von Cordula Spangenberg

Vom Hostienraub zum neuen missionarischen Auftrag

Das Annenfest sei eine Einladung zu einer neuen missionarischen Präsenz der Kirche, sagte Bischof Overbeck im Festgottesdienst.

Ein großer Festtag für die St. Annenkapelle in Essen-Rellinghausen: Zum 500. Mal wird dort in diesen Tagen das St. Annenfest begangen. Den Festgottesdienst am Sonntagvormittag feierte Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck zusammen mit vielen Hunderten Gläubigen bei strahlendem Sonnenschein auf der Wiese vor der Kapelle. Die Botschaft Overbecks zur kleinen, historischen Episode des „Hostienfrevels“, auf den das Annenfest zurückgeht: Gottes Gegenwart im eigenen Leben zu erkennen und sich zu den Menschen senden zu lassen.

Das St. Annenfest geht auf ein Ereignis im Jahr 1516 zurück, als Diebe auf der Suche nach Wertgegenständen in der Rellinghausener Kirche versehentlich einen Beutel mit geweihten Hostien stahlen und ihn am Standort der späteren Annenkapelle in einen Dornbusch warfen. Die Hostien wurden hier von einem Schäfer entdeckt und am Folgetag, dem Festtag der heiligen Anna – der Mutter der Gottesmutter Maria – von Stiftsfrauen, Priestern und Gläubigen in einer Prozession wieder in die Pfarrkirche zurückgebracht.

Mit dem Hinweis auf den Standort der Annenkapelle als Region des Kohlebergbaus bekannte Overbeck, er erinnere sich an diesem Festtag zwar gern an die 500-jährige Geschichte des Annenfestes: „Aber mehr geht es mir um die Gegenwart und um die Wirklichkeit des Lebens mit Gott heute.“ Das Annenfest sei eine Einladung zu einer neuen missionarischen Präsenz der Kirche mitten in der Welt: „Dazu brauchen wir den Mut, uns auf die neuen Familienzusammenhänge einzulassen, auf die neuen Gemeinde- und Pfarrzusammenhänge, auf die neuen Weisen der Menschen, Kirche mitten in der Welt zu leben“, sagte der Bischof. Die Veränderungsprozesse des kirchlichen Lebens empfinde er als Hinweis an die Christen, sich spirituell zu erneuern und einfache oder auch fortgeschrittene Formen des Betens zu üben, um Gott in sich selbst zu entdecken. Aus der Gottesliebe folge die Nächstenliebe: „Hier müssen wir uns zum Nächsten unserer in Not geratenen Ruhrregion machen und nicht uns selbst der Nächste sein.“

Während des Festgottesdienstes erinnerte Overbeck auch an die Anschläge von Nizza, Würzburg und München und betete gemeinsam mit den Gläubigen für die Opfer von Terror, Krieg und Gewalt.

Im Anschluss an den Gottesdienst wurden die geweihten Hostien wie vor 500 Jahren in einer festlichen Prozession zurück in die Rellinghausener Pfarrkirche zurückgebracht. Nach dem feierlichen Segen mit dem Schaugefäß für die geweihte Hostie, der Monstranz, und der Parade der Ehrengarde, die seit 100 Jahren in historischen Uniformen die St. Annen-Prozession begleitet, wurde auf dem Stiftsplatz noch bis weit in den Nachmittag hinein gefeiert.

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