir sind!“. In diese Forderung schloss Vesper auch die Amtskirche ein: Nicht unbedingt im Bistum Essen, aber an vielen anderen Orten würden Laien „immer noch Bevormundung, fehlende Wertschätzung, eine Behandlung von oben herab, ein entwürdigendes Gönnertum, ein Fürst-Untertanen-Attitüde, ein Bettler-Gönner-Schema oder eine absolutistische Alleinherrschaft“ erfahren. „Wie schön wäre es, wenn die Priester mehr Unterstützung und Feedback bekämen, mehr Lob und Kritik und Widerspruch – und die Laien mehr Licht und geistliche Kraft.“

Brücke zu Papst Franziskus

Schließlich schlug Vesper eine Brücke zu Papst Franziskus: „,Gaudium et Spes‘ könnte von ihm sein“, sagte der ZdK-Chef und ergänzte: „Wer Franziskus verstehen will, muss ,Gaudium et spes‘ lesen – und wer ,Gaudium et spes‘ verwirklichen will, der muss sich von diesem Papst herausfordern lassen, für ihn beten und in seinem Sinne handeln!“ (tr)

Die Fastenpredigt von Dr. Stefan Vesper im Wortlaut (pdf)

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