von Thomas Rünker

„Mehr Europa ist die Lösung!“

Beim Kreuzweg auf der Halde Haniel in Bottrop warb Bischof Overbeck für eine Vertiefung der europäischen Strukturen. Trotz Dauerregens kamen mehrere Hundert Gläubige zur traditionellen Prozession am RAG-Bergwerk Prosper-Haniel

Mehrere Hundert Gläubige pilgerten auf die Halde

Trotz strömenden Dauerregens zogen am Karfreitag-Morgen, 25. März, mehrere Hundert Gläubige auf die Bottroper Halde Haniel, um gemeinsam mit Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck und Jürgen Kroker, dem Direktor des Bergwerks Prosper-Haniel, den 22. Kreuzweg auf der Halde zu beten. Kroker betonte bei der Eröffnung „die enge Verbundenheit zwischen Kirche und Bergbau“, die durch den Kreuzweg deutlich werde. Er lobte die Auszubildenden des Bergwerks, die die 15 Kreuzweg-Stationen – jeweils eine Szene aus dem Leidensweg Jesu und ein Gerät aus dem Bergbau – in den vergangenen Wochen von Witterungs- und Vandalismus-Schäden befreit hatten und verwies auf die besondere Geschichte der bundesweit einmaligen Kreuzweg-Prozession. „Ihnen und uns liegt diese Tradition sehr am Herzen“, so Kroker zu Bischof Overbeck. Beide erinnerten zudem an die Opfer von Terror und Gewalt in den vergangenen Monaten – zuletzt in Brüssel, aber auch zuvor in Istanbul, Paris und Ankara.

Neu gestaltete Gebets-Hefte

Begleitet von Meditations-Texten und Liedern aus dem neu gestalteten Gebets-Heft mit der Überschrift „vorbei – gehen“ zog anschließend ein langer Zug aus Messgewändern, festlichen Bergmanns-Uniformen, Fahnen und unzähligen bunten Regenschirmen gemächlich die Serpentinen über rund 100 Höhenmeter bis zum Haldenplateau empor. Viele Pilger hatten sich mit Bergstiefeln und Regenjacken gegen das „usselige“ Wetter gewappnet. Dennoch dürfte es manch nasse Socke gegeben haben, angesichts der kleinen Gebirgsbäche, die den Pilgern auf dem Weg entgegenströmten. Dem Engagement der Gläubigen tat dies keinen Abbruch: Gemeinsam beteten sie Abschnitte aus dem Rosenkranz oder sangen bekannte Passionslieder mit, die – vorgetragen vom Oberhausener Stadtdechant Dr. Peter Fabritz – über die eigens installierten Lautsprecher übertragen wurden.

Vor dem Altar unter dem alles überragenden Holzkreuz auf dem Halden-Plateau bemühte sich der Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung (KAB) im Ruhrbistum, Hermann-Josef Schepers, persönlich darum, es den Kreuzweg-Teilnehmern trotz des Regens so bequem wie möglich zu machen: Mit einem Gummiwischer zog er die zahlreichen Holzbänke ab und forderte die Pilger auf, sich sofort zu setzen, damit wenigstens Sitzplatz und Gesäß trocken blieben. Auch die Kessel mit heißem Tee der KAB waren in diesem Jahr deutlich beliebter als bei vergangenen Karfreitags-Kreuzwegen mit wärmerem Wetter.

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„Die Fratze der Polterer und der Protestierer“

In seiner Ansprache stellte Overbeck das Flüchtlingsthema in den Mittelpunkt. Es mache ihn stolz, „dass die Kirchengemeinden und Nachbarschaften, die Kommunen und so viele zivilgesellschaftliche Kräfte, oft über das Maß ihrer Kräfte hinaus, gearbeitet haben und arbeiten, um Menschen in Not eine neue Heimat zu geben“, betonte der Bischof. Doch neben dem „weit überlegenen freundlichen Gesicht unserer Gesellschaft“ gebe es auch „die Fratze der Polterer und der Protestierer, deren Identität sich aus der Abqualifizierung anderer speist“, kritisiert er. Die Flüchtlingskrise zeige, wie zerbrechlich und schwach die kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien, sagte der Bischof mit Blick auf Europa. Er warnte davor, sich deshalb auf Nationen zu besinnen und „ein gefährliches Lied auf nationale Identitäten zu singen“, und betonte: „Die Lösung ist mehr Europa!“ Nötig sei „eine Vertiefung der Strukturen“.

„Neu lernen, mit der Religion zu leben“

Overbeck warb zudem dafür neu zu lernen mit der Religion zu leben. „Religion ist nicht nur Privatsache, sie ist Sache aller. Das lernen wir heute.“ Was Christen in diesen Tagen mit Blick auf Ostern feierten, sei „ein Solidaritätszeichen des Betens als Kraft für andere, wohl wissend, dass viele Menschen ohne Glauben leben können“, so Overbeck. Damit gelte es, „sensibel und die Würde aller wahrend umzugehen“. Auch mit Blick auf die vielen Glaubensrichtung, die mit den Flüchtlingen nach Deutschland kommen, empfiehlt er den Christen „Selbstbewusstsein und Demut zugleich“.

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