von Thomas Rünker

Umweltschutz als Frage der Weltgerechtigkeit

Im Oberhausener Gasometer diskutierte Bischof Overbeck mit dem Klimaforscher Schneidewind, dem Luftfahrt-Experten Henke und Oberhausens Oberbürgermeister Schranz unter der Überschrift „Mal eben kurz die Welt retten“.

Wer die Welt retten möchte, darf sich nicht nur um Umweltschutz kümmern. Mit den Fragen nach Weltklima oder der Nutzung natürlicher Ressourcen müssten zugleich auch globale Gerechtigkeitsfragen diskutiert werden, betonte Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck am Mittwochabend in Oberhausen. „Viele Gewaltursachen in der Welt haben mit ökologischen Katastrophen zu tun“, sagte Overbeck mit Blick auf seine Erfahrungen als Militärbischof. Zudem erwartet er, dass „noch viele Flüchtlinge zu uns kommen, die aus ökologischen Gründen nicht dort leben können, wo sie eigentlich leben wollen“. „Alles hängt mit allem zusammen“, warb der Bischof für einen möglichst umfassenden Blick. Diesen habe auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato Si“ unterstrichen, in dem er vom „gemeinsamen Haus“ der Welt spreche.

Der Klimaforscher Prof. Uwe Schneidewind zeigte sich „dankbar“ für diese ganzheitliche Sicht des Papstes. Nach Ansicht des Präsidenten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie habe die Fixierung der Umweltpolitik auf dramatische Untergansszenarien etwa angesichts der Erderwärmung zu erwartbaren Gegenreaktionen geführt, wie sie aktuell etwa in den USA zu beobachten seien. „Die, die zuletzt das Klima-Thema vorangetrieben haben, werden ein Stück weit Opfer ihres eigenen Erfolgs“, so Schneidewind. Dabei werde „diese Welt ganz sicher nicht untergehen. Auch die Menschheit wird nicht zugrunde gehen“, betonte der Wissenschaftler. Es sei vielmehr eine „übergeordnete Gerechtigkeitsfrage“, ob sich die Menschheit an die Geschwindigkeit des menschengemachten Wandels der Lebensbedingungen anpassen könne. „Es geht um das Abwenden einer zivilisatorischen Katastrophe“, so Schneidewind. Ohne Gegenmaßnahmen drohten die sozialen Verwerfungen durch Klimaveränderungen und Umweltschäden die Greuel des 20. Jahrhunderts in den Schatten zu stellen.

Overbeck und Schneidewind äußerten sich im Oberhausener Gasometer auf dem Podium „Mal eben kurz die Welt retten“, zu dem der Gasometer und die katholische Akademie „Die Wolfsburg“ eingeladen hatten. Moderiert von „Wolfsburg“-Dozent Matthias Keidel diskutierten mit ihnen der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) und Prof. Rolf Henke, Vorstand für Luftfahrt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Henke verwies auf die großen Anstrengungen und die ehrgeizigen Ziele der Luftfahrtbranche, trotz weiterem Wachstum in Europa bis 2050 die Emissionen deutlich zu reduzieren. Wie es denn angesichts der klimaschädigenden Fliegerei etwa mit Urlaubsflügen aussehe, wollte Keidel wissen. „Wer will das bewerten?“ entgegnete Henke. Sei die Flugreise einer Wirtschaftsdelegation relevanter als die einer Familie, die sich ein Jahr lang darauf vorbereitet habe? „Letztlich kann es immer nur darum gehen, verantwortungsvoll zu handeln“, so Henke.

OB Schranz warb dafür, auch angesichts der Nachbarschaft von Essen als der aktuellen grünen Hauptstadt Europas und Bottrop, der „Innovation City Ruhr“, die grünen Seiten Oberhausens nicht zu vernachlässigen – etwa die einst als Park-Stadt mit vielen grünen Oasen geplante Innenstadt von Alt-Oberhausen oder die Bus- und Bahn-Trasse, die den Hauptbahnhof mit dem Einkaufszentrum Centro verbindet. Schranz betonte, dass umwelt- und klimagerechtes Handeln für den Einzelnen nicht immer nur eine Frage des großen Geldbeutels sei. Tipps zur Erhöhung der Energieeffizienz oder Angebote wie der „Stromspar-Check“ würden gerade einkommensschwächeren Haushalten helfen, Kosten zu sparen – und gleichzeitig das Klima für alle schonen.

Schneidewind hob hervor, dass es angesichts des globalen Bevölkerungswachstums vermutlich nicht ausreichen werde, nur auf technologischen Fortschritt zu setzen. „Es geht auch um die Frage, wie wir gutes Leben so organisieren, dass es sich von den materiellen Dingen ein Stück weit entkoppelt.“ Ein Beispiel sei der Umbau der Städte hin zu mehr Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Der macht bestenfalls global Schule, damit gerade aufstrebende Wirtschaftsnationen mit weniger Ressourcenverbrauch zu Wohlstand kommen. „Wenn irgendwann ein Mensch in China einen 3er BMW kauft und merkt, dass er damit zu den ewig Gestrigen gehört, wird dies auch dort etwas bewegen“, so Schneidewind.

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