von Thomas Rünker

Elisabeth-Schwestern besuchen ihre Elfenbeinmadonna

Sechs Zentimeter kleine Marienfigur aus dem 13. Jahrhundert ist jetzt als Dauerleihgabe des Konvents der Barmherzigen Schwestern von der hl. Elisabeth in der Essener Domschatzkammer zu sehen.

Großer Besuch für eine kleine Figur: Zu einem Wiedersehen mit ihrer kleinen Elfenbeinmadonna waren die Barmherzigen Schwestern von der hl. Elisabeth jetzt in der Essener Domschatzkammer zu Gast. Seit Mai hat die sechs Zentimeter kleine, mittelalterliche Marienfigur aus dem Besitz der Ordensfrauen dort als Dauerleihgabe ein neues Zuhause. Nun konnten sich die Schwestern, die im vergangenen Jahr von Essen-Schuir nach Essen-Schönebeck umgezogen sind, davon überzeugen, dass ihre Elfenbeinmadonna bei den Profis der Domschatzkammer bestens aufgehoben ist.

In einer Glasvitrine können Besucher nun einen Blick auf die innige Darstellung von Gottesmutter und Kind werfen, die Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden ist. Maria thront in einer eher strengen Haltung, doch liebevoll hält sie das Füßchen des Kindes. Das Jesuskind auf ihrem Schoß schmiegt sanft die Hand an das Kinn der Mutter und richtet den Blick in die Ferne. Die Vertrautheit von Mutter und Kind zeigt, dass dieses Kunstwerk einst für eine sehr persönliche Marienverehrung diente. Eine Besonderheit hält die Figur auf der Rückseite versteckt: In einer rechteckigen Öffnung wurden einst Heiligenreliquien bewahrt. Diese sowie die Verschlussplatte sind jedoch nicht mehr erhalten.

Die Geschichte des zierlichen Kunstwerks lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Möglicherweise stammt die kleine Madonna ursprünglich aus dem Essener Frauenstift bevor sie über mehrere Stationen ins heutige Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern von der hl. Elisabeth gelangte.

Vom Beginenkonvent „Zum Zwölfling“ zum Elisabeth-Krankenhaus

Erstmals ist die Madonnenfigur im Beginenkonvent „Zum Zwölfling“ zu vermuten, eine religiöse Gemeinschaft die um 1300 in Essen auszumachen ist. Nach dessen Auflösung hat die Figur einen wechselvollen Weg. Die kleine Madonna kommt mit weiteren Kostbarkeiten zunächst zum Kloster „Im Turm“ und schließlich ins Kapuzinerkloster, dem ersten Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern. Die Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern, die seit 1843 besteht, war besonders in der Krankenpflege und der Armenfürsorge tätig sowie Träger vieler Krankenhäuser in Essen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die kleine Elfenbeinmadonna lange Zeit am Altar der Kapelle des Essener Elisabeth-Krankenhauses ihren Platz fand. Die erste Essener Klinik wurde von den Barmherzigen Schwestern gegründet, dort befand sich ab 1912 auch das Mutterhaus. Als die Schwestern nun 2016 mit ihrem Mutterhaus nach Essen-Schönebeck umzogen, sah man die Gelegenheit für eine Ausstellung zur Geschichte des Konvents. Initiator und Ausstellungsorganisator Stephan Kube sah die Elfenbeinmadonna und erkannte ihren Wert. „Den notwendigen konservatorischen Schutz und die Beachtung, die das Stück verdient, kann nur in einem Museum realisiert werden“, so Kube, der dann gemeinsam mit der Generaloberin Schwester Diethilde den Kontakt zum Essener Domschatz aufnahm.

Der Essener Domschatz bewahrt eine der bedeutendsten Sammlungen kirchlicher Kunstwerke vom 10. bis zum 20. Jahrhundert. Es sind Schatzstücke und Handschriften die zum Essener Frauenstift gehört haben. „Es ist ein großes Glück für uns, dass uns Schwester Diethilde die kleine Figur als Dauerleihgabe anvertraut. Denn dass eine eigentliche geschlossene Sammlung noch Zuwachs bekommt, ist durchaus etwas Besonderes“, freut sich Andrea Wegener, kommissarische Leiterin der Schatzkammer. Zumal der Domschatz sich nicht als klassisches Museum verstehe, sondern Schatzstücke bewahre, die bis heute teils im Gottesdienst benutzt werden. In diesem Rahmen erhält die kleine Madonnenfigur einen passenden Platz und wird – wie ursprünglich gedacht – weiterhin in einem kirchlichen Kontext bewahrt.

Pressestelle Bistum Essen

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