Innovation und Fortschritt müssen dem Menschen dienen

Den Blick in die Zukunft richtete der Ingenieurtag im Bistum Essen. Dabei ging es um mehr als nur um Technik oder technologische Innovation. Es ging um "Megatrends" und sich abzeichnende Entwicklungen, die der Zukunftsforscher Klaus Burmeister vorstellte.

26. Ingenieurtag im Bistum Essen befasste sich mit Zukunftsfragen

In jeder Krise steckt auch eine Chance. – Jeder Ingenieur weiß das. Wenn es technische Herausforderungen oder Probleme gibt, sind sie gefragt, wird nach Lösungen, Weiterentwicklungen oder Innovationen gesucht, wird „nach vorne gedacht“.  Das war auf dem 26. Ingenieurtag des Bistums Essen nicht anders. „Chancen aus der Krise. Was müssen Ingenieure jetzt angehen, um die Probleme der Zukunft zu bewältigen?“ hieß das Thema der Tagung im "Haus der Technik" in Essen. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise stand nicht im Vordergrund. Es ging vielmehr um die Erkenntnis, dass nicht nur das Wirtschaftssystem, sondern auch der Technik- und Industriestandort Deutschland in einer Krise steckt. Industrielle Großprojekte – wie zum Beispiel das geplante Kohlekraftwerk in Datteln – scheinen hierzulande politisch und gesellschaftlich nicht mehr durch- und umsetzbar zu sein. Seit Jahren beklagen Konzerne und Betriebe sinkende Studentenzahlen in den Ingenieurwissenschaften und fehlendes Fachpersonal. Zukunftsrelevante technische Erfindungen werden zwar in Deutschland noch gemacht, aber wirtschaftlich verwertet werden sie woanders.

„Es geht um die Frage, wie wir die Zukunft mit der Arbeit des Ingenieurs begleiten können“, betonte Dr. Heinz-Werner Voß, Sprecher des Ingenieurrates im Ruhrbistum und Direktor des Bergwerks Prosper Haniel in Bottrop, in seiner Begrüßung. Kreativität sei eine der wichtigsten Eigenschaften des Ingenieurs. „Er muss heute ein Kreativarbeiter sein, der kosmopolitisch orientiert ist, mehr Generalist als ein Spezialist“, so Voß. Und es gehe auch darum, Technik zu erklären, verstehbar zu machen. „Das vermindert Ängste in der Gesellschaft und schafft Akzeptanz“, sagte Voß.

Dass allein mit der Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise die Herausforderungen der Zukunft aber nicht bewältigt sind, darüber waren sich die Ingenieure einig. Deshalb richtete die Tagung vor allem den Blick auf zukünftige Fragen, Probleme und Aufgaben. Reichlich Stoff dazu lieferte der renommierte Zukunftsforscher Klaus Burmeister, Köln, in seinem Vortrag. Er machte deutlich, dass es nicht möglich sei, die Zukunft vorherzusagen. Es ging also nicht um das bekannte „Lesen im Kaffeesatz“. Vielmehr zeigte der Referent so genannte „Megatrends“ auf. Zukunftsforscher lieferten Orientierungswissen und arbeiteten mit Szenarien. „Wir arbeiten mit einem ganzheitlichen Blick über die jeweiligen Branchen hinaus“, erklärte Burmeister. Er stellte verschiedene Megatrends, die länger als 15 Jahre wirken, vor: Megatrends in der Gesellschaft, bei den Konsumenten, in Bereichen wie Business, Technologie, Klima und Umwelt, da war von „neuen Mobilitätsmustern“ die Rede, von einer „neuen Stufe der Individualisierung“, vom Trend vom Massenmarkt zum Mikromarkt, von neuen Konsummustern, vom „digitalen Leben“ oder „Umsteuern bei den Energie-Ressourcen“. Burmeister stellte auch Zukunftsprojekte wie die Ökostadt „Masdar City“ in Abu Dhabi oder das Projekt „Desertec“ mit riesigen Solarthermiekraftwerken in der Sahara vor.

Die Ingenieure staunten. In der von Jürgen Zurheide, Düsseldorf, moderierten Diskussion wurde aber auch Skepsis geäußert oder die Forderung laut, sich doch besser mit den Herausforderungen der Gegenwart zu befassen. „Warum kann man nicht das Eine tun, ohne das Andere zu lassen?“, fragte Burmeister zurück. Was die Zukunft betreffe, gehe es um mehr. „Wenn wir in den Menschen nur den Technik-Freak oder Konsumenten sehen“, werden wir scheitern“, warnte er. Technik sei „nicht die Lösung für alles“. Es gehe darum, dass Innovation und Fortschritt dem Menschen dienten und bei ihm Akzeptanz fänden.

Bei allen Zukunftsfragen sich am Gemeinwohl zu orientieren, niemanden auszuschließen, Erdteile nicht abzuschreiben, die Armut zu bekämpfen  und an einer gerechteren Welt zu bauen, daran erinnerte Weihbischof Ludger Schepers in seinem Grußwort. „Technischer Fortschritt ist ohne die Leistungen von Ingenieuren nicht möglich“, betonte er.  Es sei Aufgabe verantwortungsbewusster Menschen, „die Entwicklungen in Forschung und Technik nicht nur zu beobachten, sondern auch zu bewerten und mitzugestalten“. (do)            

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