Sensible Aufmerksamkeit für die Nöte der Menschen

Die Sorge um den Nächsten weniger aus einem moralischen Blickwinkel zu betrachten, sondern den geistlichen Beweggrund für diakonischens Handeln zu erfassen, dazu rief Bischof Overbeck beim 4. Bistumsforum zum Dialogprozess "Zukunft auf katholisch" in Duisburg auf.



Über 300 Teilnehmer beim 4. Bistumsforum in Duisburg

Wo sonst Fußballfans über Abseitsentscheidungen, Spielzüge, Fouls oder Tore diskutieren, stand am Samstag, 26. Januar, ein ganz anderes Thema auf der Tagesordnung. „Die Sorge um den Nächsten: Als Christinnen und Christen vor Ort Verantwortung tragen“ – darum ging es in der MSV-Arena in Duisburg beim 4. Bistumsforum zum Dialogprozess im Bistum Essen. Über 300 Teilnehmer aus dem gesamten Ruhrbistum diskutierten in der Business Lounge über Wege, wie caritatives Handeln weiter gestärkt werden könne, entwickelten Ideen und arbeiteten an konkreten Schritten.

„Wir haben bisher einen guten Weg hinter uns“, betonte Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck mit Blick auf die bisherigen Foren des Dialogprozesses „Zukunft auf katholisch“. Bei dem Thema „Sorge um den Nächsten“ gehe es um die „Gestaltung von Kirche“. Der Ruhrbischof rief dazu auf, das Thema weniger aus einem moralischen Blickwinkel zu betrachten, „sondern in der Sorge um den Mitmenschen den geistlichen Beweggrund zu erfassen“, so Overbeck zu Beginn des Forums.
 
In dem vom NRZ-Redakteur Thomas Rünker moderierten Gespräch des Bischofs mit Dr. Regina Görner, Mitglied m Bundesvorstand der CDU und ehemaliges Vorstandsmitglied der IG Metall, rief Overbeck zu einer „wachen Zeitgenossenschaft“ auf. „Die Wirklichkeit müssen wir so wahrnehmen, wie sie ist“, betonte er. Dabei müsse man von „eigenen eingeschliffenen Wahrnehmungen und Haltungen“ Abschied nehmen. Dr. Görner unterstrich, dass es bei der Hilfe für Menschen in Not nicht allein um Mildtätigkeit gehen dürfe. „Unser Ziel muss es sein, an der Situation der Schwächsten in der Gesellschaft etwas zu ändern“, betonte die Gewerkschafterin.

Der demografische Wandel mit Zunahme der älteren Bevölkerung, die Gerechtigkeitsfrage im wirtschaftlichen Kontext, oder die oftmals ungewisse Zukunft von Familien, Kindern und Jugendlichen sind für Bischof Overbeck drängende Herausforderungen der Gegenwart. Mit Blick auf die Caritas als Organisation auf der einen und das ehrenamtliche caritative Engagement auf der anderen Seite warnte Overbeck vor  der Einstellung, die Sorge um den Nächsten allein an die Profis zu delegieren. „Was die Nöte von Menschen in den Pfarreien, Gemeinden und Stadtteilen betrifft, ist ehrenamtliches Engagement unerlässlich“, so der Bischof und ermunterte auch zu neuen Formen von Vernetzungen im bürgerschaftlichen Engagement in den Stadtteilen.

Dass die Kirche Ehrenamtlichen zu wenig Gehör schenke, beklagte die Katholikin Görner. „Wenn ich Ehrenamtliche will, dann muss ich ihnen Raum geben für die Dinge, die sie machen können, und muss sie bei dem entlasten, was sie nicht machen können“, betonte die Gewerkschafterin. Spielräume seien gefragt und keine „Spielwiesen“. Ehrenamtliche seien nicht allein „lieb und nett“, sondern müssten ernst genommen werden. Ehrenamtliches Engagement müsse „Spaß machen“.

Dass sowohl die organisierte als auch die ehrenamtliche Caritas notwendig seien, unterstrich der Bischofsvikar für die Caritas, Prälat Dr. Hans-Werner Thönnes. „Wenn es um die Nöte der Menschen geht, braucht es die Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und das Tun eines jeden Einzelnen“, daran ließ Thönnes keinen Zweifel. Doch das mache die Caritas als Organisation nicht überflüssig. „Es geht nicht nur darum, an den Wunden zu arbeiten, sondern sich dafür einzusetzen, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern“, so der Bischofsvikar. Auch dafür brauche es die Caritas als Organisation.
Als ein Beispiel für sensible Wahrnehmung von Not und ehrenamtlichem Engagement nannte Thönnes das KinderPalliativNetzwerk in Essen. Diese Initiative ermöglicht, dass sterbenskranke Kinder bis zu ihrem Tod in der Familie bleiben können. Doch es gebe  - so Thönnes - ungezählte weitere Beispiele für ehrenamtliches Engagement.  

Drei ehrenamtliche Projekte wurden den Forumsteilnehmern vorgestellt: die Schulmaterialkammer der Kolpingfamilie Duisburg-Zentral, die Notfallseelsorge im Bistum Essen sowie die Initiative „Wunderbar XXL“, ein Projekt der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) im Ruhrbistum zur Lebens- und Berufsplanung Jugendlicher. (do)

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