Förderverein KinderPalliativNetzwerk Essen e.V. feiert zehnjähriges Bestehen

Etablierung psychosozialer Arbeit war Fokus vergangener Dekade und wird es zukünftig sein

Vor zehn Jahren wurde ein Netz geschaffen, das es so noch nicht gab: Lebensverkürzt erkrankte Kinder und Jugendliche sollten mit dieser Versorgung aus psychosozialem, medizinischen, pflegerischen und spirituellen Ansatz in ihrem gewohnten Umfeld leben und sterben können. Der Förderverein KinderPalliativNetzwerk Essen e.V. engagiert sich seit dieser Zeit mit ideellem und finanziellen Engagement für die psychosoziale Arbeit beim KinderPalliativNetzwerk Essen des Sozialdienstes katholischer Frauen Essen-Mitte e.V. Diese stand bei der heutigen Feier im Essener Hotel Franz im Fokus.

„In unserer Stadt genießt Mitmenschlichkeit höchste Priorität“, versicherte Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, den Gästen der Jubiläumsfeier. Klaus Pfeffer, Generalvikar des Bistums Essen und Schirmherr des Fördervereins KinderPalliativNetzwerk Essen e.V., bescheinigte dem Förderverein, dafür zu sorgen, dass das belastende Thema todkranker Kinder und Jugendlicher aus der Tabuzone herausgeholt werde.

Der Einladung des Fördervereins zur anschließenden Diskussionsrunde folgten NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne), Margret Hartkopf, Kuratorium der Deutschen KinderhospizSTIFTUNG, Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg sowie Dr. Björn Enno Hermans, Caritasdirektor der Stadt Essen und Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen Essen-Mitte e.V.

Mit Mut zum Paradigmenwechsel
Um das umzusetzen, was bis dato etwa stationäre Hospize geleistet hatten, mussten vor über zehn Jahren neue Überlegungen angestellt werden, um neue mutige Wege überhaupt gehen zu können. Beispielsweise mussten Kinderkliniken, niedergelassene Pädiater und ambulante Kinderkrankenpflegedienste vernetzt sowie eine Koordinierungsstelle gegründet werden – ein neues Netz ohne doppelten Boden quasi. Es gab damals beispielsweise keine validen Statistiken darüber, wie viele Kinder vom Niederrhein bis zum östlichen Ruhrgebiet lebensverkürzt erkrankt waren. Dennoch mussten die ersten Stellen geschaffen werden, und zwar auf Basis von Stundenkontingenten. Die Anfangsfinanzierung mit Fördergeldern der Stiftung Wohlfahrtspflege und Aktion Mensch war ein wichtiger Eckpfeiler.

Am seidenen Faden in stabilem Netz: psychosoziale Arbeit
Für die kontinuierliche Entwicklung eines solch komplexen Vorhabens brauchte und braucht es darüber hinaus verlässliche Wegbegleiter. Als ein solcher versteht sich der Förderverein KinderPalliativNetzwerk Essen e.V.: Der Verein widmet sein Engagement vor allem der psychosozialen Beratung, die die betroffenen Familien dringend benötigen. Denn während etwa die so genannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) die Situation der kranken Kinder und Jugendlichen in den eigenen vier Wänden per Gesetz verankert und die Refinanzierung über die Krankenkassen seit 2012 geregelt ist, gibt es noch immer kein gesetzliches Regelwerk für die psychosoziale Beratung. Rosemarie Engels ist stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins und Gründungsmitglied: „Hinter dem Begriff der psychosozialen Arbeit steckt Vertrauen, Kontinuität und Verlässlichkeit. Das sonst stabile Netz hängt an dieser Stelle an einem seidenen Faden. Die für uns so selbstverständliche Beratung im Netzwerk und in der SAPV muss eine Übernahme in das Regelsystem finden.“

Menschen, Mittel und Institutionen
· Allein 2015 nutzten 66 von 84 Familien mit lebensverkürzt erkrankten Kindern das Angebot entsprechender psychosozialer Begleitung und Beratung. Zum Vergleich: 2007, ein Jahr nach der Gründung, waren es 24 Familien; 2008 nutzten bereits 44 Familien mit lebensverkürzt erkrankten Kindern die psychosoziale Begleitung und Beratung.

· Seit der Gründung hat der Förderverein Mittel in Höhe von rund 294.000 Euro akquiriert: Durch einen Großteil der Mittel konnte etwa die Stelle der psychosozialen Beraterin ausgebaut und gesichert werden.

· Der Förderverein dankt in diesem Zusammenhang besonders dem Lions Club Essen Sententia, der Lock-Stiftung, PRANA-Stiftung, den Service-Clubs sowie den Anlass- und Einmal-Spendern.

· Der Name „Essen“ im Namen des KinderPallitivNetzwerks und des Fördervereins wirkt manchmal irreführend: im Prinzip erstreckt sich die Arbeit vom Niederrhein bis zum östlichen Ruhrgebiet. Und um Essen herum zählen die Städte Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum, Hattingen, Velbert, Heiligenhaus, Mülheim und Oberhausen zur Versorgungsregion.

Quo vadis?
Auf der heutigen Veranstaltung im Essener Hotel Franz wurde die Situation unter Moderation der TV-Journalistin Anna-Katharina Schubert diskutiert. Die Kernaussagen finden Sie hier:

Deutsche KinderhospizSTIFTUNG
Margret Hartkopf: „Kinderhospizarbeit hat sich sehr gut entwickelt. Es gibt allein in NRW 33 ambulante Dienste. Jedoch steigen die Beratungsanfragen, die über die Fragen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung für Kinder hinaus gehen. Das betrifft z.B. Fragen zum Sozialrecht, zu barrierefreiem Wohnen und Sozialhilfe. Solche Beratungen brauchen dringend einen gesicherten finanziellen Rahmen, um diese Arbeit innerhalb oder außerhalb eines ambulanten Kinderhospizdienstes leisten zu können.“

SkF, Träger des KinderPalliativNetzwerks Essen
Dr. Björn Enno Hermans: „Gerade in dieser denkbar schwierigsten Lebensphase einer Familie geht es eben nicht nur um bestmögliche Medizin und Pflege. Das sind wichtige Grundlagen, aber entscheidend ist auch die psychosoziale Begleitung der Familien mit all ihren Bedürfnissen, Krisen und Emotionen. Die Begleitung wird von den Familien extrem wertgeschätzt, fehlt sie, ist eine komplexe palliative Versorgung einfach unvollständig.“

Ein Kostenträger: AOK Rheinland/Hamburg
Rolf Buchwitz: „Die Arbeit des KinderPalliativNetzwerks ist in ihrer Orientierung an dem Bedarf Betroffener und ihrer Angehörigen beeindruckend. LICHTBLICK, das Angebot der AOK Rheinland/Hamburg für schwer-und chronisch kranke Kinder und ihre Familien arbeitet eng und erfolgreich mit dem Netzwerk zusammen. Gemeinsames Ziel ist, ein tragfähiges Versorgungsnetzwerk zu bieten und Familien auch in der Lebensendphase des Kindes zu begleiten.“

Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen
Barbara Steffens: „Psychosoziale Begleitung ist eine unverzichtbare Säule der Hospizarbeit. Ehren- und Hauptamtliche wirken hier Hand in Hand und eng verzahnt beispielsweise mit Medizin, Pflege und Sozialarbeit. Gefordert ist hier einerseits der Bund. Er muss den rechtlichen Rahmen dafür angemessen gestalten. Andererseits müssen die Leistungsträger die notwendigen Strukturen sichern.“

Pressestelle Bistum Essen

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