von Cordula Spangenberg

Kontinuität durch Wandel

Die hochbetagten Elisabeth-Schwestern legen die Leitung ihrer Gemeinschaft in ordensfremde Hände. Neue kirchenrechtliche Strukturen können ein Modell für andere alt gewordene Ordensgemeinschaften sein.

Eine kirchenhistorische Zeitenwende läuten die Essener Elisabeth-Schwestern in diesen Tagen ein: Da der einstmals starke Orden seit 40 Jahren keinen Nachwuchs mehr verzeichnet hat, legen die Barmherzigen Schwestern von der Heiligen Elisabeth zu Essen die Leitung ihrer Gemeinschaft in ordensfremde Hände mit dem Ziel, die Geschäftsfähigkeit zu erhalten und die Versorgung der hochbetagten Schwestern bis zum Ende abzusichern. Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck hat die neu entwickelte Leitungsstruktur der Schwestern nun in Kraft gesetzt.

„Wo Aufbrüche beginnen, da müssen andere Wege oft erst zu Ende gehen“, sagte der Bischof den Schwestern am Samstag bei einem Gottesdienst aus Anlass der Ämterübergabe, „unabweisbar gilt dies für viele Sozialformen der katholischen Kirche in unserer derzeitigen postmodernen Welt.“ Ausdrücklich dankte Bischof Overbeck den Schwestern und allen voran Schwester Diethilde Bövingloh für ihren Einsatz, Mut und praktischen Willen, diesen Weg zu gehen. Die 71-jährige Mauritzer Franziskanerin war 2014 aus Münster gekommen, um übergangsweise das Amt der Generaloberin zu übernehmen und für die nächsten Jahre einen gangbaren Weg für den Orden zu finden.

Die Aufgabe der Gemeinschaft scheint heute erfüllt

Die Aufgabe: Das viel zu große, renovierungsbedürftige Mutterhaus in Schuir zu verkaufen, eine neue Wohnlösung für die verbliebenen Schwestern zu finden, den Umzug zu organisieren und eine neue Leitungsstruktur zu erfinden. Schwester Diethilde krempelte die Ärmel hoch und ließ neu bauen. Das großzügige, moderne Klostergebäude mit Hauskapelle, Gemeinschaftsräumen und Einzelzimmern mit Bad liegt neben dem Seniorenstift Kloster Emmaus in Essen-Schönebeck und dient seinen Bewohnerinnen so lange als Kloster, bis sie das Gemeinschaftsleben aufgeben müssen. Und auch wenn die Kongregation der Elisabeth-Schwestern irgendwann Geschichte ist, wird im Haus-Museum des neuen Schönebecker Klosters eine Ausstellung an die bemerkenswerten 1.253 Ordensfrauen erinnern.

Für die heute noch verbliebenen 30 Schwestern zwischen 64 und 94 Jahren sind die Veränderungen kein leichter Schritt. Seit Gründung der Gemeinschaft im Jahr 1843 haben sie in Krankenhäusern, Waisenhäusern, Kindergärten und Sozialstationen gewirkt. Mit Ende des Kohleabbaus 1968 ging der Nachwuchs bei den Schwestern stark zurück, zugleich übernahmen Wohlfahrtsverbände und der Staat vermehrt Fürsorgeaufgaben. „Die Aufgabe der Gemeinschaft scheint heute erfüllt, jetzt erledigen andere Experten die Aufgaben“, resümiert Schwester Diethilde und bescheinigt zugleich der Gemeinschaft: „Die Schwestern können mit Stolz zurückblicken auf das, was sie in 175 Jahren im Ruhrgebiet geleistet haben. Wie der heilige Franziskus können sie sagen: Ich habe das Meine getan, nun möge Gott euch zeigen, was das Eure ist."

Ein kirchenrechtliches Modell auch für andere Gemeinschaften

Kirchenrechtlich ist das Vorgehen der Schwestern ein außergewöhnlicher Schritt, denn das kirchliche Gesetzbuch „Canon Iuris Canonici“ (CIC) sieht nicht vor, dass einmal gegründete Ordensgemeinschaften jemals wieder aufgelöst werden. Als Kongregation Bischöflichen Rechts mit Sitz in Essen unterstehen die Elisabeth-Schwestern nicht wie andere Orden dem Papst, sondern dem Bischof von Essen. Das juristische und kirchenrechtliche Pilot-Modell kann anderen Gemeinschaften als Beispiel dienen: Die neue Ämterstruktur sieht an der Spitze eine vom Bischof ernannte Generaladministratorin vor, die die Kongregation gegenüber öffentlichen und kirchlichen Behörden vertritt - bevorzugt eine Ordensfrau, aber auch ein Mann könnte diese Aufgabe später übernehmen. Diese Funktion wird in der nächsten Zeit von Schwester Diethilde ausgeübt, allerdings nicht mehr vor Ort in Essen, sondern daheim von ihrem münsterschen Kloster aus. Die Generaladministratorin ihrerseits ernennt eine Ordenskoordinatorin, die den Haushalt und Alltag der Schwestern einschließlich der Altenpflege organisiert. Für diese Aufgabe haben die Schwestern sich Kerstin Trautmann gewünscht, die schon im Mutterhaus in Schuir für die pflegebedürftigen Schwestern sorgte. So lange es in den einzelnen Niederlassungen des Ordens – dem Mutterhaus und dem Haus Nazareth in Essen – noch einsatzfähige Schwestern gibt, kann die Generaladministratorin dort je eine Konventsleiterin ernennen. Auf Dauer wird dieses Amt aus Altersgründen entfallen. Die Finanzen des Ordens verwaltet künftig ein Generalökonom, auf den Generaladministratorin und Bischof sich einigen müssen. Diese Aufgabe wird der Franziskanerpater Georg Scholles übernehmen. Das Vermögen des Ordens, der zu seinen besten Zeiten elf Krankenhäuser und 18 Sozialstationen führte, wird in einem eingetragenen Verein verwaltet, den die Schwestern ebenfalls in fremde Hände gegeben haben. Dessen Geschäfte führt Hans-Peter Wrenger, der auch das Finanz- und Rechnungswesen der Contilia GmbH verantwortet.

In einem kleinen Festakt im privaten Rahmen haben die Schwestern am Samstag mit Bischof Overbeck ein kleines, aber wichtiges Stück Kirchengeschichte gefeiert, „weil wir“, so der Bischof, „eben alle Glaubende aus Hoffnung sind, die nach dem Maßstab der Liebe Jesu zu leben suchen“.

Pressestelle Bistum Essen

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