Der Schlüssel zum Erfolg ist die deutsche Sprache

Junge Flüchtlinge finden in Essen Anschluss im Bischöflichen Gymnasium Am Stoppenberg. Eltern suchen die besten Bildungschancen für ihr Kind.

Junge Flüchtlinge finden in Essen Anschluss im Bischöflichen Gymnasium Am Stoppenberg. Eltern suchen die besten Bildungschancen für ihr Kind.

Sophia kann stolz sein. Gerade hat die 15-jährige ein Referat über die deutsche Einheit vorbereitet und zehn Minuten lang frei vorgetragen - auf Deutsch! Ob ihre fünf Zuhörer sie schon richtig verstanden haben, sei dahingestellt. Denn den „Nullsprachler“-Basiskurs, in dem Sophia ihr Können unter Beweis stellt, hat das Gymnasium Am Stoppenberg erst am 19. Oktober für junge Flüchtlinge gestartet. Gabi Kons, Fachlehrerin für Deutsch als Zweitsprache, bescheinigt ihren Schülern: „Die Kinder sind sehr lernwillig und wollen möglichst bald die deutsche Sprache sprechen.“ Dass das möglich sei, erlebten sie an Sophia, die als Kind nigerianischer Eltern in Italien geboren wurde und erst seit 18 Monaten in Essen Deutsch lernt.

Bislang 17 junge Asylbewerber aus Syrien, Armenien, Nigeria und dem Irak hat das Bischöfliche Gymnasium in diesem Jahr aufgenommen. Ob für die Neuankömmlinge das Gymnasium die geeignete Schulform ist, prüft zuvor das kommunale Integrationszentrum beim Erstgespräch. Die Schule bildet gezielt keine „Seiteneinsteiger-Klassen“, sondern integriert die Kinder und Jugendlichen sofort in die bestehenden Jahrgänge und zieht sie nur zum Sprachunterricht in einem separaten Raum zusammen. „Sie brauchen Kontakte zu Gleichaltrigen, auch wenn die deutschen Sprachkenntnisse noch nicht reichen“, sagt Schulleiter Rüdiger Göbel „sie wollen ja Spaß haben wie alle anderen Jugendlichen auch. Es tut ihnen gut, in normalen Bezügen zu sein.“

Das gilt besonders, wenn die Kinder schwierige Erlebnisse hatten: Wie Abdulmajed (13), der allein aus Syrien geflohen ist – das Geld der Familie reichte nur für die Flucht eines Familienmitglieds. Zum Glück ist er zunächst daheim bei der Familie eines Schülers des Gymnasiums untergekommen. „Unsere anderen Schüler“, sagt Göbel, „denken jetzt plötzlich neu über ihr Leben, ihre Schule und ihr behütetes Umfeld.“ Das Ganztagskonzept der Schule, in dem auch die Mitarbeit der Eltern gefragt sei, ermögliche es zudem, dass hiesige Eltern und die Eltern der jungen Flüchtlinge rasch Kontakte knüpfen könnten.

Lehrerin Gabi Kons wurde eigens für den Sprachunterricht angestellt. Weil es nicht genug Fachlehrer für Deutsch als Fremdsprache gibt, geben aber auch normale Deutschlehrer den Sprachunterricht. „Anfangs haben wir Englisch als Brückensprache verwendet“, berichtet Kons. Allerdings sprächen nicht alle Schüler Englisch, und das Ziel sei ohnehin, zunehmend Deutsch zu sprechen. Auch das Lehrbuch kommt ohne Übersetzungen aus. Wie lange die Schüler brauchen, bis sie gut genug Deutsch sprechen, um Abitur zu machen, sei sehr unterschiedlich, sagt Kons. Das Land NRW setzt zwei Jahre für die Seiteneinsteiger-Förderung an.

Zum Glück arbeitet am Gymnasium Am Stoppenberg eine arabischsprachige Lehrerin, die in den Fällen vermittelt, in denen man mit Englisch, Händen und Füßen nicht mehr weiterkommt. Aber auch die anderen Schüler springen ein: Nina aus der 7. Klasse spricht nur Armenisch. Ashot aus der 8. Klasse, ebenfalls armenischsprachig, hat immerhin schon so viel Englisch und Deutsch gelernt, dass er das Wichtigste für sie übersetzen kann. Aber auch das Aufnahmegespräch mit Ninas Eltern war schwierig, erzählt Schulleiter Göbel. Die Mutter spreche zum Glück auch etwas Russisch. „Wir haben zwei ältere russischsprachige Schülerinnen dazu geholt und hatten noch einen armenisch-sprachigen Telefon-Joker als Dolmetscher.“ Am Einsatzwillen der Eltern scheitere aber kein Gespräch: „Alle Eltern suchen die Schule mit den bestmöglichen Bildungschancen für ihr Kind. Denn dies war ihre Hauptmotivation, das Heimatland zu verlassen.“

Neben dem Schulbetrieb leisten die Lehrer, Schulsozialarbeiter und Seelsorger des katholische Gymnasiums ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe für die jungen Männer und Familien nebenan in den Flüchtlingsunterkünften an der Kapitelwiese. Sie geben Sprachunterricht und packen mit an, wenn zum Beispiel für eine alleinstehende Mutter mit vier Kindern ein Wohnberechtigungsschein beschafft, Mobiliar gespendet, renoviert und der Umzug aus der Flüchtlingsunterkunft in die eigenen vier Wände organisiert werden muss. Nun wohnt die Familie neben aserbaidschanischen Nachbarn. Man hilft sich gegenseitig, in den deutschsprachigen Alltag zu finden – ein erster Schritt zur Integration ist geschafft. (cs)

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen