Overbeck: Viel stärker von jungen Leuten her denken

Beim Auftakt der neuen Gesprächsreihe zur Zukunft des Ruhrgebiets diskutierte Bischof Overbeck mit Evonik-Chef und Initiativkreis-Ruhr-Moderator Klaus Engel und dem Ruhrgebietsforscher Franz Lehner. Ein Tenor des Abends: Die Region hat allen Grund zu Zuversicht.

Initiativkreis Ruhr diskutiert die Zukunft des Ruhrgebiets

Kirche und Gesellschaft sollten nach Ansicht von Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeckihre Pläne stärker an den Interessen jüngerer Generationen ausrichten. „Wir denken zu viel von den Älteren her, weil wir sie nicht vergraulen wollen“, sagte Overbeck am Dienstagabend in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim. Doch egal ob es um die Entwicklung von Pfarreien, ganzen Stadtteilen oder zum Beispiel Schwimmbädern gehe: Angesichts eines „riesigen demografischen Problems“ müsste bei allen Planungen die Situation junger Leute künftig stärker im Fokus stehen. „Fangen wir an, ganz konsequent von den jungen Leuten her zu denken“, forderte Overbeck. Dann würde sich „vieles umkehren“, so der Bischof – etwa bei Überlegungen zur Verkehrsinfrastruktur oder der Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben.

Overbeck diskutierte in Mülheim gemeinsam mit dem Moderator des Initiativkreises Ruhr, Evonik-Chef Dr. Klaus Engel, und dem Ruhrgebietsforscher Professor Franz Lehner unter der Überschrift „Die Zukunft an der Ruhr, eine Region erfindet sich neu“ – eine neue Veranstaltungsreihe, die neben den Problemen vor allem die Potentiale des Ruhrgebiets in den Blick nehmen möchte, wie Akademie-Direktor Dr. Michael Schlagheck betonte. Einig waren sich die Gesprächspartner, dass das Ruhrgebiet allen Grund hat, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Diese positive Sichtweise müsse sich in der Region jedoch noch stärker verbreiten. „Es geht darum, aus Skepsis Zuversicht zu machen und die Zuversicht in Veränderungsbereitschaft zu verwandeln“, sagte Engel. Das Ruhrgebiet sei ausgesprochen veränderungserprobt, betonte der Konzernchef. Nun seien gerade „Wirtschaftslenker, Politiker, aber auch Kirchenführer“ in der besonderen Verantwortung, Zuversicht zu stiften, damit diese zu einem neuen Motor für die Region werde.

Städte sollen sich auf Stärken konzentrieren

Der Soziologe Lehner ermunterte vor allem die Städte im Ruhrgebiet, sich stärker auf ihre individuellen Stärken zu konzentrieren. „Es muss doch nicht jeder alles machen“, sagte Lehner etwa mit Blick auf vergleichbare Einzelhandelsstrukturen. So würden sich die Städte nur gegenseitig Kaufkraft wegnehmen. Ähnliches gelte im Kulturbereich: „Das Theater in Gelsenkirchen muss nicht weg, aber es muss so attraktiv werden, dass es auch Besucher aus Dortmund anlockt“, erläuterte Lehner beispielhaft. Nach wie vor werde im Ruhrgebiet „in viel zu kleinen Strukturen“ gedacht. „Was hat Mülheim davon, jetzt eine Fachhochschule zu haben?“, fragte der Professor. Schließlich sei die Stadt von drei Universitäten umgeben.

Spannungsfeld Ruhrgebiets-Identität

Mehrfach wurde in der „Wolfsburg“ das Spannungsfeld zwischen einer Ruhrgebiets- und den vielen lokalen Identitäten deutlich. „Der Ruhri ist ein Produkt von Generationen von ,Tatort‘-Krimis“, sagte der gebürtige Duisburger Engel. Den gebe es „so wenig wie den New Yorker oder den Tokioter“, viel zu unterschiedlich seien die lokalen Identitäten. „Aber wir Ruhris können schon zusammenarbeiten – wenn wir wollen“, betonte Engel. Beispielhaft verwies er auf eine immer engere Zusammenarbeit der Ruhrgebiets-Universitäten und auf das Projekt „China 8“, bei dem im Sommer acht Museen an Rhein und Ruhr in einer gemeinsamen Ausstellung zeitgenössische chinesische Kunst zeigen. Angesichts der unterschiedlichen Mentalitäten der Ruhrgebiets-Menschen erteilte Bischof Overbeck der Idee einer „Ruhrstadt“ eine deutliche Absage. Er warb stattdessen für Menschen, „die mit ihrer Persönlichkeit als Identifikationsfiguren für das Ruhrgebiet stehen“. Auch das Ruhrbistum könne hier Identität stiften, gewissermaßen als eine Klammer für einen Großteil des Ruhrgebiets.

Nächste Veranstaltung mit RWE-Chef Terium

Schlagheck kündigte an, dass die Gesprächsreihe über die Zukunft des Ruhrgebiets – eine gemeinsame Veranstaltung der Bistums-Akademie und des Initiativkreises Ruhr – im Sommer fortgesetzt wird. Am 17. August wird Bischof Overbeck mit RWE-Chef Peter Terium diskutieren. (tr)

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