„Der Diaspora-Horizont wird sich auch hier verändern“

Die Seelsorge und Diaspora in einer sich wandelnden Gesellschaft und in einer sich strukturell verändernden Kirche sowie Formen der Zusammenarbeit - das waren einige der Themen beim Besuch des Präsidenten und des Generalsekretärs des Bonifatiuswerkes bei Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck in Essen.

Präsident und Generalsekretär des Bonifatiuswerkes waren zu Besuch in Essen

„Menschen zu helfen, zu Gott zu finden“ und eine „missionarische Kirche“ zu sein, das hatte der Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef Overbeck, bei seinem Amtsantritt vor sechs Monaten als sein „religiöses Programm“ bezeichnet. Dass sich diese Zielsetzung des Ruhrbischofs mit der des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken deckt, wurde beim Antrittsbesuch des Präsidenten des Generalvorstandes, Georg Freiherr von und zu Brenken, und des Generalsekretärs, Monsignore Georg Austen, im Essener Bischofshaus deutlich.

Bei dem Gespräch der beiden Spitzenvertreter des 1849 von Laien gegründeten katholischen Hilfswerkes ging es vor allem um die Seelsorge und Diaspora in Zeiten tiefgreifender globaler und gesellschaftlicher Veränderungen. „Wir befinden uns in einer sehr anstrengenden Übergangszeit“, betonte Bischof Overbeck. Die Kirche werde globaler und internationaler, vor allem durch die zunehmende Zahl von Einwanderern. Das gelte auch für das Bistum Essen. In Teilen einzelner Ruhrgebietsstädte sowie im flächenmäßig großen Bereich des Märkischen Kreises sei die Diasporasituation längst nicht mehr durch das Zahlenverhältnis der beiden großen Konfessionen gekennzeichnet. „Nicht selten leben Christen inmitten einer Mehrheit anders- oder nichtglaubender und in wesentlichen Lebensfragen anders denkender Mitbürger“, so Overbeck. Hinzu kommt nach Ansicht des Bischof eine zunehmend verschwindende „katholische Sozialisation“. Traditionen hätten an Akzeptanz verloren. „Der Diaspora-Horizont wird sich auch hier verändern“, ist sich der Bischof sicher. Das habe Auswirkungen auf pastorale Ziele und auf die Schwerpunktsetzung angesichts einer zunehmenden Pluralität.

Nicht anders sieht es Generalsekretär Georg Austen. Die zentrale Frage sei: „Was heißt es heute, missionarisch und evangelisierend zu wirken?“. Es gebe nicht nur eine konfessionelle Diaspora, sondern auch eine „Glaubensdiaspora“ sowie eine wachsende Religionslosigkeit. Auch das Hilfswerk müsse den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen.

Ein "Werk der Solidarität"

Austen umriss bei dem Gespräch in Essen den Aufgabenbereich des Bonifatiuswerkes, das die Seelsorge in den deutschen, nordischen sowie baltischen Diaspora-Regionen auf vielfältige Weise fördert. Als „Werk der Solidarität“ sammelt es Spenden und stellt diese den Gemeinden als „Hilfe zur Selbsthilfe“ objekt- und projektgebunden zur Verfügung: für den bau und die Renovierung von Kirchen und Gemeindezentren, Jugend- und Bildungshäusern, katholischen Schulen und Kindergärten, für die Kinder- und Jugendseelsorge, sozial-caritative Jugendprojekte, für die Ausbildung von Priestern oder für die Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gemeindearbeit. Austen geht es aber auch um eine „Zurüstung für den missionarischen Auftrag der Kirche“, um eine „Bestärkung im Glauben und Förderung des Miteinanders“. 

Dass auch für das Bonifatiuswerk, das in diesem Jahr mit 7.118.000 Euro Projekte in der deutschen, nordeuropäischen und baltischen Diaspora unterstützt, die Herausforderungen größer werden, darauf wies Georg Freiherr von und zu Brenken hin. Er betonte die Wichtigkeit direkter Kontakte zu den Bischöfen und eine enge Zusammenarbeit mit den Geistlichen. Ausdrücklich bat der Präsident darum, dass die Bischöfe oder ihre Vertreter an der Generalvorstandssitzung des Hilfswerkes teilnehmen. Auch auf das Spendenaufkommen kam der Präsident zu sprechen: „Der Finanzrahmen wird immer enger.“ Da bei den Erstkommunion- und Firmfeiern die Kollekten für die Kinder- und Jugendpastoral in der Diaspora bestimmt sind, bat der Präsident den Bischof darum, das Bewusstsein der Katecheten für die Anliegen des Bonifatiuswerkes zu fördern und die Vertiefung von Kontakten zu den Gemeinden zu unterstützen. Bischof Overbeck, der auch Adveniat-Bischof ist, verwies auf die heutige Schwierigkeit, Spenden zu akquirieren. „Der Spendentopf wird nicht größer, aber von immer mehr angefordert“, so der Ruhrbischof. Das Spendeniveau sinke, doch die Zahl der Spendenzwecke steige. „Wir stehen da vor den gleichen Fragen“, betonte Overbeck, der jedoch seine Unterstützung versprach, die Anliegen des Bonifatiuswerkes „wach zu halten“.

Ausdrückliche lobte Monsignore Austen die Zusammenarbeit mit dem  Bonifatiuswerk im Ruhrbistum. Dessen Vorsitzender, der Gelsenkirchener Pfarrer Hans-Thomas Patek, sowie Dr. Thilo Esser, Leiter der „Zentralabteilung Weltkirche, Mission, Orden, Geistliche Gemeinschaften“ im Bischöflichen Generalvikariat, zeigten sich beeindruckt von dem Arbeitsmaterial,  mit dem das Hilfswerk Firmlingen ausgewählte Projekte näher bringen will. „Die Informationen und deren Aufbereitung sind vor allem für Menschen ohne große Glaubenserfahrungen gut geeignet“, betonte Dr. Esser. Beide Bistumsvertreter signalisierten ein verstärktes Interesse an der Frage nach der Weiterentwicklung von Diaspora, vor allem unter dem Aspekt einer „Diaspora der Religionsverschiedenheit“.

Bischof Overbeck dankte dem Präsidenten und Generalsekretär für den Besuch und das „gute Gespräch“. Und er dankte „für alles, was Sie für die Kirche und die Menschen in der Diaspora tun“. (do)

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