von Thomas Rünker

Duisburger Pfarrei öffnet mit Wohnwagen Pausen-Oase für Schüler

An jedem Mittag ist ein Team von St. Judas Thaddäus zu Gast im Schulzentrum Süd. Mit einem Wohnwagen und ein paar Campingstühlen laden eine Gemeindereferentin und ein Lehrer die Kinder und Jugendlichen zum Entspannen ein.

Eine Gemeindereferentin und ein Lehrer öffnen an jedem Mittag ihren Wohnwagen für die Schüler des Schulzentrums Süd

Viele Kinder und Jugendlichen nutzen die gemütliche Unterbrechung im Schulalltag zum Ausspannen und Reden

Bistum unterstützt das Projekt mit Mitteln aus dem Innovationsfonds

Ein Wohnwagen, ein paar bunte Campingstühle – schon kommt in der eher tristen Umgebung des Duisburger Schulzentrums Süd fast Urlaubsstimmung auf. Christa Blokesch und Michael Hülsebusch von der Pfarrei St. Judas Thaddäus öffnen hier seit Mitte April in jeder Mittagspause eine kleine Oase für die Schüler der Sekundar- und Realschule, des Gymnasiums und des Berufskollegs. Nichts Weltbewegendes: Ein paar Sitzgelegenheiten, Becher mit Wasser und zwei Menschen zum Reden – aber die Kinder und Jugendlichen kommen in Scharen. „Mit dem Ansturm hätte ich nicht gerechnet“, sagt die erfahrene Gemeindereferentin Blokesch, die das Projekt „Wir ums Eck“ aus der Taufe gehoben hat. „Ich dachte, wir sitzen hier erst einmal drei Monate ganz allein und machen ein freundliches Gesicht.“ Aber diese Aufwärmphase haben die Schüler Blokesch und dem gerade fertig ausgebildeten Lehrer Hülsebusch nicht gelassen. Als die Journalisten vom Ruhrbistum anrücken, tummeln sind gerade nur ein Dutzend Kinder um den Wohnwagen. „Die Kinder haben heute hitzefrei bekommen und sind fast alle schon zuhause“, erklärt Blokesch. Aber an normalen Tagen kämen bis zu 80, 90 Kinder während der zweistündigen Öffnungszeit von 12.45 bis 14.45 Uhr an den Wohnwagen.

„Man trifft hier die richtigen Leute“

„Ich komme immer nach der Mensa“, erzählt Natalie. „Man trifft hier die richtigen Leute“, sagt die 13-Jährige – und ergänzt mit Blick auf Blokesch und Hülsebusch: „Die beiden sind voll nett.“ Auch Celine (14) geht oft nach dem Mittagessen zum Wohnwagen. „Hier gibt’s immer was zu essen“, sagt die Siebtklässlerin mit einem Grinsen, „Schokolade!“ „Ja, manchmal“, sagt Blokesch, „aber auch Apfel! Wenn ich den aufschneide kann ich gar nicht gucken, so schnell ist der weg.“ Essen ist ein Thema am Wohnwagen – nicht nur, weil sich fast alle Teenager dafür interessieren und die Schulmensen nicht immer jedermanns Geschmack treffen. „Manchem hier fehlt auch das Geld für die Mensa“, hat Blokesch festgestellt. Da ist in Einzelfällen auch schon ihr eigenes Pausenbrot in einen leeren Schülermagen gewandert. Hülsebusch hofft deshalb, ab dem Sommer mit der Hilfe eines Vereins zumindest eine Obstschale am Wohnwagen anbieten zu können.

Überhaupt: Der Wohnwagen. Der ist Blickfang des Projekts – und mit seiner gemütlichen Eckbank eine Mischung aus Kuschelecke und „Chill-Out-Area“. Hülsebusch hat im Blick, dass sich nicht mehr als zwölf Jugendliche gleichzeitig im Wagen tummeln – und aus Fairness-Gründen regelmäßig gewechselt wird. Neben der Wohnwagen-Tür hängt zudem die relativ neue Bekräftigung, dass auch am Kirchen-Projekt die Schulregeln gelten – vor allem das Handy-Verbot. Der Schülertraum vom Gratis-Pausen-Wlan scheitert bislang an der Hausordnung – aber laut den Schülern sind Blokesch und Hülsebusch in punkto Handy-Verbot zumindest nicht so streng wie die Lehrer im Unterricht.

Finanziert vom Innovationsfonds des Bistums

Warum übernimmt eine Pfarrgemeinde – finanziert vom Innovationsfonds des Bistums Essen – die Pausenbespaßung an staatlichen Schulen? „Jesus ist doch auch zu den Leuten hingegangen und hat nicht gewartet, bis sie zu ihm gekommen sind“, sagt Blokesch. „Wir haben uns gefragt, wo unsere jungen Leute sind – und sind in die Schulen gegangen.“ Dort ist Blokeschs und Hülsebuschs Job nun vor allem: Da sein. „Wir fragen: Wie geht’s dir heute?“, sagt Hülsebusch. „Bei dem einen kommt dann etwas, beim anderen nicht.“ Schon in den ersten sechs Wochen hätten Schüler aber bereits so viel Vertrauen gefasst, dass sie dem Lehrer und der Seelsorgerin von Schulstress erzählen, von einem Trauerfall in der Familie, von Streit mit Freunden – und von Versöhnung: „Letztens sind zwei Mädchen zu mir gekommen und haben gesagt: Frau Blokesch, wir müssen ihnen was erzählen. Wir hatten uns total verkracht – und jetzt sind wir wieder Freunde.“ Ein beglückendes Erlebnis, für das die Leute von der Kirche offenbar genau die richtigen Ansprechpartner waren. Dass durch das Pausen-Projekt mehr Schüler als bislang den Weg in die Sonntagsmesse finden, steht für Blokesch und Hülsebusch nicht im Mittelpunkt. Künftig wollen sie den Wohnwagen als Info-Börse nutzen, Flugblätter und Einladungen zu Firmvorbereitung und Jugendgottesdiensten auslegen – und dann mal schauen, was passiert.

Vorerst bis 2020 ist das Projekt finanziert, mit dem Blokesch auch innerhalb ihrer Pfarrei einiges bewegt. „Wir haben jetzt einen ehrenamtlichen Wohnwagenberater“, erzählt Blokesch von einem Gemeindemitglied, der die beiden Camping-unerfahrenen Pfarrei-Mitarbeiter mit allen Details eines solchen Gefährts vertraut macht. Zudem können sie auf ein Team von zehn „Schleppern“ zurückgreifen, die den Wohnwagen jeweils übers Wochenende vom unbewachten Schulhof auf sicheres privates Terrain ziehen.

Von diesem Aufwand bekommen die jungen Leute am Schulzentrum Süd kaum etwas mit. Für sie ist nur die Oase wichtig, die nun jeden Mittag auf ihrem Schulhof öffnet. Dort wo man ausruhen und reden und – so würden es wohl Ältere ausdrücken – den lieben Gott einen guten Mann sein lassen kann.

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen